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Anschnallen! Die Flugreise-Emissionen heben wieder ab

Flugzeug von unten fotografiert
Alessandro Della Bella/Keystone

Nach den zweijährigen Einschränkungen im Flugverkehr aufgrund der Pandemie steigt die Nachfrage nach Flügen sprunghaft an. Viele Schweizer:innen – als Volk von Vielflieger:innen bekannt – wollen diesen Sommer in die Ferien jetten. Gefährden die CO2-Emissionen des Luftverkehrs die Klimaziele der Schweiz?

Während der Covid-19-Krise war der Genfer Flughafen gespenstisch leer. Check-in-Schalter und Gepäckbänder verstaubten, während die Flugzeuge auf dem Rollfeld geparkt blieben. Doch seit die Reisebeschränkungen aufgehoben sind, kommen die Passagiere plötzlich und zahlreich zurück.

Die Sommerferien haben noch nicht richtig begonnen, aber an diesem strahlenden Dienstagmorgen im Juni herrscht im Genfer Hauptterminal Hochbetrieb. Mit bunten Koffern beladene Trolleys bahnen sich ihren Weg.

In den langen Warteschlangen für Flüge nach Lissabon, Athen und Dubai checken gelangweilte Reisende ihr Telefon. Draussen ziehen Passagiere an ihrer Last-Minute-Zigarette.

«Alle, die ich kenne, sind am Herumreisen. Dies ist mein dritter Flug seit der ‹Rückkehr zur Normalität'», sagt Amella zwischen zwei Zigarettenzügen.

Die junge Ingenieurin aus Lausanne ist mit ihrer Mutter, ihrem Mann und ihrer Tochter auf dem Weg nach Istanbul, um den 50. Geburtstag ihrer Mutter zu feiern. «Während Corona mussten wir von zu Hause aus arbeiten, aber sobald ich konnte, habe ich wieder angefangen zu reisen», sagt sie.

Nach zwei von der Pandemie geplagten Jahren sorgen gemäss der International Air Transport Association (IATA) eine stark aufgestaute Nachfrage, die Aufhebung der Reisebeschränkungen in den meisten Märkten sowie grösser gewordene persönliche Ersparnisse für einen Wiederaufschwung.

Der Weltverband der Branche spielt die derzeitigen Schwierigkeiten der europäischen Flughäfen und Fluggesellschaften herunter. Die Personalknappheit nach der Pandemie oder die Streiks über Löhne und Arbeitsbedingungen haben die Flughäfen bei der raschen Rückkehr der Passagiere überrumpelt.

Trotz möglicher Störungen erwarten die Verantwortlichen des Genfer Flughafens, dass das Verkehrsaufkommen in diesem Sommer wieder 90% des Niveaus von 2019 erreichen wird. Der Flughafen Zürich geht von einer ähnlichen Zahl aus.

Doch mit dieser unerwartet starken Erholung und dem erneuten Aufwärtstrend stellt sich abermals die Frage, wie die Emissionen des Luftverkehrs im Rahmen des Ziels der Schweiz, bis 2050 klimaneutral zu werden, eingedämmt werden können.

Viel mehr als andere Europäer:innen lieben es die Schweizer:innen, zu fliegen. Durchschnittlich 9000 Kilometer pro Jahr und Person, schätzte das Bundesamt für Statistik im Jahr 2015.

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Amella fliegt etwa sechs Mal im Jahr, meistens in Europa. Mindestens zwei davon sind jedoch lange Interkontinentalflüge. Im Februar war sie auf Sansibar (Tansania), um zu tauchen.

Trotzdem macht sich Amella bei jedem Langstreckenflug Gedanken über die Auswirkung des Fliegens auf unseren Planeten. «Ich weiss, dass es nicht gut ist für die Umwelt, ich mache aber trotzdem weiter. Ich möchte die Welt sehen», sagt sie.

Zurück zur Normalität

Amella ist nicht die Einzige, die besorgt ist über den Co2-Ausstoss des Luftverkehrs. Die Umweltschutzorganisationen WWF und Greenpeace warnten kürzlich vor den Auswirkungen des Wiederaufschwungs der Branche.

«Ich befürchte, dass wir schnell wieder in die alte Gewohnheit zurückfallen und sogar wieder auf den vorhergehenden Wachstumspfad zurückkehren werden», sagt Georg Klingler, Klimaexperte bei Greenpeace Schweiz. «Ich höre die Leute viel öfter sagen: ‹Endlich kann ich wieder wegfahren› als: ‹Die Pandemie hat mich zum Nachdenken über das ganze System gebracht›.»

Flugreisen haben in den letzten Jahrzehnten rasant zugenommen und werden es in Zukunft auch weiterhin tun. Sie seien ein menschliches Bedürfnis, so Hansjörg Bürgi, Chefredaktor des Schweizer Luftfahrtmagazins Skynews.ch.

«In Südamerika, Afrika und Asien verdienen viele Menschen erstmals genug oder werden genug verdienen, um zu reisen und Freunde oder Familie zu besuchen. Das ist der Haupttreiber für den Flugverkehr.»

Wachsender Anteil der CO2-Emissionen aus dem Luftverkehr

Heute sind Flugzeuge für 2 bis 3% der weltweiten Kohlendioxid (CO2)-Emissionen verantwortlich. Vor der Pandemie war dieser Anteil rapide gestiegen.

Wie die Daten der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) zeigen, könnte sich der weltweite CO2-Ausstoss bis 2050 im Vergleich zu 2019 verdoppeln, weil immer mehr Menschen fliegen.

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In der Schweiz ist der Anteil des CO2-Ausstosses des Luftverkehrs bereits höher. Das Land verzeichnete im Jahr 2019 59 Millionen Flugreisende, was einer Verdoppelung der Passagierzahlen seit 2005 entspricht. Im gleichen Zeitraum (2005 bis 2019) sind die Flugemissionen um durchschnittlich 3% pro Jahr gestiegen.

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Die Schweiz verfehlt ihr Klimaziel

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Emissionen der Schweiz sind in den letzten 30 Jahren zurückgegangen, aber nicht genug, um das für 2020 gesetzte nationale Ziel zu erreichen.

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Nach den jüngsten Zahlen der Schweiz entfielen 2019 11% aller CO2-Emissionen auf nationale und internationale Flüge (zivile und militärische). Wissenschaftler:innen und die RegierungExterner Link räumen jedoch ein, dass die direkten CO2-Emissionen des Flugverkehrs mit dem Faktor drei gewichtet werden sollten, um die tatsächlichen Auswirkungen des Fliegens auf das Klima widerzuspiegeln (d. h. zusätzliche Emissionen von Stickoxiden, Schwefeldioxid, Russ und Wasserdampf).

Auf diese Weise neu berechnet, würde der Flugverkehr in und aus der Schweiz den Strassenverkehr als klimaschädlichsten Sektor ablösen (27% der Gesamtemissionen), gefolgt vom übrigen Verkehr (23%), dem Baugewerbe (18%) und der Industrie (18%).

Es gibt keine staatliche Prognose für den CO2-Ausstoss der Luftfahrt für die Zeit nach Corona. Eine Berechnung für das Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL aus dem Jahr 2015 prognostizierte für den Zeitraum 2013-2030 ein jährliches Wachstum von 3,2% bei den Fluggästen und 2,1% bei der Zahl der Flüge.

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Flugzeugkraftstoff auf lange Sicht

Der Luftverkehr ist nach wie vor eine der am schnellsten wachsenden Emissionsquellen und diejenige, die am schwierigsten zu lösen ist. Im Vorfeld der UNO-Klimagespräche in Schottland im vergangenen Jahr verpflichtete sich die Luftfahrtindustrie, bis 2050 auf Netto-Null-Emissionen zu kommen. Sie räumte aber ein, dass Wasserstoff- und Elektroflugzeuge nicht vor den 2040er-Jahren in nennenswertem Umfang eingesetzt werden könnten.

Bis dahin müssten die herkömmlichen fossilen Düsentreibstoffe durch nachhaltige Flugkraftstoffe (sustainable aviation fuel, SAF) ersetzt werden, die bis zu 80% weniger CO2-Emissionen verursachen als herkömmliche Treibstoffe und aus Biomasse (Pflanzen oder Abfällen) oder recyceltem Kohlenstoff hergestellt werden.

Die International Air Transport Association (IATA), die nach eigenen Angaben rund 290 Fluggesellschaften vertritt und auf die mehr als 83% des weltweiten Luftverkehrs entfallen, setzte sich 2009 das Ziel, die CO2-Emissionen des Luftverkehrs bis 2050 gegenüber 2005 zu halbieren.

Die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation der Vereinten Nationen (ICAO) hat 2016 eine Strategie vorgelegt, die bis 2050 eine durchschnittliche jährliche Verbesserung der Treibstoffeffizienz um 2% anstrebt. Die ICAO-Mitgliedstaaten werden sich im September 2022 treffen, um strengere Klimaziele zu diskutieren.

Anfang 2021 kündigten Vertreter:innen von europäischen Fluggesellschaften, Flughäfen, Flugzeughersteller:innenn und Flugsicherungsorganisationen eine Strategie mit dem Namen «Destination 2050» an, die bis 2050 für alle von Europa (EU, EFTA, Vereinigtes Königreich) ausgehenden Flüge Klimaneutralität anstrebt.

(Quelle: Bundesamt für Zivilluftfahrt, BAZLExterner Link)

In der Schweiz werfen Kritiker:innen der Regierung und der Industrie vor, dass es an einer klaren Strategie zur Verringerung der Luftverkehrsemissionen mangelt. Doch die Behörden sagen, dass sie viel dafür tun.

Die Schweiz nimmt am internationalen CORSIA-System zur Kompensation von Emissionen (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International AviationExterner Link) teil, obwohl die Ergebnisse bescheiden sind, wie Umweltministerin Simonetta Sommaruga im Mai vor dem Parlament erklärte.

In jüngster Zeit schlägt die Regierung im Rahmen des revidierten CO2-Gesetzes verschiedene Massnahmen zur Verringerung des CO2-Ausstosses bis 2030 vor. So etwa die Beimischungsquoten, um SAF mit herkömmlichem Düsentreibstoff zu mischen oder die Finanzierung von Forschungsarbeiten zu SAF.

Der Schweizer Luftfahrtsektor will sich auch darauf konzentrieren, Flugzeuge am Boden und in der Luft energieeffizienter zu betreiben und in Klimaschutzprojekte zu investieren.

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Philippe Thalmann, Professor für Umweltökonomie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne EPFL, bezweifelt die Wirksamkeit von Massnahmen wie Kompensationen oder treibstoffeffizienteren Flugzeugen zur Verringerung der Emissionen. Ausserdem würden alternative Treibstoffe aus Biomasse nur zusätzliche Umweltprobleme schaffen.

«Der Luftfahrtsektor beabsichtigt, seine Auswirkungen auf das Klima auf eine Weise zu verringern, die nicht mit einer Verringerung seiner Aktivitäten einhergeht», sagt er. «Ich glaube nicht an ein Minderungsprogramm, das nicht mit weniger Fliegen einhergeht.»

Teurere Flugtickets

Eine Idee, die möglicherweise zu einem Rückgang der Fluggastzahlen führen könnte, ist wieder auf dem Tisch: eine Flugticketabgabe.

Der Vorschlag war ursprünglich Teil des CO2-Gesetzes, das im Juni 2021 vom Schweizer Stimmvolk abgelehnt wurde. Aber er bleibt aktuell, sagen die Umweltgruppe «umverkehR»Externer Link und der Verkehrsclub der SchweizExterner Link (VCS), die im nächsten Frühjahr eine Volksinitiative lancieren wollen.

Ein 2021 veröffentlichtes GrundlagenpapierExterner Link besagt, dass eine differenzierte Flugticketabgabe die Zahl der Schweizer Passagiere um 21% reduzieren und gleichzeitig eine Milliarde Franken pro Jahr für klimarelevante Projekte einbringen könnte.

«Wir sollten das Risiko eingehen, darüber zu sprechen, dass das Fliegen zu billig ist und dass es immer noch indirekt über die Mehrwertsteuer und die Treibstoffsteuer subventioniert wird. Die Abschaffung dieser indirekten Subventionen ist einer der wichtigsten Schritte. Der zweite Schritt wäre eine Flugticketabgabe», sagt Klingler von Greenpeace.

Luftfahrtjournalist Bürgi bezweifelt, dass eine Schweizer Steuer funktionieren könnte: «Das Umweltproblem muss global oder zumindest auf europäischer Ebene gelöst werden. Wenn man eine Steuer auf Schweizer Flüge erhebt, werden die Leute einfach nach Mailand oder München gehen und von dort aus fliegen.»

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Theoretisch steht die Öffentlichkeit hinter dieser Idee. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass 72% der befragten Schweizer:innen eine Verteuerung der Flugtickets aus Klimagründen befürworten würden.

m Falle einer Einführung befürworten 42% der 1000 Befragten eine Abgabe von 30 Schweizer Franken für Kurzstreckenflüge und 120 Schweizer Franken für Langstreckenflüge; 50% sind mit höheren Gebühren einverstanden.

Kommt die Idee bei einer landesweiten Abstimmung durch? Das ist schwer zu sagen. Eine frühere Umfrage, die von der Mediengruppe Tamedia in Auftrag gegeben wurde, ergab, dass die meisten Schweizer:innen nicht bereit sind, mehr für die Eindämmung des Klimawandels zu zahlen.

Amella drückt ihre Zigarette aus und greift nach ihrem Pass und ihrer Bordkarte, um zu signalisieren, dass es Zeit ist, zu gehen. Sie ist für eine Steuer. «Ich denke, es ist besser, wenn die Leute weniger fliegen», sagt sie.

«Wenn ich nach Frankreich oder in Länder in der Nähe der Schweiz reise, nehme ich den Zug oder teile mir ein Auto. Ich versuche, achtsam zu sein, aber das Problem ist, dass ich einfach zu gerne reise.»

Bearbeitet von Sabrina Weiss. Übertragung aus dem Englischen: Melanie Eichenberger

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Debatte
Gastgeber/Gastgeberin Simon Bradley

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Die Lockerung der Covid-19-Beschränkungen und die aufgestaute Reisenachfrage schlagen sich in einer sehr geschäftigen Urlaubssaison nieder.

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(Übertragung aus dem Englischen: Melanie Eichenberger)

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