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Die Schweiz als Ideenlabor für den Roboter von morgen

Und wenn ein Roboter Sie operieren würde?

Sara Ibrahim

Die Medizinaltechnik macht grosse Fortschritte: Von halbautonomen "Roboterchirurgen" bis hin zu biotechnologisch hergestelltem Hautgewebe kommen einige der vielversprechendsten Innovationen aus dem "Silicon Valley der Robotik": der Schweiz.

«Die robotergestützte Chirurgie ist die Zukunft der Chirurgie. Es gibt keine Alternative», sagte Philippe Morel, Chirurg und Pionier der medizinischen Robotik in der Schweiz, vor sechs Jahren. Bereits 2010 hatte er an einem der Genfer Universitätsspitäler (HUG) die erste Magenbypass-Operation mit einem US-amerikanischen robotergestützten Operationssystem durchgeführt, dem Da Vinci Surgical SystemExterner Link.

Seitdem hat die Technologie grosse Fortschritte gemacht und markiert einen Wendepunkt in der Medizin, besonders in bestimmten Bereichen. Im Bereich der Urologie beispielsweise werden heute Operationen bei Prostata-, Nieren- und sogar Blasenkrebs zunehmend mit Hilfe des Da-Vinci-Roboters durchgeführt. Seit 2015 haben sich mehr als 22 Zentren in der SchweizExterner Link mit dieser Technologie ausgestattet.

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Die heutigen Roboter sind nicht nur in der Lage, komplexe Operationen durchzuführen, sondern auch das medizinische Personal im Operationssaal zu unterstützen. Die Berner Kliniken Permanence und SalemExterner Link waren die ersten in der Schweiz, die den ebenfalls in den USA hergestellten Mako-RoboterarmExterner Link einsetzten, um den Chirurginnen und Chirurgen die Implantation von Total- oder Teilprothesen, beispielsweise von Knie- oder Hüftprothesen, mit noch nie dagewesener Präzision zu ermöglichen.

Die nächste Herausforderung besteht darin, chirurgische Roboter autonom zu machen und dabei viele der Technologien einzusetzen, die für autonome Autos und Drohnen verwendet werden.

Obwohl wir noch weit vom alltäglichen Einsatz automatisierter «Roboterchirurgen» entfernt sind, werden in diesem Bereich immer grössere Fortschritte gemacht, berichtet die New York Times in einem aktuellen Artikel zum ThemaExterner Link.

Was halten Sie vom Einsatz von Robotern im medizinischen Bereich? Schüren sie Vertrauen oder Misstrauen? Teilen Sie mir Ihre Meinung mit!

Laser-Roboter
Der Roboter «MIRACLE» zielt auf die Entwicklung eines Roboterendoskops ab, mit dem Knochenoperationen ohne Kontakt mit Laserlicht und auf minimalinvasive Weise durchgeführt werden sollen. Das von der Werner-Siemens-Stiftung mit 15,2 Millionen Franken geförderte Forschungsprojekt wird vom Departement für Biomedizinische Technik der Universität Basel durchgeführt. Werner Siemens‐Stiftung, Frank Brüderli.

Das «Silicon Valley der Robotik»

Die Schweiz war kürzlich Gastgeberin einer Konferenz über medizinische Anwendungen der Robotik, der Medical Robotics WeekExterner Link. Sie habe damit ihre Führungsrolle in diesem Bereich unter Beweis gestellt, sagt Georg Rauter, Professor für Biomedizintechnik an der Universität Basel und Initiator der Veranstaltung.

Wir haben ihn im Rahmen unserer Zusammenarbeit mit dem NCCR RoboticsExterner Link getroffen, um mehr über die Fortschritte in der Medizinaltechnik zu erfahren.

Mann
Georg Rauter, Professor für Biomedizintechnik an der Universität Basel.

swissinfo.ch: Wo steht die Schweiz im Bereich der Forschung und Innovation in der medizinischen Robotik?

Georg Rauter: Die Schweiz ist führend im Bereich der Robotik und Medizinrobotik und kann einzigartige Technologien realisieren.

Aus diesem Grund wird sie auch das «Silicon Valley der Robotik» genannt. Schweizer Unternehmen verfolgen die Innovation nicht nur, sie gestalten sie aktiv.

Was sind die vielversprechendsten Robotertechnologien der Zukunft im medizinischen Bereich? Und welche Schweizer Unternehmen haben die Nase vorn?

Die chirurgische Robotik, zu der auch optische und Lasersysteme gehören, ist sicherlich sehr vielversprechend. Teilautonome chirurgische Präzisionsgeräte scheinen direkt aus einem Science-Fiction-Film zu stammen. Eine hohe Präzision ist jedoch bei der Telechirurgie [die von einer Chirurgin oder einem Chirurgen aus der Ferne durchgeführt wird] schwer zu erreichen.

Deshalb gehen wir davon aus, dass in den kommenden Jahren halbautonome und minimalinvasive Verfahren, die von Robotern durchgeführt werden, auf dem Markt verfügbar sein werden.

Schweizer Unternehmen haben den Weg für die teilautonome Chirurgie geebnet. Darunter etwa Cascination mit ihrem «HEARO»-RoboterExterner Link, dem weltweit ersten Roboter, der sich auf Cochlea-Implantate zur Wiederherstellung des Gehörs spezialisiert hat. Oder AOT mit «CARLO»Externer Link, dem ersten Laser, der Knochen durchtrennen kann.

Die nächste Phase der robotergestützten Chirurgie wird nun agile, intelligente und minimalinvasive Verfahren umfassen, die eine hochpräzise Chirurgie ermöglichen.

Was sollten Patientinnen und Patienten von der Robotik in der Medizin erwarten? Eine individuellere und präzisere Gesundheitsversorgung – oder eine schnellere und effizientere?

Auf jeden Fall mehr Sicherheit und eine präzisere und individuellere Leistung. Eine grosse Errungenschaft der chirurgischen Robotik wird die Personalisierung von Behandlung, Training und Operationen sein.

Die Ausführung geplanter Verfahren durch Roboter wird die Kluft zwischen der digitalen und der physischen Welt überbrücken. Dies wird sich in gesundheitlichen Notfällen als sehr nützlich erweisen – wie die Covid-19-Pandemie gezeigt hat – und den Einsatz von Robotern beschleunigen.

Die Beschleunigung von Eingriffen und die Steigerung der Effizienz sind dagegen weniger wichtig, wenn die Sicherheit der Patientinnen und Patienten auf dem Spiel steht oder durch personalisierte Präzisionsmedizin eine raschere Heilung erreicht werden kann.

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Was sind die Grenzen dieser Technologie?

Datensicherheit ist ein grosses Thema, namentlich in der medizinischen Robotik. Im Internet der Dinge können Hackerangriffe besonders gefährlich sein. Im Gegensatz zu anderen Geräten kann ein Cyberangriff auf einen Roboter sehr ernste Folgen in der realen Welt haben.

Im medizinischen Bereich könnte ein Roboter, der nicht das tut, wofür er programmiert wurde, Leben gefährden oder jemanden verletzen. Deshalb müssen Krankenhäuser ihre IT-Systeme autark betreiben, und ihre Roboter sind nicht mit dem Internet verbunden.

Können wir in Zukunft mit völlig autonomen «Roboterchirurgen» rechnen? Welches sind die Gefahren und Chancen?

Ich halte dies nicht für ein mögliches Szenario in den nächsten zwanzig Jahren. Ethik, Patientenakzeptanz, regulatorische und rechtliche Aspekte sind noch nicht reif für autonome Operationen.

Der Mensch ist besonders gut darin, in schwierigen Situationen viele Aspekte zu erfassen. Derzeit verfügen die Roboter im Operationssaal nicht über so viele Wahrnehmungskanäle.

KI-basierte Entscheid-Algorithmen sind gut darin, die Daten zu beurteilen, die sie bereits analysiert haben. Aber was würde ein Algorithmus tun, wenn er sich mit unvollständigen oder völlig anderen Informationen konfrontiert sieht als mit denen, für die er trainiert wurde? Menschen würden zumindest ethisch handeln, auch wenn die Entscheidung vielleicht nicht die beste ist.

Neue Haut, neues Leben

Über die Robotik hinaus gibt es viele weitere medizinische Spitzentechnologien, die unser Leben zu revolutionieren versprechen. Einige davon tragen das Label «Made in Switzerland». Zum Beispiel das Schweizer Startup-Unternehmen «CUTISS», das letzte Woche eine Maschine vorgestellt hat, die in der Lage ist, Hautgewebe zu «reproduzieren».

Mein Kollege Marc-André Miserez berichtete in einem Artikel über diese aussergewöhnliche Erfindung, die Millionen von Brandopfern auf der ganzen Welt Hoffnung geben könnte. Laut Marc-André ist dies ein Novum auf dem Gebiet der Hauttransplantation, wie er mir sagte:

Aus einer kleinen, der Patientin oder dem Patienten entnommenen Probe kann eine neue Maschine eine bis zu 100-mal grössere Fläche eines «biotechnologisch hergestellten Hautgewebe-Äquivalents» erzeugen, das perfekt mit der Haut der Spenderin oder dem Spender kompatibel ist.

Die Technik ist seit 20 Jahren Gegenstand der Forschung am Universitäts-Kinderspital Zürich. Jetzt wurde die neue Haut mit dem Namen «denovoSkin» von den Arzneimittelbehörden der Schweiz, der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten zugelassen und ist in die zweite Phase der klinischen Versuche eingetreten.

Der grosse Durchbruch ist jedoch die Maschine, die den Übergang von der teuren Laborkultur zur Massenproduktion mit minimalem menschlichen Einsatz ermöglicht. Nach Abschluss der dritten Versuchsphase könnte das Produkt 2023 auf den Markt kommen.

Obwohl viele Neugründungen durch die Coronavirus-Pandemie geschwächt wurden, haben Erfindungsreichtum und der Wunsch nach Fortschritt nicht nachgelassen. In diesem Artikel beschreibt mein Kollege Armando Mombelli fünf preisgekrönte Schweizer Startups, welche die Welt verändern könnten. «CUTISS» ist eines davon:

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