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Kleine Unternehmen, grosse Innovationen: Schweizer Startups

Auf der Suche nach dem Käse der Zukunft

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Pascale Amez

Ein Startup im Emmental stellt Joghurt, Käse und sogar Fondue aus Cashewnüssen her. Unsere Reporterin und Neo-Veganerin Sara Ibrahim hat die Produkte getestet.

Der Gedanke an die schädlichen Auswirkungen von Milchprodukten auf unsere Umwelt verfolgt mich schon seit langem. Im Gegensatz zu Fleisch habe ich es nicht geschafft, Milchprodukte vollständig aus meiner neuen, halb-veganen ErnährungExterner Link zu verbannen.

Es ist klar, dass Kühe und ihre Abfälle zum Klimawandel und zur Wasserverschmutzung beitragen. Die Tiere sind für 56% der TreibhausgasemissionenExterner Link verantwortlich, und wenn ihre Milchproduktion nachlässt, werden sie geschlachtet, was ebenfalls einen grossen ökologischen Fussabdruck hinterlässt. Aber wie könnte ich eine Pizza ohne Mozzarella essen?

Natürlich mangelt es heutzutage nicht an Alternativen: 17% des Schweizer Milchumsatzes entfallen auf pflanzliche Produkte, auch wenn sie nur einen Anteil von 3,3% (119 Mio. CHF) am Gesamtumsatz mit Milchprodukten erreichen. Dennoch ist der Schweizer Markt für pflanzliche Milchprodukte nach Deutschland und Spanien einer der am schnellsten wachsenden in Europa.

Schweizer:innen lieben Milcherzeugnisse

Milchprodukte sind ein zentraler Bestandteil der Ernährung von Schweizer:innen. Die Bevölkerung bezieht 19,3%Externer Link ihres täglichen Eiweisses Milch, Joghurt und vor allem Käse. Im Jahr 2020 konsumierte jede:r Einwohner:in über 238 Kilogramm Milchprodukte. Zum Vergleich: In Frankreich, der eigentlichen Heimat des Käses, sind es 126 kg.

Ich möchte keine Illusionen wecken: Pflanzliche Käsesorten schmecken anders. Ich habe einmal veganen Pecorino gegessen, der mit Kartoffelstärke und Kichererbsen hergestellt wurde. Zu sagen, dass ich den Geschmack eklig fand, ist eine Untertreibung – ganz zu schweigen vom Geruch.

Aber ich habe auch angenehme Erfahrungen gemacht: In vielen Biosupermärkten gibt es Streichkäse, der nicht nur lecker und tierversuchsfrei ist, sondern auch viel gesundes Sojaprotein enthält. Auch aus Kokosnuss und Mandeln werden schmackhafte Käse und Joghurts hergestellt.

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Käse-Feinschmecker im Emmental

Seit ein paar Jahren gibt es in der Schweiz auch Produkte auf Cashewnussbasis. Ich entdeckte sie auf meiner Suche nach neuen Geschmacksrichtungen. Ich fing mit Joghurt an und ging danach zu «Brie», «Ziegenkäse» und «Fondue» über. Das Aussehen und die Textur sind den Milchprodukten, die sie imitieren sollen, verblüffend ähnlich.

Nach kurzer Internetrecherche stellte ich fest, dass das Startup namens New Roots, das viele dieser Produkte herstellt, in meiner Nähe beheimatet ist: Im Emmental, wo der berühmte Käse mit den Löchern seine Wurzeln hat. Ich vermutete, dass eine Gruppe von Käseindustrie-Gegner:innen hinter dem Unternehmen steht, aber wurde schnell eines Besseren belehrt.

Weicher, halbharter und harter Cashew-Käse.
So sehen sie aus: Weicher, halbharter und harter Cashew-Käse. Pascale Amez

«Freddy und ich lieben Käse – wir sind mit dieser Esstradition aufgewachsen», sagt Alice Fauconnet, Mitbegründerin von New Roots. Sie ist Französin, ihr Partner Freddy Hunziker wuchs in Thun auf. Als die Beiden 2015 ihr Unternehmen gründeten, setzten sie sich zum Ziel, gemeinsam mit Schweizer Bäuerinnen und Bauern die Käse-Lieferkette nachhaltiger zu gestalten.

Wie verändert die Technologie unsere Ernährung?

Moderner Käse, alte Tradition

Ihr Abenteuer begann 2014, als Hunziker nach einer Verletzung beim Downhill-Biken zum Veganer wurde. In seinem früheren Leben war er Maschinenbauingenieur und halbprofessioneller Biker. «Die pflanzliche Ernährung hat mir geholfen, schneller zu genesen», erzählt der sanftmütige, junge Mann.

Die Erfahrung veranlasste Hunziker, zuhause ein Labor einzurichten, wo er mit Hilfe seines Vaters an verschiedenen Rezepten für pflanzlichen Käse experimentierte und dabei traditionelle Fermentationsmethoden einsetzte. «Sowohl Alice als auch ich vermissten den Geschmack von echtem Käse sehr», gesteht er. «Zu dieser Zeit gab es im Supermarkt aber kaum Alternativen.»

Hunziker und Fauconnet begannen, ihre Produkte in einem kleinen Biomarkt in Thun zu verkaufen, aber die Resonanz war gering. «Die Leute waren zwar neugierig, fragten sich aber, warum sie falschen Käse kaufen sollten.»

Doch das Projekt nahm Fahrt auf, dank des wachsenden Vegan-Trends. «In den letzten fünf Jahren gab es einen echten Boom, sodass wir mit der Nachfrage kaum Schritt halten konnten», sagt Jungunternehmerin Fauconnet. «Am Anfang hatten wir einen Angestellten, inzwischen sind es 33.»

Alice Fauconnet und Freddy Hunziker
Alice Fauconnet, 30, und Freddy Hunziker, 28, gründeten New Roots im Jahr 2015 gemeinsam. New Roots

Wie es um die Umweltbilanz steht

Alle Produkte von New Roots werden aus Bio-Cashews hergestellt, die laut Hunziker «ein sehr effizienter Rohstoff sind, da sie im Gegensatz Soja oder Kuhmilch keine Abfälle erzeugen». Für ein Kilogramm Cashew-Käse wird nur ein halber Liter Wasser benötigt, verglichen mit 16 Litern Milch für die Herstellung der gleichen Menge konventionellen Käses.

Die Cashews werden jedoch nicht in der Schweiz produziert: New Roots importiert sie aus Vietnam und Burkina Faso. Die Auswirkungen auf die Umwelt seien minimal, sagt Hunziker.

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Mit 500 Gramm Cashewnüssen und einem halben Liter Wasser lässt sich ein Kilo Pflanzenkäse herstellen, während man für die gleiche Menge normalen Käse 16 Liter Kuhmilch benötigt. New Roots

«Die negativen Auswirkungen des Transports auf das Klima werden überschätzt. Er ist nicht der wichtigste Faktor», sagt Hunziker und behauptet, dass der Transport von Cashews per Schiff «nur» fünf Prozent der CO2-Bilanz von New Roots ausmache. Dieses Argument habe ich schon oft gehört, etwa bei den Avocados, die grösstenteils aus Lateinamerika importiert werden. Aber die Schifffahrtsindustrie ist einer der grössten Klimasünder.

Hinsichtlich der Umweltverschmutzung besteht kein grosser Unterschied zwischen dem Transport einer Tonne Cashewnüsse aus Vietnam oder Soja aus Brasilien zur Verwendung als Tierfutter. In beiden Fällen belaufen sich die Emissionen auf etwa 53 Kilogramm CO2. Für die Herstellung von 1 kg Rindfleisch werden jedoch 25 kg Soja benötigt, für 1 kg Pflanzenkäse dagegen 500 Gramm Cashewnüsse.

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Fauconnet zufolge sind die Nuss-Alternativen aber schlimmer: Mandeln aus dem benachbarten Italien benötigen beim Anbau viel Wasser und produzierten eine grosse Menge Abfall.

Doch auch Cashews sind nicht perfekt: Arbeiter:innen müssen sie von Hand ernten und schälen. In Vietnam verlässt sich New Roots auf Bauernhöfe, welche diese Prozesse automatisiert haben. «Die Kehrseite der Medaille ist, dass man den Menschen die Arbeit wegnimmt», sagt Hunziker. Deshalb beteiligt sich das Unternehmen an einem Projekt in Burkina Faso, das Erntehelfer:innen einen fairen Lohn bietet.

Einem UNO-Bericht zufolgeExterner Link sollte in Afrika stärker in die lokale Verarbeitung von rohen Cashewkernen investiert werden, um so die Schaffung von Arbeitsplätzen und damit die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.

Wie wichtig echte Milchprodukte sind

Hat pflanzlicher Käse überhaupt eine Zukunft? Um diese Frage zu beantworten, muss auch der gesundheitliche Aspekt betrachtet werden. Denn der Glaube, dass Milchprodukte für eine gesunde Ernährung unerlässlich sind, ist in der Gesellschaft tief verwurzelt.

Wenn ich als Kind einen grossgewachsenen Menschen traf, fragte ich ihn: «Hat deine Mutter dir viel Milch gegeben?» Meine Mutter gab mir beim Essen immer das letzte Stück Grana-Käse und sagte mir, dass es beim Wachsen helfen würde.

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Tatsächlich ist Kuhmilch reich an hochwertigen Proteinen und wichtigen Nährstoffen für die Knochengesundheit und zur Vorbeugung von Osteoporose, darunter Kalzium, Kalium und Phosphor. Ausserdem enthält sie grosse Mengen an gesättigten Fetten.

Cashews hingegen haben eine bessere Zusammensetzung von «guten» Fetten und Kohlenhydraten und enthalten viel weniger Zucker. Ausserdem enthalten sie mehr Eisen, Zink und Ballaststoffe. Dafür enthält Cashew-Käse weniger Eiweiss und weniger Nährstoffe wie Vitamin D oder Kalzium und kein B12, die chemisch zugesetzt werden müssen.

«Diese pflanzlichen Alternativen sind eine interessante Ergänzung zu unserer Ernährung, aber ich würde sie nicht als vollständigen Ersatz für Milchprodukte empfehlen», sagt Sabine Rohrmann, Epidemiologin an der Universität Zürich und Expertin für Ernährung, Lebensstil und Krebsrisikofaktoren.

Einige StudienExterner Link haben gezeigt, dass ein hoher Verzehr von tierischem Eiweiss letztlich zu Kalziumverlust und Knochenbrüchigkeit führt und das Osteoporoserisiko erhöht. Dies ist auf den hohen Säuregehalt zurückzuführen, der die Ausscheidung von Kalzium aus den Knochen über den Urin fördert.

«Es hängt alles von der Menge des verzehrten tierischen Eiweisses ab», sagt René Rizzoli, Endokrinologe mit Spezialisierung auf Knochenerkrankungen und Osteoporose am Universitätsspital Genf.

Er vertritt die Ansicht, dass Milchprodukte nach wie vor die beste natürlich verfügbare Option sind, um die Knochen mit Nährstoffen zu versorgen. Das bedeute aber nicht, dass es unmöglich sei, ohne den Konsum von Milchprodukten gesund zu leben. «Wir können die Nährstoffe, die wir brauchen, auch aus pflanzlichen Lebensmitteln beziehen. Es ist jedoch wichtig, sie richtig zu kombinieren.»

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