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Im Weltraum gehört die kleine Schweiz zu den Grossen

Wie die Uni Bern zur Referenz in der Raumfahrt wurde

Kubus mit Raketenkopf obendrauf, davor ein Wasserspiel
Der Raketenkubus auf dem Bundesplatz. Von hier aus lässt sich bequem das All bereisen. Universität Bern

Vor 50 Jahren sorgte die Universität Bern mit einem Experiment auf dem Mond für eine Sensation, die ihren Ruf in der Weltraumforschung nachhaltig prägte. Mit einem grossen Fest feiert die Universität das Jubiläum und will damit Alt und Jung ansprechen.

Das Triebwerk ist gezündet. Flammen schiessen aus den Raketentriebwerken. Der Boden vibriert immer stärker. Wir heben ab, vom Bundesplatz Richtung Mond und weit darüber hinaus. Bald schon sehen wir die Erde von oben, unseren blauen Planeten.

Acht Beamer sorgen im Raketenkubus auf dem Platz vor dem Parlamentsgebäude in Bern für ein Rundum-Erlebnis. Die Multimedia-Show «Sightseeing im Universum» ist nur eine von zahlreichen VeranstaltungenExterner Link, die Interessierte bis am 4. Juli in Bern besuchen können. Während einer Woche steht die Bundesstadt ganz im Zeichen der Mondlandung und der Berner Weltraumforschung.

Blick aus einer fiktiven Rakete auf die Erde
Der Blick von aussen auf die Erde löst wohl in allen starke Gefühle aus. swissinfo.ch

Gastgeberin ist die Universität BernExterner Link. Sie hat etwas zu feiern: Vor 50 Jahren, am 21. Juli 1969, setzte die Mondlandefähre Eagle – «The eagle has landed…» – mit den beiden Astronauten Neil Armstrong und Edwin «Buzz» Aldrin auf dem Erdtrabanten auf.

Kaum hatte Armstrong seinen Satz für die Ewigkeit gesagt («Ein kleiner Schritt für den Menschen, aber ein riesiger Sprung für die Menschheit»), entrollte Aldrin bereits das Experiment der Universität Bern: ein Sonnensegel, das die Zusammensetzung des Sonnenwindes messen sollte. Und das, noch bevor die beiden die US-Flagge ins harte Mondgestein zu rammen versuchten.

Nicht nur Bern steht dieser Tage ganz im Zeichen des Mondes. Das Festival StarmusExterner Link feiert in Zürich bereits seit Montag die Eroberung des Erdtrabanten vor 50 Jahren.

Unter anderen traten dort die beiden Apollo-Astronauten Edwin «Buzz» Aldrin und Charlie Duke auf, sowie der Musiker Brian May (Leadgitarrist von Queen und Astrophysiker) auf.

Grosse Präsenz

Welche Bedeutung dieses kleine Stück Metallfolie aus Bern hatte, wird 50 Jahre später klar, wenn unter anderen Spitzenfunktionäre wie die Wissenschaftsdirektoren der beiden Weltraum-Agenturen NASA und ESA extra nach Bern pilgern.

«Das Sonnensegel war der Anfang einer Präsenz der Schweiz im Gebiet der Raumforschung, in einer Art und Weise, welche die Schweiz, besonders die Universität Bern, in den Vordergrund geschoben hat. Ich glaube nicht, dass es mehr als zehn, vielleicht fünfzehn Organisationen auf der ganzen Welt gibt, die eine Präsenz wie Bern haben.»

Das sagt Thomas ZurbuchenExterner Link, Wissenschaftsdirektor der amerikanischen NASA, mit leicht amerikanisch eingefärbtem Deutsch gegenüber swissinfo.ch. Er selber hatte seine wissenschaftliche Karriere an der Universität Bern begonnen und dort auch doktoriert. Über eine Professur in Michigan kam er 2016 zur NASA.

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Beim Experiment der Universität Bern ging es um die Bestimmung von Gasen im Sonnenwind. Wie etwa Helium oder Argon und eine Reihe von Gasen, die wegen des Magnetfelds der Erde nicht bis hier kommen. «Die Magnetosphäre schützt die Erde vor diesen Teilchen. Und der Mond ist weit genug entfernt, dass man das dort messen kann», sagt Willy BenzExterner Link, Direktor des Nationalen Forschungsschwerpunkts «PlanetS»Externer Link an der Universität Bern.

Das Experiment wurde nach Apollo 11 noch viermal wiederholt, immer mit längeren Sammelzeiten. «Das waren wichtige Messungen, die 40 Jahre lang als Referenzwerte galten», sagt Benz. Diese Messungen hätten die Schweiz auf die Karte der Weltraumforschung gebracht. «Plötzlich war die Schweiz als ein wichtiger Akteur da.»

Einfluss auf ganz Europa

Auch für die europäische Weltraumforschung war das Berner Experiment ein Meilenstein. «Damals, als ich 15 Jahre alt war, wusste ich nicht, dass die Universität Bern beteiligt ist», sagt Günther HasingerExterner Link, Wissenschaftsdirektor der europäischen Weltraumorganisation ESAExterner Link. «Aber diese erste Beteiligung am Apollo-Flug hat letztendlich für die Universität Bern und auch für Europa ein ganzes, weites Feld geöffnet.»

Es habe zu jener Zeit erst die European Space Research Organisation (ESRO) gegeben. «Aber kurz danach wurde die ESA gegründet und führte viele grosse, neue Entwicklungen durch. Und das ging alles von hier aus!», sagt Hasinger.

Buzz Aldrin rollt Sonnensegel auf dem Mond aus
Als erste Handlung rollte «Buzz» Aldrin das Berner Sonnensegel auf dem Mond aus. Nasa / Science Photo

Die Schweiz im All

«Und wir sind nicht tatenlos geblieben seit dieser Zeit», betont Christian LeumannExterner Link, Rektor der Universität Bern. Das Sonnensegel sei nur die so genannte erste Stufe gewesen, die man gezündet habe. Zahlreiche Missionen wurden seither begleitet von Experimenten oder Bauteilen aus der Schweiz: 25 Raketenflüge, neun Stratosphärenflüge und 32 Instrumente zählen die Experten auf.

Die neuste Mission Cheops soll ein weiterer Meilenstein werden. Mit diesem Teleskop sollen Planeten genauer untersucht werden können, auf denen Leben existieren könnte. «Es ist das erste Mal, dass die Schweiz zusammen mit der ESA bei einem Projekt die Führung übernimmt», sagt Cheops-Forschungsleiter BenzExterner Link sichtlich stolz.

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Nachwuchsprobleme

Zwar sorgen solche Erfolge für einen nachhaltig guten Ruf der Weltraumforschung in Bern. Doch es bleibe schwierig, junge Leute für die Naturwissenschaften zu begeistern, klagt Rektor Leumann. «Ich denke, das hat mehrere Gründe. Einer davon ist, dass die gesamte Forschungslandschaft viel breiter geworden ist. Aber es hat sicher auch damit zu tun, dass andere Fragen im Moment auch gesellschaftspolitisch mehr im Vordergrund stehen.»

Allerdings sagt Zurbuchen von der NASA an die Universität seiner Studienzeit gerichtet: «Das Beste kommt erst noch!». Deshalb ist auch Astrophysiker Benz überzeugt, dass er zur besten Zeit am richtigen Ort ist: Die Technologien würden immer besser, das Datensammeln sei einfacher, die Bildauflösung höher geworden.

«Interessant ist, dass wir in einer Zeit leben, wo wir fürs erste Mal in der Geschichte der Menschheit die Technologie haben, um eine wissenschaftliche Antwort zu geben, ob es Leben auf anderen Planeten im Sonnensystem oder ausserhalb gibt. Das ist super aufregend!»

Wohnen auf dem Mond?

Studierende der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) und weiterer europäischer Universitäten sind gegenwärtig daran, eine Unterkunft für Menschen auf dem Mond zu entwickeln.

Im Rahmen des Projekts IglunaExterner Link sollen in einer Eishöhle bei Zermatt im Kanton Wallis Module eines Prototypen auf ihre Tauglichkeit geprüft werden.

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SRF Kulturplatz: Armstrong und Aldrin betreten den Mond

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