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Wie soll die Landwirtschaft von morgen aussehen?

Enten
Ein indischer Bauer hütet eine Herde neu erworbener Enten auf einem landwirtschaftlichen Feld am Rande des Bezirks Chanduli im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh, Sonntag, 11. Juli 2021. Copyright 2021 The Associated Press. All Rights Reserved.

Die Uno will die globalen Ernährungssysteme transformieren. Wie der Hunger in der Welt besiegt werden kann, darüber wird heftig gestritten.

Ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel wird weggeworfen, während zehn Prozent der Weltbevölkerung Hunger leidet – offensichtlich läuft etwas gewaltig schief im System. Die Uno will an einem Gipfel eruieren, was geändert werden muss, damit alle Menschen satt werden.

Wenn wir eine wachsende Weltbevölkerung unter den Bedingungen des Klimawandels satt machen wollen, müssen wir laut Uno unsere Ernährungssysteme ändern. Sie lädt daher am 23. September 2021 in New York zu einem Gipfel. SWI swissinfo.ch widmet dem Thema eine Serie.

Schuld am Hunger in Asien, Afrika und Lateinamerika sind nicht nur Kriege, Naturkatastrophen und schlechte Regierungsführung vor Ort. Laut der WelthungerhilfeExterner Link führen auch globale Ungerechtigkeiten wie unfaire Handelsabkommen oder westliche Agrar-Subventionen zu Hunger und Mangelernährung. Die Schweiz mit ihren Landwirtschaftssubventionen und Freihandelsabkommen ist also mittendrin.

Reh im Feld
Ein Feld in Österreich. Keystone / Helmut Fohringer

«Es gibt eine ganze Reihe von Problemen im heutigen Ernährungssystem», sagt Yvan Schulz von der Schweizerischen Stiftung für Entwicklungszusammenarbeit Swissaid. Die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen seien abhängig von internationalen Saatgutkonzernen. Grossplantagen besetzten viel Land für den Export, so dass zu wenige Nahrungsmittel für die lokale Bevölkerung produziert würden. Die Exportgüter würden ans andere Ende der Welt transportiert, wo allerdings ein grosser Teil der Lebensmittel verschwendet würden. Und vieles mehr.

Welche globalen Ungerechtigkeiten zu Hunger führen, erfahren Sie in diesem Text:

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Das Hunger-Problem wird sich zuspitzen: Wegen des Klimawandels werden die Erträge zurückgehen. Gleichzeitig wächst die Bevölkerung im Globalen Süden rasant. Es müssen also immer mehr Menschen mit weniger Lebensmitteln ernährt werden.

Die Frage ist nicht ob, sondern wie

Die Schweiz begrüsstExterner Link grundsätzlich eine Transformation der Ernährungssysteme, auch wenn ihr Handeln nicht frei von Widersprüchen ist – doch dazu kommen wir später in der Serie.

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«In der Sache sind sich heute alle Akteurinnen und Akteure einig, dass sich das System verändern muss, und zwar nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in sozialer und ökologischer Hinsicht», schreibt der Sprecher des Bundes, Pierre-Alain Eltschinger, auf Anfrage von SWI swissinfo.ch.

Nur über das Wie streiten NGOs, Regierungen und Interessenvertreter heftig: Während die einen die Lösung in der Agroökologie und der Stärkung der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sehen, propagieren andere die Förderung öffentlich-privater Partnerschaften oder eine grüne Revolution dank Gentechnik.

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Was könnte helfen?

Laut der Syngenta Group, ein in chinesischem Besitz befindlicher Agrochemiekonzern und Weltführer im Bereich Pestizide mit Hauptsitz in Basel, kann dank besserem Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmitteln mehr Essen produziert werden. «Wir helfen Landwirten dabei, mehr Nahrungsmittel auf weniger Fläche zu ernten, damit die Weltbevölkerung genug zu essen hat», schreibt Syngenta-Sprecher Beat Werder auf Anfrage von SWI swissinfo.ch.

Über neue Ideen für die nachhaltige Ernährung berichtet SRF Trend, 17.09.2021:

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Anders sehen das NGOs wie Swissaid, Public Eye, Brot für die Welt und viele mehr. Aus ihrer Sicht wird genug produziert, schuld am Hunger seien Ungleichheiten. Man müsse die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im Globalen Süden beim agrarökologischen – also umweltfreundlichen und sozialen – Anbau unterstützen. Swissaid fordert für agroökologisch produzierte Güter aus dem Süden gar eine tarifliche Vorzugsbehandlung innerhalb der WTO sowie gezielte Subventionen.

Nationalratspräsident und Aussenpolitiker Andreas Aebi von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) hält Vorzugsbehandlungen im Rahmen der WTO für faktisch kaum umsetzbar. In der Agrarökologie sieht er zwar Potenzial. «Das Potenzial von modernen Züchtungsmethoden wie CRISPR muss aber genauso ein Thema sein.» CRISPR ist ein Verfahren, bei dem mittels einer sogenannten Gen-Schere erwünschte Eigenschaften einer Sorte gezielt herangezüchtet werden.

Auch Patrick Dümmler vom wirtschaftsnahen Think Tank Avenir Suisse ist skeptisch gegenüber der Forderung der NGOs, Produkte aus dem Süden zu subventionieren: «Abschottung und Protektionismus führen zu höheren Produktpreisen im Inland und sind damit so ziemlich das Gegenteil von Armutsbekämpfung.» Auch den lokalen Bäuerinnen und Bauern bringe ein solcher Ansatz wenig – die Schweiz sei dafür ein unrühmliches Beispiel: «Die Margen der Abschottung landen in vor- und nachgelagerten Elementen der Wertschöpfungskette und nicht bei den Bauern.» Laut Dümmler braucht es zur Bekämpfung von Hunger und Armut ein möglichst barrierefreies internationales Handelssystem.

Grosses Potenzial sieht er in der pflanzlichen Gentechnologie. Damit könnten Pflanzenschutzmittel reduziert oder Sorten gezüchtet werden, die mit weniger Wasser auskämen. Ebenfalls sinnvoll wäre es laut Dümmler, die Verluste durch unsachgemässe Lagerung direkt nach der Ernte zu verringern. «Hier kann das Wissen der Handelspartner – beispielsweise von Konzernen – helfen.»

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Oder die Fleischproduktion ins Ausland verlagern: «Weshalb importiert die Schweiz jedes Jahr Tausende von Tonnen an Futtermitteln für die Viehwirtschaft aus dem Ausland?» Statt Futtermittel könnten Entwicklungs- und Schwellenländer also Fleisch produzieren und exportieren. Das würde laut Dümmler den dortigen Bäuerinnen und Bauern ein besseres Einkommen ermöglichen und die Transporte reduzieren – statt Futtermittel müsste bloss das Fleisch verschifft werden.

Schwein
Keystone / Bernd Wüstneck

Stimmen aus dem Globalen Süden

Die Schweiz hat im Vorfeld des Uno-Gipfels Dialoge mit Akteurinnen und Akteuren aus Afrika, Asien und Lateinamerika geführt. Diese wünschen sich unter anderemExterner Link mehr Transparenz bei Landinvestitionen und eine Steuerpolitik, die nachhaltige Produkte begünstigt.

Zudem sollen Konsumierende für den Wert von Lebensmitteln und deren ökologischen und sozialen Auswirkungen sensibilisiert werden. Die Preise für Lebensmittel sollten den wahren Wert widerspiegeln, und Bäuerinnen und Bauern besser entlöhnt werden.

SRF, Echo der Schweiz vom 8. Juli 2021:

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Auch wünschen sich die Dialogteilnehmenden eine Änderung der globalen Handelsregeln zu Gunsten der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Entwicklungsländern. Sie kritisieren darüber hinaus, dass die derzeitigen internationalen Zertifizierungsstandards ihre lokalen Produkte benachteiligten. Sie schlagen daher vor, es sollten unterschiedliche Regeln gelten je nachdem, ob ein Produkt für den lokalen Verbrauch oder für den Export bestimmt sei.

Was am meisten auffällt: Während westliche NGOs öffentlich-private Partnerschaften meist harsch kritisieren, äusserten sich die Stimmen aus dem Globalen Süden im Dialog mit der Schweiz positiv dazu. Ebenfalls interessant: Bei den Subventionen waren sich die Teilnehmenden uneins. Während für die einen Subventionen zu Marktverzerrungen und unfairen Preisen führen, sind sie für andere ein legitimes Mittel zur Förderung einer umweltfreundlichen Landwirtschaft.

Laut einem kürzlich veröffentlichten BerichtExterner Link mehrerer Uno-Organisationen sind die meisten Subventionen im Agrarsektor preisverzerrend sowie umwelt- und sozialschädlich. Zölle und Subventionen benachteiligten die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern gegenüber grossen Agrar-Konzernen. Die Subventionen in ihrer heutigen Form führten zu Hunger und schadeten der Umwelt.

Zum Beispiel würden ausgerechnet jene Produkte mit den schädlichsten Klimaauswirkungen – Rindfleisch, Milch und Reis – weltweit am stärksten subventioniert. Dies betreffe vor allem reiche Länder, aber auch in Entwicklungsländern nehme der Konsum zu.

Die Uno-Organisationen empfehlen: Reiche Länder sollten schädliche Subventionen reduzieren und ärmere Länder sollten wettbewerbsverzerrende Massnahmen minimieren. Es sei nämlich nicht zielführend, die Preise für arme Konsument:innen künstlich niedrig zu halten, denn diese seien häufig selbst Kleinbäuer:innen.

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