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Zwar (noch) kein Marsroboter, aber doch beeindruckend

Cinq étudiants et un rover
Emile Hreich, Jonathan Wei, Thomas Manteaux, Arion Zimmermann und Quentin Delfosse mit ihrem Argos-Rover, der das Ergebnis ihrer Arbeit und der von über 70 Kommiliton:innen ist. swissinfo.ch

Ein Rover der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (ETHL) gewann an einem internationalen Wettbewerb Medaillen. Die Studierenden, die ihn gebaut haben, werden zwar nicht zum Mars fliegen, aber vielleicht in die Antarktis reisen. Und ganz sicher werden sie dort wertvolle Erfahrungen sammeln.

Nervöse Eltern, wacklige Modelle von Planetensystemen und Vulkanminiaturen: So kennt man Wissenschaftswettbewerbe aus amerikanischen Collegefilmen. Damit haben diese Wettbewerbe wenig zu tun – sie sind deutlich ernster: Seit 2014 bringt die European Rover Challenge (ERCExterner Link) in Polen Akademiker:innen aus der ganzen Welt zusammen, die Fahrzeuge auf Rädern bauen, die selbstständig unwegsames Gelände einschätzen und vermessen sowie Bodenproben entnehmen können. Etwa auf dem Mars oder dem Mond.

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Bereits bei der ersten Teilnahme im September 2021 hat das ETHL-Team XploreExterner Link sehr gut abgeschnitten: mit zwei ersten Plätzen in den Kategorien Wissenschaft und Sondierung und einem dritten Platz in der Gesamtwertung – von 58 teilnehmenden Teams. Ihr Fahrzeug Argos läuft auf sechs Rädern, die auf einer von der NASA inspirierten Achsfederung montiert sind, und verfügt über Sensoren, einen Roboterarm und ein Analysemodul.

So weit, so gut. Aber was bringt diese jungen Leute, deren Terminkalender bereits mit Vorlesungen vollgestopft ist, dazu, jede Woche viel Zeit in ihr Projekt zu investieren?

«Ursprünglich waren wir zu viert im Rocket Team [siehe Infobox]», sagt Quentin.  «Dann wurde uns klar, dass an der EPFL ein reines Robotik-Studierendenprojekt fehlte. Wir beschlossen, ein neues Projekt zu starten, das für alle offen ist.» Obwohl Frauen in diesen technischen Bereichen in der Minderheit sind, gibt es unter den 80 Xplore-Mitarbeitern etwa zehn Frauen, zwei davon leiten zwei der sieben Gruppen des Teams, die sich jeweils mit einem der Argos-Subsysteme beschäftigen.

Seit 2017 werden an der ETHL auch Raketen gebaut. Das Rocket TeamExterner Link, das aus 200 Studentinnen und Studenten der ETHL und mehrerer anderer Westschweizer Universitäten besteht, hat bereits über 40 Starts hinter sich. Im Oktober 2021 gewann es bei der EuRoCExterner Link (European Rocketry Challenge) in Portugal den Europameistertitel im Bauen und Starten von Studierendenraketen. Im Juni desselben Jahres hatte das Schweizer Team bereits zwei zweite Plätze bei einem ähnlichen Wettbewerb in den USA errungen.

Das Rocket Team hat ein deutschsprachiges Pendant, ARISExterner Link, das an der ETH Zürich angesiedelt ist: 12 Starts und ein europäischer Titel beim gleichen Wettbewerb EuRoC 2021 in der Kategorie Hybridmotor, der bis auf 9000 Meter Höhe steigen kann.

Diese Studierendenraketen sind keine Spielzeuge, sondern echte Miniaturausgaben von potenziellen Raumfahrzeugen. Das EPFL Rocket Team konzentriert sich nun auf den Übergang zu einer Überschallrakete für die nächste EuRoC. Und es hat – ebenso wie ARIS – den Ehrgeiz, in den nächsten Jahren den Weltraum zu erreichen. Das Rocket Team will zudem die Technologien entwickeln, um die erste Studierendenvereinigung zu werden, die ihre Raketen wie die von SpaceX sanft auf den Boden zurückbringen kann.

Die Idee dahinter ist, Fähigkeiten zu entwickeln, die man im Unterricht nicht erwerben kann. So schätzt Thomas, der an seinem Master in Mikrotechnik arbeitet, den praktischen Aspekt des Projekts: Zuvor hatte er beispielsweise noch nie eine Werkzeugmaschine angefasst. Für ihn und die anderen ist es auch eine Gelegenheit, mit Studentinnen und Studenten aus anderen Fachbereichen in Kontakt zu treten.

Denn Argos erfordert eine breite Palette an Fähigkeiten. Natürlich in Mechanik und Robotik, aber auch in Programmierung, Kommunikation und der Entwicklung elektronischer Schaltkreise. Dabei gilt es, so leicht und kostengünstig wie möglich zu bleiben. Daher werden für die Kunststoffteile 3D-Drucker verwendet.

Auch ein wenig Marketing ist nötig. Die ETHL unterstützt Xplore im Rahmen des MAKEExterner Link-Programms zur Förderung des Lernens von Interdisziplinarität und Projektmanagement, aber es mussten auch private Sponsor:innen gefunden werden. «Wir haben rund 115’000 Franken gesammelt. Das Fundraising war anfangs ziemlich schwierig, da wir den potenziellen Sponsor:innen nichts vorweisen konnten», erinnert sich Jonathan, Systemingenieur bei Argos.

En Pologne, Argos a décroché trois récompenses.
In Polen erhielt Argos drei Auszeichnungen. swissinfo.ch

Geld ist nicht das, was die Mitglieder von Xplore antreibt. Natürlich bringt ein erster Platz bei einem Wettbewerb ein Taschengeld ein, aber der Gewinn liegt vor allem in der Sichtbarkeit. Deshalb will das Team neben dem ERC auch die verbesserte Version von Argos in den USA vorstellen, und zwar bei der nächsten University Rover Challenge (URCExterner Link), die jedes Jahr in einer Wüste in Utah von der berühmten Mars SocietyExterner Link veranstaltet wird.

Langfristig soll ein Polarrover für Expeditionen in das Eis der Antarktis entwickelt werden. Xplore ist also nicht unbedingt ein Club für zukünftige Profis im Raumfahrtsektor. Während Quentin sich selbst als grossen Science-Fiction-Fan bezeichnet, holen sich die anderen ihre Inspirationen woanders. Arion hat seit seinem zwölften Lebensjahr programmiert, «als kreativen Akt, dessen einzige Grenze die Vorstellungskraft ist», und Emile sieht seine Karriere eher in der reinen Informatik, mit einer Vorliebe für Cybersicherheit.

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