Trumps Rede oder wie viel Eigenlob verträgt Davos?
Eine knappe halbe Stunde darüber, wie gross er Amerika wieder gemacht habe: Das war die Message an die Welt, mit der US-Präsident Donald Trump das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos eröffnet hat. Sein Land habe ein "grosses Comeback" geschafft, sagte er mit Blick auf seine dreijährige Präsidentschaft. Die Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga hatte zuvor andere Töne angeschlagen und vor der "drohenden Klimakatastrophe" gewarnt.
Trump war am Dienstagmorgen kurz nach acht Uhr mit seiner Präsidentenmaschine am Flughafen Zürich gelandet und sogleich in einem Helikopter-Konvoi nach Davos weitergeflogen. Seine Ankunft sowie die Fahrt in der gepanzerten Limousine ins Hotel waren von riesigen Sicherheitsvorkehrungen begleitet.
Am Mittag dann der Auftritt im Kongresszentrum, wie ihn Trump liebt: voller Saal, alle Augen der Welt auf ihn gerichtet. Trump machte seinen Auftritt in Davos zur Wahlkampfveranstaltung, nur mit noch grösserer internationaler Aufmerksamkeit, als sie ihm bei einem Auftritt in der Heimat sicher ist.
US President @realDonaldTrumpExterner Link spoke at #wef20Externer Link, telling the audience the United States is in the midst of an economic boom.
— World Economic Forum (@wef) January 21, 2020Externer Link
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«In den USA herrscht ein beispielloser Wirtschaftsboom», sagte er. Als Präsident habe er in den USA das Unternehmertum wieder ins Leben gerufen.
Rund zwei Drittel seines halbstündigen Vortrags widmete Trump der Aufzählung seiner ökonomischen Errungenschaften. Vor zwei Jahren habe er am WEF seine Visionen des «America first» vorgestellt. Diese habe er mittlerweile umgesetzt.
Eben erst abgeschlossene Handelsabkommen mit China, Mexiko und Kanada würden künftig dafür sorgen, dass sich der Aufschwung in den USA fortsetze. Er peile weitere Abkommen an, beispielsweise mit Grossbritannien und dessen «wunderbarem Premierminister» Boris Johnson, kündigte Trump an.
Angriff auf Vorgänger Obama
Bereits heute könne er sagen, dass die Wirtschaft der USA saniert sei. Nach der Präsidentschaft von Barack Obama sei das Land am Boden gewesen, sagte Trump. «Vor meiner Zeit war der Ausblick für die Weltwirtschaft düster.» Nun habe er es nun allen Zynikern gezeigt.
«Der amerikanische Traum ist zurück, grösser als jemals zuvor.» Donald Trump
«Wir haben unsere Versprechen in die Tat umgesetzt», sagte der US-Präsident. Die USA habe eine Arbeitslosenquote so tief wie nie in den vergangenen fünfzig Jahren. Der Wohlstand für alle Amerikaner wachse, die Löhne wüchsen, auch für ärmere Leute. «Der amerikanische Traum ist zurück, grösser als jemals zuvor.»
Dutzende verliessen den Saal
Im zweiten Teil seiner Rede ging Trump auch auf die Klimathematik ein. Die Erschliessung neuer Energieressourcen sei eines der obersten Ziele seines Landes, sagte er. Dazu gehörten auch nachhaltige Energien. Er kündigte an, dass die USA der «Trillion Tree Campaign» beitreten werde. Sein Land werde zahlreiche Bäume pflanzen.
Bereits heute gebe es in den USA die «sauberste Luft und das sauberste Trinkwasser», fuhr er fort. Er widersprach damit zahlreichen Kritikern, die den USA Versagen im Kampf gegen den Klimawandel vorwerfen. Er wolle den «Propheten des Niedergangs, den Apokalyptikern» entgegentreten, sagte er.
Die Lobpreisung seiner eigenen Verdienste kam aber nicht bei allen WEF-Teilnehmenden gut an. Dutzende «standen schon vor Ende des Referats auf und verliessen den grossen Saal», berichtete die Gratiszeitung 20minuten.
Optimismus statt Schwarzmalerei
Zum Ende sprühte er vor Optimismus. O-Ton Trump aus dem Live-Blog der Gratiszeitung: «Wir arbeiten an Dingen, die Sie, die heute hier sitzen, sich gar nicht vorstellen können. Wir haben Antworten. Das letzte Jahrhundert wird verblassen vor dem kommenden Jahrhundert, denn wir werden Dinge tun, die niemand für möglich gehalten hat. Dadurch werden Millionen Menschen länger und glücklicher leben.»
Angst und Zweifel seien nicht gut, man sollte optimistischer nach vorne schauen. Das Wort Klimawandel kam ihm nicht über die Lippen.
WEF-Gründer Klaus Schwab dankte Trump für seine Rede. «Ich danke Ihnen, dass Sie Optimismus mitgebracht haben. Wir müssen auch träumen», so Schwab. Es sei eine Ehre, den US-Präsidenten «in den schönen Schweizer Alpen mit schönstem Sonnenschein» zu begrüssen, sagte der Gastgeber. Das grosse Kabinett, das Trump begleite, zeige, wie wichtig der USA die globale Bühne sei.
Der Schlussapplaus für Trump sei eher bescheiden ausgefallen, merkte 20minuten an.
Biodiversität als Eiffelturm
Vor Trumps Auftritt hatte die Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga den WEF-Teilnehmenden angesichts der «drohenden Klimakatastrophe» ins Gewissen geredet. Vom Amazonas bis nach Australien würden Feuer um sich greifen. Die Auswirkungen für den Menschen seien desaströs. Das ökologische Gleichgewicht gerate aus den Fugen, sagte sie.
Die Biodiversität sei dabei wie der Eiffelturm in Paris. «Wenn man pro Tag eine Schraube aus dem Turm entfernt, geschieht erst zwar nichts. Früher oder später bricht allerdings der ganze Turm zusammen», sagte sie. Genau so sei es auch mit der Natur.
Ende Nachmittag empfing die Schweizer Bundespräsidentin US-Präsident Donald Trump zu einem Gespräch. Mit dabei waren auch drei weitere Mitglieder der Schweizer Regierung. Trump sprach sich für den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit der Schweiz aus. «Sehen wir, was möglich ist», sagte er vor Beginn des Treffens zu Journalisten.
Die Schweizer Bundespräsidentin ergänzte ihrerseits, dass auch der Klimawandel Gesprächsthema sein werde.
«Die Welt befindet sich in einem katastrophalen Zustand» Klaus Schwab
Auch Mr. WEF himself hatte sich in seiner Eröffnungsrede zur 50. WEF-Ausgabe nachdenklich gezeigt. «Die Welt befindet sich in einem katastrophalen Zustand», sagte der Gründer des grössten Privattreffens der globalen Meinungsführer. Das Fenster zum Handeln schliesse sich bereits. «Wir wollen Lösungen für den Klimawandel», sagte Schwab. Denn der nächsten Generation dürfe keine immer feindlichere Umgebung hinterlassen werden.
Thunberg kritisiert Politiker
Trumps Rede hatte auch Greta Thunberg gelauscht. Die Gründerin und Ikone der weltweiten Schülerstreiks zur Rettung des Klimas hatte am Dienstagmorgen bereits ihren ersten Auftritt am WEF absolviert. Mit jungen Aktivisten aus Costa Rica, Südafrika und Kanada diskutierte sie, wie ein nachhaltiger Pfad in eine gemeinsame Zukunft aussehen könnte oder müsste.
Nach dem Mittag hielt die 17-jährige Schwedin dann die Eröffnungsrede eines Panels zum Thema «Verhinderung der Klima-Apokalypse». «Ich kam vor einem Jahr nach Davos und sagte Ihnen, dass unser Haus in Brand steht. Dass Sie Angst haben sollten, so weiterzumachen, wie zuvor.» Doch es sei zu wenig geschehen, kritisierte sie.
«Wenn Kinder euch sagen, dass Sie sich vor den Auswirkungen fürchten sollten, so sagen wir damit nicht, dass Sie weitermachen sollen wie zuvor. Wir brauchen keine Verminderung des CO2-Ausstosses. Wir brauchen einen wirklichen Null-CO2-Ausstoss.» Mit gemeint war auch Oliver Bäte, der Chef des Versicherungsriesen Allianz, einer der Teilnehmer am Panel.
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