Astana, die internationale Expo, die kaum jemand kennt
Wussten Sie es? Am 10. Juni beginnt in der Steppe Kasachstans die Weltausstellung 2017. Sie steht unter dem Motto "Energie der Zukunft". Die Schweiz gehört zu den rund 100 Ländern, die in Astana vertreten sind. Sie wird in ihrem Pavillon Nachhaltigkeit und Energieeffizienz thematisieren.
Viele Menschen werden sich an den Lebensbaum in Mailand erinnern. Der 37 Meter hohe Turm aus Stahl und Holz war die Hauptattraktion der Weltausstellung 2015, die damals mehr als 20 Millionen Menschen in die Hauptstadt der Lombardei gelockt hatte.
Viel weniger bekannt ist, dass auch Astana, die Hauptstadt Kasachstans, einen Lebensbaum hat, den Bayterek-Turm. Der Aussichtsturm wurde 1997 errichtet, in dem Jahr, in dem der Sitz der Hauptstadt von Almaty nach Astana verlegt wurde. Das Bauwerk, das ebenfalls zu einer Attraktion wurde, symbolisiert einen Lebensbaum, in dessen Krone ein goldenes Ei liegt.
Expo in der Steppe
Die Ähnlichkeiten zwischen Mailand und Astana beschränken sich aber nicht auf die Architektur. Die Hauptstadt Kasachstans wird praktisch die Fackel der Weltausstellung von ihrer Vorgängerin in Italien übernehmen. Aber anders als die Expo in Mailand, die schon vor ihrer Eröffnung Schlagzeilen machte – und nicht nur wegen Korruptionsaffären – scheint die Expo in AstanaExterner Link bisher kaum Aufmerksamkeit zu erhalten.
Der Grund ist simpel. Da es nur um eine so genannt spezialisierte Ausstellung geht und nicht um eine universelle Weltausstellung (siehe Erklärungen am Fuss des Artikels), hat Astana eine weniger grosse Ausstrahlung. 115 Länder nehmen teil (in Mailand waren es 145) und die Organisatoren rechnen mit gegen zwei Millionen Besucherinnen und Besuchern, zum grössten Teil aus Kasachstan, anderen ehemaligen sowjetischen Republiken und China. Die Ausstellung dauert vom 10. Juni bis zum 10. September.
Im Unterschied zu Mailand, Schanghai (2010), Saragossa (2008) oder Aichi (2005) findet diese Ausstellung mitten im Nichts statt. Astana ist zwar eine moderne, dynamische Stadt, aber umgeben von den weiten Steppen Kasachstans.
Schaufenster für Schweizer Energiepolitik
Dennoch ist die Expo in Astana eine bedeutende Veranstaltung, bei der eine der grossen Herausforderungen der Menschheit im Zentrum steht: Die Energie der Zukunft.
Mit ihrem PavillonExterner Link lädt die Schweiz die Besucherinnen und Besucher dazu ein, über ihren Energieverbrauch, ihren Umgang mit natürlichen Ressourcen und darüber nachzudenken, was jeder Einzelne zur Energiewende beitragen könne, wie Präsenz Schweiz, die Agentur der Eidgenossenschaft, die für Erscheinungsbild und Wahrnehmung der Schweiz im Ausland zuständig ist, erklärte.
«Der Bund nutzt diese Gelegenheit, um die Grundzüge der Schweizer Energiepolitik zu präsentieren. Der von Präsenz Schweiz konzipierte Pavillon bietet den Besuchern eine kreative und interaktive Installation über das Wissen und die Innovationskraft der Schweiz in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und umfassende Wasser-Bewirtschaftung. Die Schweiz wird auch als Standort von Innovation und Forschung präsentiert», schreibt Nicolas Bideau, Direktor von Präsenz Schweiz, in einer E-Mail auf Anfrage von swissinfo.ch.
Vier Häuser, um über Energie und Wasser zu sprechen
Der Schweizer Pavillon (Budget von 4,2 Millionen Franken) ist aufgeteilt auf vier thematische «Häuser», die sich über eine Fläche von 560 m2 erstrecken. Im ersten Haus wird ein Film über die Alpenhütte Monte Rosa gezeigt, die im Bereich Energieversorgung praktisch autonom ist. Danach geht der Besuch mit einer kulinarischen Demonstration weiter.
Ziel des zweiten Hauses – in dem vor den Augen des Publikums eine Rösti, ein typisches Schweizer Kartoffelgericht, zubereitet wird – ist es, zu zeigen, dass auch einfachste Gesten zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen können. Zum Beispiel, indem man lokale Produkte nutzt oder mit dem Wasser in der Küche sparsam umgeht.
Das dritte Haus, das unter Mitarbeit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA)Externer Link realisiert wurde, befasst sich mit Konflikten rund um die Wasserressourcen des Planeten und mit der Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich Wasserbewirtschaftung.
Und im vierten thematischen Raum können die Besucherinnen und Besucher an den Rand von Weltraum und Technologie «vorstossen», dank dem Projekt SolarStratos, dem ersten solarbetriebenen Flugzeug, das einst bis in die Stratosphäre fliegen soll.
Austausch zwischen der Schweiz und Kasachstan fördern
Bei der Schweizer Präsenz in Astana geht es aber nicht nur um eine Sensibilisierung der Allgemeinheit. Kasachstan gehört bei der Weltbank und im Internationalen Währungsfonds (IWF) zu der von der Schweiz präsidierten Stimmrechtsgruppe. Zudem ist das Land der wichtigste Handelspartner der Schweiz in Zentralasien. Im Verlauf der letzten zwei Jahre haben die beiden Länder ihre ZusammenarbeitExterner Link in verschiedenen Bereichen (Wirtschaft, Bildung …) intensiviert.
Schweizer Persönlichkeiten in Astana
Bundespräsidentin Doris Leuthard wird den Schweizer Pavillon am 11. August besuchen, der Anlass ist der Schweizer Tag im Rahmen der Expo. Aussenminister Didier Burkhalter wird an einer Konferenz über die grenzüberschreitende Wasserbewirtschaftung teilnehmen (19./20. Juni), während Finanzminister Ueli Maurer den Schweizer Pavillon im Rahmen seiner Zentralasienreise besuchen wird.
Auch die beiden Abenteurer Bertrand Piccard, Initiator von Solar Impulse, und Raphaël Domjan, der hinter dem Projekt SolarStratos steht, werden in Astana anwesend sein.
Das swissnex-LaborExterner Link im Innern des Pavillons ist denn auch ein bedeutendes Schaufenster, um – mit Konferenzen, Workshops und wechselnden Ausstellungen – den Schweizer Innovationsgeist zu präsentieren, vor allem im Bereich Energie.
«Das Labor spielt zwei Rollen. Einerseits ist es ein Raum, in dem Schweizer Wissenschaft und Innovation im Detail erörtert und einem interessierten Publikum zugänglich gemacht werden. Andererseits schafft es eine Verbindung zwischen der Schweiz und Kasachstan. Viele Partner haben diese Gelegenheit ergriffen, denn Kasachstan ist für viele Universitäten und Start-ups aus der Schweiz noch ein unbekanntes Territorium», erläuterte Philippe Roesle, der für das swissnex-Labor in Astana zuständig ist.
Im Rahmen dieses mobilen Labors – der ersten solchen Einrichtung, die es zu einem Auftritt an einer Weltausstellung schaffte – stellt zum Beispiel die Fachhochschule der Westschweiz ein innovatives System für die Stromproduktion vor. Und die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) präsentiert technologische Fortschritte bei Sonnenkollektoren.
Und das dürfte Kasachstan interessieren, ein Land, das zu den wichtigsten Erdöl- und Gasproduzenten der Welt gehört. «Kasachstan nimmt die Frage der Energie der Zukunft ernst. 2009 wurde ein Gesetz verabschiedet, um die Entwicklung einer grünen Wirtschaft zu fördern. Mit dem Ziel, dass 50% der Energieproduktion bis 2050 aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Zudem soll die Energieeffizienz der Schwerindustrie pro Jahr um 3% zunehmen», erklärte Nicolas Bideau.
Wann ist eine Expo «universell»?
Das «Bureau international des expositions» BIEExterner Link mit Sitz in Paris, eine intergouvernementale Organisation, welche die Ausstellungen regelt und begleitet, definiert vier Arten von internationalen Ausstellungen. Ziel ist es, die Öffentlichkeit zu informieren, zu bilden, aufzuklären, Innovation zu teilen, den Fortschritt zu fördern und den Dialog anzuregen.
Universalausstellungen: Sie finden alle 5 Jahre statt, dauern bis zu sechs Monate, stehen unter einem umfassenden, allgemeinen Motto und ziehen jeweils Dutzende Millionen von Besucherinnen und Besuchern an. Jedes Land, das teilnimmt, erstellt seinen eigenen Pavillon. Die erste Expo dieser Kategorie wurde 1851 in London organisiert, die jüngste 2015 in Mailand; die nächste soll 2020 in Dubai stattfinden.
Spezialisierte Weltausstellung: Diese Ausstellungen sind kleiner ausgelegt. Sie finden zwischen den Universalausstellungen statt, dauern bis zu drei Monate und haben ein enger gefasstes Motto. Und die Länder statten Räumlichkeiten aus, die von den Organisatoren zur Verfügung gestellt werden. Die erste Ausstellung dieser Kategorie fand 1936 in Stockholm statt, die jüngste 2012 in Yeosu (Südkorea), in diesem Jahr folgt Astana in Kasachstan.
Triennale Mailand: Wie der Name sagt, findet diese Ausstellung alle drei Jahre statt (jüngst 2016). Im Unterschied zu den anderen Expos befasst sich die Triennale stets mit dem gleichen Themenbereich: Design und Architektur.
Gartenbau-Expos: Diese Ausstellungen, die zwischen drei und sechs Monate dauern und jeweils Millionen Besucherinnen und Besucher anziehen, sind in gewissem Sinne Weltausstellungen des Gartenbaus. Sie werden ungefähr alle zwei Jahre organisiert. Die erste hatte 1960 in Rotterdam stattgefunden. Der nächste Austragungsort ist Beijing (2019).
(Quelle: BIE)
(Übertragung aus dem Italienischen: Rita Emch)
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch