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Warum die Gletscherschmelze uns alle betrifft

Eine Decke hält die Gletscher kühl

Schutzplanen auf dem Rhonegletscher im Wallis.
Eine Kunstinstallation von Christo und Jeanne-Claude? Nein, Schutzplanen für den Rhonegletscher im Wallis. Keystone / Urs Flueeler

Um alpine Gletscher vor dem Abschmelzen zu schützen, werden zunehmend Schutzdecken eingesetzt. Sind sie wirklich effektiv? Und was kosten sie?

Das Ritual wiederholt sich jedes Jahr an verschiedenen Orten in den Alpen: Im späten Frühjahr werden weisse Tücher über diverse Gletscher gelegt, um deren Abschmelzen in den wärmeren Monaten zu verringern. Im Herbst dann wird die Abdeckung wieder entfernt.

Da sich der Rückzug der Alpengletscher beschleunigt – es wird sogar vorhergesagt, dass die Eisflächen bis zum Ende des Jahrhunderts fast vollständig verschwinden könnten -, stossen Lösungen, die den Schmelzprozess verlangsamen, auf zunehmendes Interesse. Gletscher sind mehr als ein fester Bestandteil der schweizerischen Identität und ein Symbol der alpinen Landschaft. Sie sind auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Skigebiete und den Tourismus im Allgemeinen sowie eine wesentliche Wasserressource.

Eine Ende Januar veröffentlichte StudieExterner Link von Schweizer Forschenden bewertet erstmals die Kosten und die Effektivität sogenannter Geotextilien, die auf Schweizer Gletschern eingesetzt werden, anhand von zehnjährigen Beobachtungen.

Geotextilien und Sägemehl

Üblicherweise bestehen Geotextilien aus Polyester- und Polypropylenfasern und sind 3 bis 4 Millimeter dick. Über den Gletscher gelegt reflektieren sie das Sonnenlicht und schützen die darunter liegende Schnee- und Eisschicht vor Hitze und ultravioletter Strahlung. Als Alternative zu Planen werden auch Sägemehl und Holzspäne als Wärmeschutz verwendet.

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Fläche hat sich seit 2012 verdoppelt

Im Jahr 2004 wurden die ersten Stoffbahnen in den Schweizer Alpen verlegt. Sie werden derzeit an neun Standorten eingesetzt, unter anderem auf dem Rhonegletscher im Wallis. Dort sollen die Decken den Zugang zu einer künstlichen Eishöhle erhalten, einer wichtigen Touristenattraktionen.

Insgesamt bedecken die Textilien rund 180’000 Quadratmeter und damit 0,02% der Fläche der Schweizer Gletscher. Das entspricht in etwa der Grösse von 25 Fussballfeldern. Seit 2012 hat sich die Fläche der künstlich bedeckten Schweizer Gletscher verdoppelt.

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Die Schweiz ist nicht das einzige Land, das seine Gletscher auf diese Weise schützen will. Ähnliche Beläge werden auch in verschiedenen Skigebieten in Italien, Frankreich, Österreich und Deutschland verwendet. Auf dem Presenagletscher in Trentino-Südtirol hat sich die abgedeckte Fläche in etwas mehr als einem Jahrzehnt von 20’000 auf 100’000 Quadratmeter vergrössert.

Erst eine «unbedeutende» Menge wird konserviert

Verschiedene Studien hätten gezeigt, dass Geotextilbahnen die Schnee- und Eisschmelze um 50 bis 70% reduzieren können, schreiben die Schweizer Forscher.

Die Menge an Eis, die in der Schweiz dank künstlicher Abdeckung jährlich gerettet wird, hat seit 2005 deutlich zugenommen, stellen sie fest. Im Jahr 2019 wurde ein Volumen von mehr als 300’000 Kubikmetern konserviert. Sie weisen jedoch auch darauf hin, dass dies eine «unbedeutende» Menge sei (0,03 %) im Vergleich zu dem Eis, das jedes Jahr in der Schweiz schmilzt.

Eine Milliarde Franken pro Jahr

Einen Kubikmeter Eis mit Stoffbahnen vor dem Schmelzen zu schützen, koste zwischen 60 Rappen und 8 Franken, schätzt die Studie. Die Kosten hängen von der Art der Abdeckung und ihrer Lage auf dem Gletscher ab. Auf 700’000 bis 900’000 Franken schätzen die Forscher die Auslagen, die allein 2019 getätigt wurden, um das Abschmelzen der Gletscher in den Schweizer Alpen künstlich zu verhindern.

Obwohl lokale Eingriffe effektiv und profitabel sein könnten, sei eine grossflächige Anwendung «weder machbar noch kosteneffektiv», so die Studie. Um alle Schweizer Gletscher abzudecken, wäre mindestens eine Milliarde Franken pro Jahr nötig, schätzt Matthias Huss, Glaziologe und Mitautor der Studie. Und selbst das würde  den Rückzug der Gletscher nicht aufhalten und hätte zudem extreme Auswirkungen auf die Umwelt, schreibt Huss auf Twitter.

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