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1 Stern, 7 Planeten – und immer noch kein Leben

So sieht der Zeichner das neu entdeckte Sonnensystem. ESO

Astronomen der Universität Genf haben um den sonnenähnlichen Zwergstern HD 10180 ein Planetensystem entdeckt, das unserem Sonnensystem ähnlicher ist als alle bisher entdeckten. Es enthält wahrscheinlich sieben Planeten. Nichts deutet allerdings auf Leben hin.

127 Lichtjahre von der Erde entfernt gelegen, ähnelt das System wahrscheinlich unserem eigenen Sonnensystem mit seinen acht Planeten. «Dieser bemerkenswerte Fund macht deutlich, dass wir inzwischen in einer neuen Ära der Exoplanetenforschung angekommen sind», sagt Christophe Lovis vom Observatorium Genf, der Hauptautor der Studie über das neu entdeckte Planetensystem.

Die Messungen bestätigten die Präsenz von mindestens fünf Planeten von der Masse Neptuns, also etwa 13 bis 25 Mal schwerer als die Erde. Diese Planeten kreisen um den Stern HD 10180, der im Sternbild Hydrus (kleine Wasserschlange) am Südhimmel liegt. Ihre Entfernung zum Stern beträgt zwischen dem 0,006- und dem 1,4-fachen des Abstands zwischen der Erde und der Sonne. Für einen Umlauf um den Stern benötigen sie zwischen 6 und 600 Tagen.

«Wir haben gute Gründe zu der Annahme, dass zwei weitere Planeten existieren», sagt Lovis. Der eine ähnelt Saturn und braucht 2200 Tage für einen Umlauf. Der andere wäre mit einer 1,4 Mal grösseren Masse als die Erde der leichteste bislang entdeckte Planet ausserhalb unseres Sonnensystems.

Ähnliche Anordnung

Das Gewicht ist allerdings die einzige Ähnlichkeit dieses Planeten mit der Erde. Er befindet sich extrem nahe seines Muttersterns, in nur zwei Prozent des Abstands zwischen Erde und Sonne. Ein «Jahr» auf diesem glühend heissen Gesteinsplaneten würde daher bloss 1,18 Erdentage dauern.

Bestätigen sich die Planeten Nummer sechs und sieben, kommt das neue Planetensystem auf fast ebenso viele Himmelskörper wie unser eigenes mit acht. Eine weitere Ähnlichkeit ist die Anordnung der Planeten: Laut den Forschern folgen die Entfernungen der Planeten zu ihrem Stern einem regelmässigen Schema – wie in unserem eigenen Sonnensystem.

Allerdings gibt es auch Unterschiede. So ist das Planetensystem um HD 10180″ in seinen innersten Gebieten mit den fünf neptunartigen Planeten deutlich dichter bevölkert als unser Sonnensystem. Hinzu kommt, dass es in dem Planetensystem wohl keine «Gasriesen» wie Jupiter gibt. Und die Umlaufbahnen aller Planeten scheinen nahezu kreisförmig zu sein.

Grosse Gaskugeln

«Bevölkert» heisst in diesem Zusammenhang nach lange nicht «bewohnt». Da die neu entdeckten Planeten zwischen 13 und 25 Mal die Masse der Erde umfassen, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass es sich um grosse Gaskugeln handelt, die für die Entwicklung von Leben völlig ungeeignet sind.

«Das sparen wir uns für ein anderes Mal auf» sagt Christophe Lovis, der wie die meisten seiner Kollegen neugierig darauf sind, einmal ausserirdisches Leben zu entdecken. Doch in der näheren Zukunft ist der Astronom vor allem daran interessiert, eine Liste der potentiell bewohnbaren Planeten in der Nähe unserer Sonne zu erstellen.

Chaotische Bilder

Für die sechs Jahre dauernde Studie benutzten die Genfer Forscher den auf ein Teleskop in Chile montierten HARPS-Spektrografen. HARPS misst winzige Bewegungen des Sterns, die durch die Anziehungskräfte der Planeten verursacht werden. Dank dem im Jahr 2003 in Betrieb genommenen Spektrografen konnten bereits hunderte neuer Planeten entdeckt werden.

Wie kam es aber, dass die Genfer Forscher gleich fünf neue Planeten entdeckt haben? «Ein einzelner Planet ist dank dem Sinussignal relativ einfach zu entdecken», sagt Lovis. «Hier hingegen hatten wir am Anfang keine klaren Signale und wir hatten Mühe, die teils chaotischen Bilder zu verstehen. Wir haben die Daten kontinuierlich ausgeweitet und zusammengetragen. Nach und nach haben sich die verschiedenen Signale heraus kristallisiert.»

Marc-André Miserez, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Französischen: Andreas Keiser)

EXTRASOLARE
Planenten ausserhalb unseres Sonnensystems werden Exoplaneten genannt.

Der erste Exoplanet wurde 1995 von den beiden Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz im Observatorium der Universität Genf entdeckt.

Seit dann wurden mehr als 300 Exoplaneten entdeckt, wenn auch keiner durch ein Teleskop gesehen werden kann. Sie können nur indirekt nachgewiesen werden.

Die grösste Anzahl der bisher entdeckten Exoplaneten sind so genannte «heisse Jupiter»: Grosse Gasplaneten, die nah um ihren Stern kreisen.

2007 jedoch fanden Mayor und sein Kollege Stéphane Udry den ersten Exoplaneten in vergleichbarer Grösse zur Erde Er ist 20,5 Lichtjahre oder 193 Billionen Kilometer entfernt und seine Masse ist fünfmal schwerer als die Erde.

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