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Das Phantom am Rand unseres Sonnensystems

Nächtlicher Sternenhimmel über Schweizer Bergen
Ist er irgendwo da draussen, der neunte Planet unseres Sonnensystems? Oder existiert er nur in den Köpfen der Wissenschaftler? Die Antwort lässt auf sich warten. Keystone/Arno Balzarini

Himmelsgucker weltweit fahnden fieberhaft nach einem bisher unbekannten Riesenplaneten. So auch der Schweizer Astrophysiker Christoph Mordasini von der Universität Bern. Die Entdeckung wäre eine wissenschaftliche Sensation.

Woran liegt es, dass unsere Sonne in einem schiefen Winkel rotiert? Und warum kreisen einige Himmelskörper am Rand unseres Sonnensystems auf seltsamen Bahnen? Irgendetwas bringt unser Sonnensystem ins Ungleichgewicht. Doch was ist es? Einige Astronomen denken, dass ein bislang unentdeckter grosser Planet für die Störungen verantwortlich sein könnte.

Vor allem zwei sind überzeugt von dieser These: Die beiden Astrophysiker Konstantin Batygin und Mike Brown vom California Institute of Technology. 2016 schrieben sie in einem Fachartikel, dass sie Hinweise für einen neunten Planeten gefunden hätten. Sie hätten die unregelmässigen Umlaufbahnen kleiner Körper jenseits des Neptuns analysiert und dabei festgestellt, dass diese womöglich von einem grossen Planeten verursacht werden.

Astrophysiker Christoph Mordasini
Der Astrophysiker Christoph Mordasini zVg

Seither beschäftigt die Suche nach Nummer 9 Himmelsgucker auf der ganzen Welt. So auch Christoph Mordasini. Der Astrophysiker, der an der Universität Bern lehrt und forscht, ist momentan hin- und hergerissen in der Frage.

Viele Planeten in Prähistorie entdeckt

«Es ist eine grosse Kontroverse», konstatiert er. «Verschiedene Publikationen sind seit der Arbeit von Brown und Batygin erschienen. Die einen stützen sie, die anderen kritisieren sie und machen Verzerrungseffekte in den Beobachtungen für die vermeintlichen Indizien verantwortlich.»

Einen neunten Planeten zu finden wäre eine Sensation. Vor allem deshalb, weil unser Sonnensystem als sehr gut erforscht gilt. Sechs der heute bekannten acht Planeten sind bereits seit dem Altertum bekannt: Erde, Venus, Merkur, Mars, Jupiter und Saturn. Sie alle können von blossem Auge beobachtet werden, weil sie vergleichsweise nah zur Erde und Sonne liegen und deshalb viel Licht abgeben.

Der siebte Planet, Uranus, wurde erst 1781 entdeckt. Er ist schon etwas weiter weg. Noch weiter entfernt von der Sonne ist der Neptun, der 1841 gefunden wurde. 1930 folgte der bislang letzte: Pluto, der entfernteste von allen und ehemals Nummer neun. Denn im Jahr 2006 wurde Pluto zum so genannten Zwergplaneten deklassifiziert. Das hat hauptsächlich mit der Entdeckung eines Schwarms von anderen Himmelskörpern jenseits des Neptuns zu tun, die ähnliche Eigenschaften wie Pluto aufweisen.

Sowohl Pluto als auch Neptun wurden aufgrund von Bahnstörungen anderer Himmelskörper gefunden. Und Bahnstörungen geben nun auch Hinweise auf die neue Nummer neun.

Ein Eisriese ohne Leben

Doch was lässt sich über diesen Geisterplaneten überhaupt sagen? «Er hätte vermutlich keine feste Oberfläche, sondern bestünde aus Eis und Gas», sagt Mordasini, der 2016 zusammen mit Doktorandin Esther Linder eine Studie veröffentlicht hat, in der er die Beschaffenheit des hypothetischen Planeten beschreibt. «Deshalb gäbe es dort wahrscheinlich auch kein Leben. Man schätzt zudem, dass er rund viermal den Durchmesser der Erde und fast zehnmal deren Masse hätte.»

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht «Die Wahrscheinlichkeit, auf diesen Planeten Leben zu finden, ist grösser als auf dem Mars», sagte der französische Astrophysiker Amaury TriaudExterner Link – der an der Genfer Sternwarte doktorierte und inzwischen in Cambridge arbeitet – gegenüber dem französischsprachigen Schweizer Fernsehen RTS. Sein Schweizer Kollege Didier QuélozExterner Link, der ebenfalls an der Universität Cambridge arbeitet, widerspricht ihm…

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Planet neun wäre sehr weit von Erde und Sonne entfernt, noch viel weiter als Neptun und Pluto. «Wenn der Abstand Erde-Sonne einen Meter betrüge, dann wäre Planet Neun rund 600 Meter von der Erde entfernt.»

Die Suche nach Planet neun wird bald ein Ergebnis liefern, davon ist der Astrophysiker überzeugt. «In spätestens fünf bis zehn Jahren wissen wir, ob es ihn gibt oder nicht.» Das hat einen naheliegenden Grund: Teleskope werden immer leistungsfähiger. «Wenn er so gross ist, wie wir denken, dann sollte er mit zukünftigen Teleskopen eindeutig detektierbar sein», erklärt Mordasini.

«In der Astronomie rechnen wir in Magnituden.» Das Mass gibt an, wie hell ein Himmelskörper von der Erde aus erscheint. «Planet neun hätte eine Magnitude von etwa 24, aktuelle Teleskope, die ihn finden könnten, schaffen jedoch nur etwa 22», sagt er.

Nebst der Lichtempfindlichkeit ist vor allem das Gesichtsfeld des Teleskops von Bedeutung, also der Ausschnitt des Himmels, den es aufzeichnen kann. «Es besteht die Chance, dass er mit dem Subaru-Teleskop auf Hawaii gefunden wird. 2022 wird zudem das Large Synoptic Survey Telescope in Chile seinen Betrieb aufnehmen. Dieses schafft Magnitude 26 und hat ein aussergewöhnlich grosses Gesichtsfeld.»

Wohl kein zehnter Planet

Bei neun wäre dann aber wohl Schluss. «Ich denke nicht, dass da noch weitere kommen würden», sagt Mordasini. «Planeten noch weiter draussen wären nur sehr schwach gravitativ an die Sonne gebunden und würden mit der Zeit verlorengehen.»

Bleibt nur noch eine Frage zu klären, und zwar die des Namens. Wie würde der neue und wohl letzte Planet in unserem Sonnensystem heissen? «Die bisherigen sind alle nach römischen Göttern benannt worden», sagt Mordasini.

«Die Internationale Astronomische Union, welchde die Namensgebung des Kosmos streng regelt, hat sich bisher nicht geäussert, da es eigentlich nicht vorgesehen ist, dass im Sonnensystem nochmals ein grosser Planet entdeckt wird. Also bleibt abzuwarten, doch es erscheint wahrscheinlich, dass man sich wieder sich auf alte Mythen beziehen würde.»

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