«Statisten» wollen Trump in Davos die Schau stehlen
Wenn die weltweit vermutlich umstrittenste Figur einen Auftritt hat, lädt sich die Atmosphäre zwangsläufig auf. Was wäre also besser, als das Weltwirtschaftsforum zum Thema "Das Schaffen einer gemeinsamen Zukunft in einer zerrissenen Welt" mit der Ankunft von US-Präsident Donald Trump zu eröffnen?
«Unsere Welt wurde durch die zunehmende Konkurrenz zwischen Nationen und den tiefen Graben in der Gesellschaft zerrissen», sagte Klaus Schwab, Gründer des World Economic ForumExterner Link (WEF), an einer Pressekonferenz vor dem Jahrestreffen in Davos. Mit den vielen einflussreichen Politikern, Wirtschaftsführern und Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft unter einem Dach hofft das WEF, «diese Verwerfungen zu überwinden» und «den Zustand der Welt zu verbessern».
Das Jahrestreffen der Wirtschaftselite findet zum 48. MalExterner Link statt, und Schwabs Aufruf hat unterdessen einen vertrauten Klang angenommen. Wieder einmal hat das WEF die unmöglich erscheinende Aufgabe auf sich genommen, die schier endlose Liste potenzieller globaler Katastrophen zu entwirren.
Sogar die auf festem Boden gebaute, als sicherer Hafen geltende Schweiz wurde von den Turbulenzen dieser zerrissenen Welt erfasst. Nachdem die USA in den letzten Jahren das liebevoll gehütete Bankgeheimnis geschliffen hatten, kämpft das Land nun darum, seinen zukünftigen Platz neben der durch den Brexit ebenfalls durchgeschüttelten Europäischen Union zu finden.
Das WEF nimmt sich auch heisser Eisen an und lässt praktisch nichts unversucht, um ein Sammelsurium an Gesprächsthemen zu produzieren – von Konfliktzonen über Klimasorgen, die Flüchtlingskrise oder den Zustand der Wirtschaft hin bis zu den Auswirkungen der neuen digitalen Technologien.
«Bühnencrasher»
Den Erfolg der jährlichen Treffen in Davos abzuschätzen, ist allerdings schwierig. Um das herauszufinden, müsste man all die Handschläge zählen, die hinter verschlossenen Türen im Labyrinth des Kongresszentrums stattfinden. Und dann müsste man wissen, welche dieser Handschläge auch wirklich voll eingehalten werden.
Doch der Ski-Destination Davos ist das egal. Sie macht sich bereit für ihre grösste Woche des Jahres, wenn die Scheinwerfer der Weltmedien auf die Alpenstadt gerichtet sein werden und innert weniger Tage Rekordumsätze realisiert werden können.
Weit über die streng bewachten Zäune des Kongresszentrums hinaus wird Davos in diesen Tagen sein Aussehen und seinen Charakter verändern. Geschäfte, Büros und Cafés werden an internationale Unternehmen und andere Organisationen vermietet. Sie machen sich mit grossen, farbenfrohen Plakaten bemerkbar. Es scheint, dass sich jedes Land präsentieren will – und das auf grosser Bühne.
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Was könnte Trump am WEF gefallen?
Aber auch Interessengruppen haben vor, die globale Bühne des WEF zu nutzen. So hat Davos in letzter Zeit immer mehr Veranstaltungen beobachtet, die am Rand des Kongresszentrums stattfinden.
Allen voran die Fintech-Szene, eine unwiderstehliche Flut von Start-up-Firmen und Unternehmern, die sich dafür einsetzen, die Art und Weise zu verändern, wie die Welt über Finanzen denkt – und vieles darüber hinaus. Die Blockchain- und Kryptowährungs-Leute haben das Heu nicht auf der gleichen Bühne wie die Akteure des WEF.
Das letzte Wort
Diese Szene schlägt ihr Lager in einer lokalen Kirche auf, einen Steinwurf vom Kongresszentrum entfernt. Dort predigen sie die Zerschlagung der Wirtschaftsordnung und beobachten die traditionellen Bankiers und grauen Anzüge, die sich im Allerheiligsten des WEF verstecken.
Dieses Jahr hat geht eine Gruppe «Krypto-Anarchisten» einen Schritt weiter: Eine Woche vor der Veranstaltung in Davos führen sie in St. Moritz das erste «Alternative WEF» durch. Die erste «Crypto Finance Conference»Externer Link hofft, innovative digitale Finanzprojekte mit den dynamischsten, risikofreudigsten Hedgefonds und Risikokapitalgebern zu verbinden.
Einige dieser Finanz-Akteure werden sich daraufhin nach Davos aufmachen, um weitere Geschäfte einzufädeln. Dabei werden sie sich die Abschlussrede von Donald Trump anhören können. Einige mag es erstaunen, dass der US-Präsident nicht die Eröffnungsrede hält, andere aber wird es nicht überraschen, dass er das letzte Wort haben wird.
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10 Fakten über das WEF
(Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub)
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