Was denkt die Nationalbank-Spitze über Bitcoin und Co.?
Der Bitcoin steigt auf immer neue Höchststände, und Facebook will eine eigene Währung herausgeben. Was sagt die Schweizerische Nationalbank (SNB) dazu? Im Geldcast nimmt Thomas Moser, Mitglied im erweiterten Direktorium der SNB, Stellung.
Der Zahlungsverkehr sei lange ein sehr langweiliges Geschäft gewesen, sagt Thomas Moser. Heute sei das anders: Täglich kommen neue Kryptowährungen auf den Markt. Und auch Facebook will eine eigene Währung lancieren. Wie und womit bezahlt werde, sei ein lukratives Geschäft geworden, so Moser.
Moser ist Mitglied im erweiterten Direktorium der Schweizerischen Nationalbank, dem Führungsgremium der SNB, und stellvertretender Leiter des III. Departements. In seinem Departement wird derzeit an einer Alternative zu Bitcoin und Co. geforscht.
Zusammen mit anderen Zentralbanken entwickeln die Ökonominnen und Ökonomen der Schweizerischen Nationalbank die Grundlagen für ein digitales Zentralbankengeld. Das passiert bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, der «Zentralbank der Zentralbanken». Ebenfalls beteiligt an den Forschungsarbeiten sind etwa die Bank of England und die Bank of Japan.
Nationalbank forscht an E-Franken
Die grosse Frage ist: Wie könnte ein digitales Zentralbankengeld aussehen? Die einfachste Variante wäre, allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, bei der Notenbank ein Konto zu eröffnen. Das ist heute nicht möglich. Schweizerinnen und Schweizer können zwar elektronische Bankguthaben halten – zum Beispiel in Form von Lohn- oder Sparkonten. Allerdings nur bei Geschäftsbanken.
Geht es nach der Nationalbank, wird das auch in Zukunft so bleiben: «Die Schweizerische Nationalbank will keine Konten für die breite Bevölkerung anbieten», sagt Moser. Der Grund: «Die Nationalbank sieht keine Notwendigkeit und keinen Bedarf.»
Ein Konto bei der SNB haben: das soll weiterhin den Mitarbeiter:innen der Nationalbank vorenthalten bleiben. Aktuell konzentriert sich die Forschung der Nationalbank deshalb auf die Entwicklung eines E-Frankens für die Banken.
Ganz anders tönt es bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Christine Lagarde, die Präsidentin der EZB, sagte im März 2021: Es werde bereits in fünf Jahren einen digitalen Euro für die breite Bevölkerung geben.
>> Hier der Trailer zum Geldcast mit Thomas Moser:
Bitcoin-Kurs schwankt stark
Doch weshalb forschen die Zentralbanken überhaupt an digitalen Währungen? Ein Grund dafür ist die zunehmende Verbreitung von Kryptowährungen wie Bitcoin. Moser sagt, er habe sich schon früh dafür interessiert. Allerdings: «Ich habe nie Bitcoin gekauft und deshalb auch nie Geld damit verdient.»
Im letzten Jahr verlor der Bitcoin zwischenzeitlich fast die Hälfte seines Werts. Heute steht der Kurs bei knapp 46’500 Franken – und ist damit bereits wieder annähernd doppelt so hoch wie im Januar.
«Die hohe Preisvolatilität ist der grösste Nachteil von Bitcoin», sagt Moser. Das habe mit einem grundlegenden Problem der Kryptowährung zu tun: «Es gibt beim Bitcoin keine Garantie, dass man ihn brauchen kann, um etwas zu bezahlen.»
Deshalb habe Bitcoin nur einen Wert, solange die Leute daran glaubten, dass Bitcoin einen Wert habe. Könnte der Bitcoin-Kurs also auf Null fallen? Das sei «nicht auszuschliessen», sagt Moser.
Beim Franken sei das anders: «Da weiss man: Damit kann ich meine Steuern, Bussen und Gebühren bezahlen.» Die Leute können also sicher sein, dass der Franken als Zahlungsmittel angenommen werde – zumindest vom Staat. Und die Nationalbank sorge mit ihrer Geldpolitik dafür, dass der Wert des Frankens stabil bleibe. «Dafür ist bei Bitcoin niemand zuständig.»
Moser: «Keine Berührungsängste mit der Fintech-Szene»
Und was hält Moser von der geplanten Facebook-Währung Diem? «Ein Problem damit ist die kommerzielle Verwendung der Zahlungsverkehrsdaten durch Facebook», sagt er. Der Datenschutz wäre also gefährdet – im Speziellen dann, wenn Diem den Markt beherrschen würde.
Das ist auch ein Grund, weshalb die Zentralbanken über mögliche Alternativen nachdenken: Wenn es nämlich nur noch Diem gäbe, könnten die Leute nicht mehr auf eine andere Zahlungsmöglichkeit ausweichen. «Dann wäre man gefangen», so Moser.
Es sei aber eine Tatsache, dass private Akteure innovativer seien als die Zentralbanken. «Wenn die SNB einen breit zugänglichen E-Franken anböte, würde der Privatsektor schnell versuchen, attraktive Zahlungsdienstleistungen anzubieten.»
>> Hier geht es zum Geldcast mit Thomas Moser in voller Länge:
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AutorFabio CanetgExterner Link hat an der Universität Bern und an der Toulouse School of Economics zum Thema Geldpolitik doktoriert. Heute ist er Dozent MAS an der Universität Bern. Als Journalist arbeitet er für die SRF Arena, das Republik Magazin und swissinfo.ch. Er moderiert den Geldpolitik-Podcast «GeldcastExterner Link«.
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