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Schweizer Solar-Hightech dockt in den USA an

Die PlanetSolar passiert die New Yorker Freiheitsstatue. AFP

Zwei solargetriebene Hightech-Vehikel aus der Schweiz waren jüngst auf Tour in den USA. Ihre Mission: Der amerikanischen Öffentlichkeit das Potenzial erneuerbarer Energien vor Augen zu führen. Es ging aber auch um die Suche nach weiteren Sponsoren.

Die ultraleichte Solar Impulse, die rein mit Solarenergie fliegt, hat ihren Überflug über die USA trotz eines Risses in einer Tragfläche erfolgreich abgeschlossen.

Aber auch auf dem Wasser war in Sachen Solarenergie viel los: Die MS Tûranor PlanetSolar, ein Katamaran, der ausschliesslich auf der Basis der photovoltaischen Energie betrieben wird, machte im Rahmen ihrer Forschungsfahrt rund um den Globus in drei Häfen der US-Ostküste Station.

Die USA seien die richtige Destination, um solchen Projekten Aufmerksamkeit und Profil zu verleihen, sagt Rolf Wüstenhagen, Professor für das Management erneuerbarer Energien an der Universität St. Gallen.

«Die Projekte stehen für Hightech, versehen mit einer Dosis Abenteuer, eine Mischung, welche die Menschen in den USA anzieht», so Wüstenhagen gegenüber swissinfo.ch. Auch entsprächen sie sehr gut der Macher-Mentalität, die Europäer an den USA bewunderten.

Die Herausforderung aber sei, die Leute davon zu überzeugen, dass es sich dabei nicht um Hightech-Spielzeug handle, sondern um relevante Träger für künftige Transport- oder Energie-Optionen.

«In den USA braucht es mehr, um die Menschen davon zu überzeugen als in Europa, wo man viele Solarpanels und Windturbinen sieht. In den USA gibt es noch weite Landstriche, in denen hauptsächlich fossile Brennstoffe dominieren», erklärt der St. Galler Experte. 

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Jahr nicht verloren, sondern gewonnen

Für die Solar Impulse erwies sich die USA-Überquerung als Glücksfall. Dabei hatte das Team zuvor die Umrundung der Erde aus technischen Gründen um ein Jahr verschieben müssen.

«Aber statt dem verlorenen Jahr nachzutrauern, haben wir eines gewonnen, denn wir entschieden uns, mit der ersten Version des Flugzeugs in die USA zu kommen», sagt André Borschberg, Pilot und Chef von Solar Impulse, gegenüber swissinfo.ch.

Die zweite Ausführung, die gegenwärtig in der Schweiz zusammengebaut wird, startet 2015 zu ihrem Flug um die Welt.

Das ultraleichte Solarflugzeug wurde 2009 in Zürich vorgestellt. Das Kind von Flugpionier Bertrand Piccard absolvierte 2010 den ersten Nachtflug in der Geschichte der solargetriebenen Luftfahrt.

Mit 63 Metern entspricht die Spannweite jener eines Airbus A340. An Bord hat es nur Platz für den Piloten.

2010 flog die Solar Impulse über die Schweiz, 2012 über das Mittelmeer und jetzt über die USA.

2015 soll die zweite Evolutionsstufe zur Umrundung der Welt aufbrechen.

Viel Begeisterung

Borschberg und Partner Bertrand Piccard flogen von San Francisco nach New York. In Phoenix, Dallas, St Louis, Cincinnati und Washington DC machten sie Zwischenstation.

«Es war interessant, die Reaktionen der Menschen hier zu sehen, die Aufregung und das Interesse waren grösser als anderswo. Die Amerikaner haben diese Fähigkeit, sich für neue Projekte, Ideen und Pioniere zu begeistern – es war sehr eindrücklich.»

Weiter streicht Borschberg den Nutzen der grossen Beachtung durch die US-Medien heraus. «Viele Projekte mit Pioniercharakter wurden hier entwickelt oder realisiert – die USA gehören immer noch mit zu den besten Orten, um etwas Neues zu lancieren. Hier erzielt man die grösste Resonanz.»

Der Katamaran ist mit 35 Metern Länge das grösste Solarschiff der Welt. Die Solarpanels sind 516 Quadratmeter gross. Die Erdumrundung dauerte 19 Monate und endete im Mai letzten Jahres in Monaco.

Gegenwärtig ist die Crew mit Forschungen über die Effekte der Klimaerwärmung auf die Ozeane beschäftigt.

Dem Golfstrom folgend, legte das Boot in diesem Frühling und Sommer in Miami, New York und Boston an. Auf dem Rückweg nach Europa macht es einen Abstecher in den hohen Norden.

Sonne und Meer 

Auch die MS Tûranor PlanetSolar erhielt einen grossen Empfang, als sie an der US-Ostküste in Miami, New York und Boston anlegte. «Die Reaktionen waren sehr enthusiastisch. Ich hörte viele Ausrufe wie ‹Wow, was für ein schönes Schiff›, und ‹was für eine Überraschung, dass es nur mit Solarenergie fahren kann'», freut sich CEO Pascal Goulpié gegenüber swissinfo.ch.

In Zusammenarbeit mit der Universität Genf erforscht die PlanetSolar die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf den Golfstrom. Dabei hat die Crew letztes Jahr erstmals in der Geschichte der Seefahrt die Erdkugel mit einem Solarboot umrundet.

Das Institut Swissnex Boston, gewissermassen das Konsulat zur Förderung der Schweizer Wissenschaften, führte im Juni eine Reihe von Veranstaltungen durch, um die Mission der PlanetSolar vorzustellen.

«Wir organisierten mit der Woods Hole Oceanographic Institution eine wissenschaftliche Konferenz, an der Klimaforscher und Meeresbiologen aus beiden Ländern teilnahmen und Kontakte knüpfen konnten», sagt Sebastien Hug von Swissnex Boston. Zudem sei auch der Ruf von Genf als führende Universität gefestigt worden.

Innovationen aus anderen Ländern sind gemäss Hug in den USA stets willkommen. Jüngst veranstaltete das Wissenschafts-Netzwerk einen Wettbewerb, an dem 20 Schweizer je eine Minute Zeit hatten, ihr Unternehmen vorzustellen. Der Swissnex-Anlass zog 300 Besucher an. «Die Amerikaner sind generell sehr an Innovationen und Technologien aus Europa interessiert», so Hug. 

Potenzieller Nutzen 

Wie aber sieht es bei den beiden Schweizer Solar-Unternehmen hinsichtlich der Gewinnung neuer Partner und/oder Geldgeber aus?

«Unser Budget für dieses Jahr steht, so dass wir nicht aktiv nach neuen Quellen suchen», sagt Goulpié von PlanetSolar. «Aber wir erhalten Anfragen zur Entwicklung neuer Aktivitäten, etwa Hospitality-Events auf dem Boot. Das scheint uns sehr vielversprechend.» Damit sind Empfänge für Gäste gemeint, etwa von Unternehmen. Die MS Tûranor PlanetSolar kann bis 20 Passagiere für eine kurze Kreuzfahrt an Bord nehmen.

Auch die Solarflieger hoffen auf den Abschluss neuer Verträge. «Wir hatten einige sehr interessante Diskussionen, die hoffentlich zu etwas Konkretem führen werden», sagt André Borschberg. Er schätzt, dass sich ein paar interessante Partnerschaften anbahnen könnten, «nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern analog jenen mit europäischen Partnern, also zusammen zu arbeiten, um unser Ziel gemeinsam zu erreichen».

Zu guter Letzt könnten alle von innovativen Veränderungen profitieren. «Schaue ich die Möglichkeiten an, die letztendlich den Unterschied ausmachen, dann scheinen die USA der logische Platz dafür, denn ihre Wirtschaft stösst weltweit am meisten umweltschädigendes CO2 aus», sagt Rolf Wüstenhagen.

Gleichzeitig finde eine spannende politische Debatte statt, in der Präsident Obama nach griffigeren Lösungen für die Klima-Herausforderung strebe. «Vielleicht sind die beiden Schweizer Projekte zwei kleine Beiträge, dieser Politik zum Durchbruch zu verhelfen», hofft Wüstenhagen.

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