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Der erste Schweizer Satellit ist im All

Keystone

Am Mittwochmorgen um halb neun Schweizer Zeit war es soweit: SwissCube hob mit einer indischen Trägerrakete von der Erde ab. Damit hat die Schweiz ihren ersten selbstentwickelten Satelliten im Weltraum.

Einen Satelliten zu bauen, ist eine Sache. Eine andere ist es, eine Rakete zu finden, die ihn ins All trägt.

Im Falle von SwissCube, dem ersten ganz in der Schweiz entwickelten und gebauten Flugkörper, vertrauten die Schweizer Forscher auf die knapp 45 Meter hohe indische Trägerrakete PSLV. Das Kürzel steht für Polar Satellite Launch Vehicle.

«Ich habe vollstes Vertrauen», sagte Muriel Noca wenige Tage vor dem Start.

Sie leitet im Space Center der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) das Projektteam junger Studierender, das den ersten völlig schweizerischen Satelliten entworfen und gebaut hat.

Indien gut auf Kurs

Die indischen Ingenieure hätten die Zuverlässigkeit ihres Raketenprogramms in den letzten 30 Jahren stark erhöht, sagt Noca, die zuvor beim prestigeträchtigen Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien, gearbeitet hatte. Aus diesem Laboratorium stammt das Meiste, das die US-Raumfahrtbehörde NASA ins All befördert.

«Die Inder haben ein hervorragendes Weltraumprogramm», lobt Noca gegenüber swissinfo.ch. Am Anfang sei der Aufbau von Dienstleistungen für die Bevölkerung im Vordergrund gestanden. «Mit ihren gesammelten Erfahrungen und den Mondmissionen haben sich die Inder jetzt auch der Forschung geöffnet», so die Schweizer Programmleiterin.

Die indischen Wissenschafter hätten bescheiden begonnen, ihre Technologie Schritt für Schritt weiterentwickelt und verfügten heute mit der PSLV über eine sehr gute Trägerrakete. «Sie haben sogar zwei Typen, während wir in Europa erst über einen verfügen.»

Vega am Boden

Genau da liegt der Grund, weshalb der kleine Schweizer Weltraumwürfel so lange warten musste, bis er seine Mission antreten konnte.

Im Juni letzten Jahres gehörte der Schweizer CubeSat, ein kleiner Satellitenwürfel mit einer Kantenlänge von nur zehn Zentimetern und einem Kilo Gewicht, zur vorgesehenen Fracht der neuen europäischen Weltraumrakete Vega.

Der kleine Träger, eine hauptsächlich italienische Entwicklung mit Schweizer Beteiligung, verfügt über eine Nutzlast von zwei Tonnen. Ihre Fracht soll Vega in einer Höhe zwischen 200 und 1500 Kilometern im All aussetzen.

Die Vega-Rakete ist deutlich weniger potent als die aktuelle Ariane, gleichzeitig aber um ein Vielfaches wirtschaftlicher. Damit zielen die Italiener auf einen Markt mit riesigem Potenzial.

Aber das Vega-Programm ist arg im Rückstand. Die Europäische Weltraumbehörde (ESA) hatte im Dezember 2008 den ersten Start um mindestens ein Jahr verschoben. Heute spricht man von 2010 als frühestem Termin.

USA mit Eigengoal

Und wo stehen die USA in diesem Wettbewerb? Ihnen gereicht zum Nachteil, dass jegliche Ein- und Ausfuhr von Raumfahrttechnologie dem restriktiven Internationalen Abkommen zur Regulierung des Waffenhandels (Itar) unterliegt. Dieses Abkommen taxiert so ziemlich alles, was fliegt, als potenzielle Objekte für militärischen Gebrauch.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 legte die Regierung Bush nicht nur Wert auf eine strikte Umsetzung der Regulierung, sondern auch auf ihre Verschärfung.

«Dies hat die Zusammenarbeit mit den USA massiv verlangsamt», klagt Muriel Noca. «Selbst unsere US-Studienkollegen durften uns nicht mehr sagen, wie sie ihre CubeSats ausrüsten.»

Als Quittung dafür sehen sich die US-Techniker jetzt isoliert. «Ihr Land hat sich dermassen abgeschottet, dass es für uns Schweizer Wissenschafter schier unmöglich geworden ist, einen unserer Satelliten von einer US-Trägerrakete ins All schiessen zu lassen», sagt die SwissCube-Projektleiterin.

Rückschlag auch für Russen

Bleiben noch die Russen, deren Technologie nach wie vor zu den zuverlässigsten der Welt gehört. Bis im Juli 2006, als eine neue Rakete des Typs Dnjepr explodierte.

Das Unglück, bei dem 14 CubeSats-Minisatelliten zerstört wurden, bedeutete einen empfindlichen Rückschlag für das Programm.

Zum Glück kamen in dieser misslichen Situation ehemalige holländische Studenten auf die Idee, eine Firma zu gründen, deren Zweck es ist, in Raketen Platz zum Transport der kleinen Satellitenwürfel zu vermitteln.

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ETHZ/EPFL

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Schweiz hat zwei technische Hochschulen, die ETHZ in Zürich, die 2005 ihr 150 jähriges Bestehen feiern konnte, und die EPFL in Lausanne, die 1853 als Privatschule gegründet wurde und 1969 nach der Trennung von der Universität Lausanne eine Eidgenössische Hochschule wurde. Beide Hochschulen gelten als führende Institutionen in Wissenschaft und Technologie und werden direkt…

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«Sie haben Weltraumfracht – wir buchen für sie»

«Das bedeutet für uns eine grosse Erleichterung, denn wir brauchen uns nur noch an sie zu wenden», erklärt Noca. «Sie waren es, die uns die Inder vorschlugen. Ursprünglich war Januar 2009 geplant, doch dann verzögerten Probleme mit dem Hauptsatelliten den Fahrplan.»

SwissCube flog also mit Oceansat ins All. Der indische Satellit, mit einer Tonne Gewicht ein wahres «Monster» im Vergleich zum kleinen Schweizer Würfel, soll helfen, in den Ozeanen Fischschwärme aufzuspüren.

Im August hatte sich Muriel Noca auf Satish Dhawan begeben, eine Weltraumbasis, die rund 100 Kilometer nördlich der Stadt Chennai (früher Madras) am indischen Ozean liegt.

Den Start von Mittwoch aber verfolgten Noca und ihre Studenten von Lausanne aus. Das gemeinsame Daumendrücken hat auch über die Distanz gewirkt.

Marc-André Miserez, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Französischen: Renat Künzi)

Nachwuchs: Die Idee zu den CubeSats als «Studenten-Satelliten» entstand an zwei kalifornischen Universitäten. Mit dem Programm sollen Hochschulen die Möglichkeit haben, sich an der Eroberung des Alls zu beteiligen. Der erste «Milchpack» flog 2001 in den Weltraum.

Global: Bisher haben 80 Universitäten CubeSats entwickelt, 25 davon in Europa. Jährlich treffen sich die entwickelnden Studenten zu einem Erfahrungsaustausch.

Mini: SwissCube, die Schweizer Version des CubeSats, wiegt weniger als ein Beutel Milch, nämlich 820 Gramm.

Öffentlich-Privat: An der Entwicklung von SwissCube waren mehr als 180 Studenten der ETH Lausanne, der Uni Neuenburg sowie von fünf Fachhochschulen beteiligt. Ebenso Unternehmen aus dem Bereich Weltraumtechnik.

Hightech: Der kleine Satellit ist aus fast 1000 Einzelteilen gebaut. Dazu zählen ein Mini-Teleskop, 16 elektronische Karten, 357 Drahtverbindungen und über 700 Lötstellen.

Mission: SwissCube fliegt in einer Höhe von 400 bis 1000 Kilometern durch das All. Eine Erdumrundung dauert 90 Minuten. Aufgabe ist es, das Phänomen des Nachthimmel-Leuchtens zu beobachten. Dieses so genannte Airglow tritt in einer Höhe von rund 100 Kilometern über der Erde auf.

Die Mission SwissCube kostet insgesamt rund 500’000 Franken.

Davon entfallen 75’000 Franken auf den Transport mit der indischen Trägerrakete.

In die Kosten teilen sich die Hochschulen, die Industrie, der Bund sowie die Loterie Romande.

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