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«Wir wollen Autos für Puristen machen»

Die Co-Gründer von Piech Automotive, Toni Piech (links) und Rea Stark Rajcic posieren vor dem Piech Mark Zero während der Präsentation des zweisitzigen Elektrofahrzeugs auf dem Genfer Autosalon am 5. März 2019. Harold Cunningham / AFP

In der Schweiz gibt es Hunderte von Automobil-Zulieferern. Mit der Gründung von Piëch Automotive 2017 hat die Schweiz nun auch einen eigenen Automobilhersteller. Co-Gründer Toni Piëch will einen elektrisch betriebenen Sportwagen auf einem ausserordentlich wettbewerbsintensiven Markt positionieren.

Toni Piëch ist Nachfahre einer Auto-Dynastie (Porsche, VW) und hat den Ehrgeiz, die Schweizer Autoindustrie wiederzubeleben. Der Deutsch-Österreicher sorgte auf dem Genfer Autosalon 2019 für Aufregung mit der Präsentation des neuen Elektrofahrzeugs, das sportlich, luxuriös und innovativ sein soll.

Tony Piëch ist der Urenkel von Ferdinand Porsche, dem Gründer des gleichnamigen Automobilherstellers. Harold Cunningham / AFP

Der Zweisitzer in der Preisklasse zwischen 150’000 und 200’000 Franken verfügt über ein besonders effizientes elektrisches System: 80 Prozent der Batteriekapazität sind in weniger als fünf Minuten gefüllt, bei einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern. Das Auto soll bald auf den Markt kommen, aber Toni Piëch will kein genaues Datum nennen. 

SWI swissinfo.ch: Warum haben Sie Zürich als Standort für Piëch Automotive gewählt?

Toni Piëch: Als Europäer ist es für mich wichtig, dass Europa weiterhin eine wichtige Rolle in der Welt spielt. Und im Automobilbereich hat Europa eine starke industrielle Basis.

Hinzu kommt, dass ich zwar österreichisch-deutscher Herkunft, aber in Luzern aufgewachsen bin und die Schweizer Werte der Zuverlässigkeit und Zeitlosigkeit schätze, wie Schweizer Uhren sie verkörpern. Das sind genau die Werte, die Piëch Automotive hervorheben möchte.

Schliesslich ist Zürich ein führendes Finanzzentrum und – mit der Präsenz von Unternehmen wie Google – zunehmend auch ein Technologiezentrum.

Und die Schweiz hat auch viele Automobil-Zulieferer…

Sicherlich, ja. Aber das war kein entscheidendes Kriterium, denn wir hätten auch aus anderen Ländern wie Deutschland, Österreich oder Italien guten Zugang zu diesen Schweizer Lieferanten haben können. Zudem arbeiten wir auch mit Lieferanten zusammen, die nicht nur in Europa, sondern auch ausserhalb dieses Kontinents ansässig sind.

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Wenn Sie von so vielen ausländischen Zulieferern beziehen, können Sie dann Ihre Autos noch offiziell als «Made in Switzerland» bezeichnen?

Nein, das können wir nicht. Denn nach den Swissness-Vorschriften müssten mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen. In der Automobilbranche ist das nicht realistisch.

Nicht alle Ihre Aktivitäten werden von Zürich aus gesteuert, denn Sie haben auch eine Niederlassung in der Nähe von München. Warum ist das so?

Ja, das ist so. Wir haben von Anfang an sehr eng mit mehreren Lieferanten aus dem Raum München zusammengearbeitet. Die Gründung einer juristischen Person in dieser Region war naheliegend.

Einige Hersteller von Elektroautos, wie beispielsweise Porsche, bieten viele unterschiedliche Modelle und Optionen an. Andere – wie Tesla – tun das nicht. Wie ist das bei Piëch Automotive?

Unsere Strategie ist nochmal anders. Unser Ziel ist es, Objekte der Leidenschaft herzustellen, also zeitlose Autos für technikbegeisterte Puristen.   

Toni Piëch ist Deutsch-Österreicher, hat aber das Lyceum Alpinum Zuoz bei St. Moritz im Kanton Graubünden besucht. Er studierte auch an der Princeton University in den USA.

Danach verbrachte er zwölf Jahre in China, zunächst als Korrespondent für den deutschsprachigen Schweizer Radiosender DRS und dann als Gründer und Präsident von PAE Pictures, einem mittelständischen Unternehmen, das sich auf die Produktion von Spielfilmen, Fernsehprogrammen und digitalen Inhalten spezialisiert hat.

Tony Piëch ist der Urenkel von Ferdinand Porsche, dem Gründer des gleichnamigen Automobilherstellers, und Sohn von Ferdinand Piëch, dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Volkswagen Gruppe.

Weltweit gibt es mindestens 100 neue Start-ups, die sich auf Elektrofahrzeuge spezialisiert haben. Zudem setzen auch etablierte Automobilhersteller auf diese Fahrzeuge. Wie wollen Sie sich profilieren?

Unsere Branche ist in der Tat ausserordentlich wettbewerbsintensiv. Wir machen uns aber keine Sorgen, denn unser Ansatz ist es nicht, so schnell wie möglich so viele Fahrzeuge wie möglich zu verkaufen. Unsere Vision ist es, eine klar definierte Nische zu bedienen und langfristig eine solide Profitabilität zu erreichen. 

«Unsere Branche ist ausserordentlich wettbewerbsintensiv, aber wir machen uns keine Sorgen.»

Sie betonen die extrem kurze Aufladezeit Ihrer Batterien. Wie können Sie verhindern, dass Ihre Mitbewerber Sie kopieren?

Unsere grösste Stärke ist unsere Modularität. Dieser Ansatz ermöglicht es uns, neue externe Komponenten wie Ladesysteme, Sensoren, Chips oder Datenmanagementsysteme schnell zu integrieren.

Hingegen brauchen etablierte Automobilhersteller wie der Volkswagen-Konzern viele Jahre, um solche neuen Komponenten einzuführen.

Anders gesagt: Wir suchen nicht den exklusiven Zugang zu bestimmten Lieferanten, sondern wir wollen als Erste ihre neuen revolutionären Komponenten integrieren.

2019 haben Sie am Genfer Autosalon angekündigt, dass Ihr erstes Modell ab 2022 zu kaufen sein wird. Können Sie dieses Datum bestätigen? Und wie hoch wird der Verkaufspreis sein?

Zum jetzigen Zeitpunkt möchten wir lieber kein genaues Datum bekannt geben. Unser erstes Modell wird ein Zweisitzer sein, mit einer Preisspanne zwischen 150’000 und 200’000 Franken.

Was werden Ihre geografischen Prioritäten sein?

Grundsätzlich planen wir, Nordamerika, Europa und Asien gleichermassen abzudecken. Wir glauben aber, dass es gerade am Anfang extrem wichtig ist, in der Schweiz und in Deutschland erfolgreich zu sein. Dies ist sogar eine Voraussetzung für unseren Erfolg in anderen Märkten.

Es ist eine Herausforderung, ein Fahrzeug in mehreren Ländern zugelassen zu bekommen, aber wir sind davon überzeugt, dass wir es schaffen können.

Welche weiteren Modelle nebst Ihrem Zweisitzer planen Sie auf den Markt zu bringen?

Unser Ziel ist es, drei sportliche Modelle auf den Markt zu bringen: unseren Zweisitzer, einen Viersitzer und einen SUV (Sport Utility Vehicle). Diese beiden letzten Modelle sollten es uns ermöglichen, grössere Stückzahlen zu verkaufen, und wir haben hohe Erwartungen an die Vermarktung unserer SUVs in China.  

Aufgrund unseres modularen Ansatzes sollte der Aufbau einer Drei-Modell-Reihe nicht übermässig komplex sein. 

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Sibilla Bondolfi

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