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Wissenschaftspreis als Karrieresprungbrett

Roger Wehrli

Eine U-Boot-Überwachung und ein Cocktail-Roboter: Die Crème de la Crème der jungen Wissenschaftler hofft, dass solche Erfindungen ihre Karrieren fördern und als Türöffner funktionieren werden. Die Präsentation ihrer Talente im Ausland ist allerdings schwieriger geworden.

Elsa Tschopp strahlt. Die 18-jährige Zürcherin hat für ihr Mini-U-Boot einen Spezialpreis der Stiftung «Schweizer Jugend forscht» erhalten. Im Preis inbegriffen ist eine einwöchige Reise nach Norwegen ins European Space Camp.

Das U-Boot ist nicht lediglich ein Spielzeug, es verfügt über eine Kamera, die in der Lage ist, die Verschmutzung von Seen zu erfassen.

«Es ist unglaublich», sagt die Kantonsschülerin aus Birmenstorf. «Vor zwei Jahren hat mein Bruder bei Schweizer Jugend forscht teilgenommen, und ich habe mir gesagt, ‹warum nicht? und jetzt habe ich einen Preis gewonnen.»

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Mehr Frauen

Die Bandbreite der in diesem Jahr eingereichten Projekte ist gross. Sie umfasst einen Cocktail-Roboter, einen Vergleich von Masken aus Burkina Faso und Urnäsch oder auch eine Untersuchung über UV-Strahlen und Vitamin–D-Spuren bei Davoser Hochschul-Studenten.

Stefan Horisberger, der Direktor der Stiftung, sagte, der Wettbewerb 2014 reflektiere den seit einiger Zeit bestehenden Trend zu weniger elitären Projekten und zu einer grösseren Beteiligung von Frauen. Dieses Jahr betrug das Verhältnis Frauen-Männer genau 50:50.

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Karriere-Sprungbrett

Es sei schwierig, den allgemeinen Erfolg des Wettbewerbs zu messen, so Horisberger. Eine Möglichkeit  ist der Blick zurück. Da findet man Namen wie André Kudelski, den Gründer der Kudelski Group, den Direktor des Nationalparks, Heinrich Haller oder Ralph Eichler, den Präsidenten der ETH Zürich, der nächstes Jahr das Präsidium von «Schweizer Jugend forscht» übernehmen wird.

Der Ingenieur-Student Pius Theiler von der EPFL gewann 2011 einen Preis, der ihm im gleichen Jahr die Teilnahme am «European Union Contest for Young Scientists» in Helsinki ermöglichte, wo er mit einer innovativen Kletterhilfe den ersten Preis gewann. «Der Wettbewerb widerlegt das landläufige Urteil, wonach wissenschaftliche Entdeckungen lediglich in Hochtechnologie-Labors möglich sind», sagte er gegenüber swissinfo.ch. «Die Projekte werden dem Publikum vorgestellt und erklärt. Das verlangt nach der Fähigkeit, verständlich zu kommunizieren und das ist etwas, das in der Wissenschaft heute fehlt.»

Camill Oberhausser war überrascht, dass seine Studien über Ethik, Moral und Sexualität mit einem Spezialpreis ausgezeichnet worden sind und er die Chance erhielt, im September an einem EU weiten Wettbewerb in Warschau teilzunehmen.

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Netzwerk und Kontakte

«Ich denke nicht, dass ich gewinnen werde», sagte der angehende Anwalt gegenüber swissinfo.ch. «Das Wichtige an diesem Wettbewerb ist der soziale Aspekt, das sind die Kontakte und das Netzwerk zwischen Studenten und Experten, das man aufbauen kann.»

Horisberger sagte, das Niveau der Projekte sei dieses Jahr sehr hoch, und dies sei besonders erstaunlich, weil  noch keiner der Teilnehmer an einer Universität studiere. «Sie besuchen das Gymnasium und sind noch nicht in einer berufsspezifischen Ausbildung. Wenn wir ihre Projekte beurteilen, dann tun wir dies nicht aus wissenschaftlicher Sicht, sondern  wir beurteilen die Kreativität und die Innovation.»

Die Schweiz schliesst in internationalen Innovations-und Wettbewerbsfähigkeits-Rankings regelmässig sehr gut ab. Das ist vor allem auf ihre Weltklasse-Universitäten zurückzuführen. Aber auch die Sekundarschulen haben ihre Standards verbessert, wenn man dem Pisa Bericht 2012 Glauben schenken kann.

Die Schweiz steht hier an der Spitze aller europäischen Länder in den Fächern Mathematik und Lesen. Bei den Naturwissenschaften belegte sie hinter Ländern wie Finnland, Deutschland und Kanada den 18. Rang.

Rund 100 Schweizer Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Schweiz haben an der Endrunde des  48. nationalen Wissenschafts-Wettbewerbs  Schweizer Jugend Forscht teilgenommen.

Die Preisverleihung fand im Rolex Learning Center an der Eidgenössisch Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) statt.

Die besten Arbeiten wurden mit insgesamt 38 nationalen und internationalen Sonderpreisen ausgezeichnet.

Die 82 eingereichten Projekte deckten ein breites Spektrum von Bereichen  wie Physik, Biologie, Chemie, Geschichte, Geographie, Informatik, Kunst, Architektur und Kultur ab.

Folgen des 9. Februar

Horisberger vertritt die Meinung, dass die Naturwissenschaften dem Schweizer Publikum besser bekannt gemacht werden müssten. «Wenn man nach Irland oder Grossbritannien schaut, dann sind dort die Naturwissenschaften viel populärer als in der Schweiz. Am Abend haben Sie Wissenschaftssendungen im Fernsehen. Wissenschaftler sind im ganzen Land bekannt, so dass die Kinder damit aufwachsen. Das ist in der Schweiz nicht so», klagt er. «Vielleicht sind wir zu faul.»

Eine grosse Sorge ist auch, dass die EU die Schweiz vom Erasmus-Programm nach dem Ja zur Einwanderungsinitiative vom 9. Februar ausgeschlossen hat. Damit können Schweizer Studenten nicht mehr an diesem Austauschprogramm teilnehmen.

An der Preisverleihung in Lausanne hatten viele Leute den EU-Entscheid im Hinterkopf. Als weitere Konsequenz hat die EU beschlossen, dass die Schweiz nicht mehr an den europäischen Wettbewerben für junge Wissenschaftler teilnehmen kann, sagte Nathalie Pichard, die Vizepräsidentin der Stiftung. In den vergangenen Jahren hätten junge Schweizer vergleichsweise gleich viele Preise gewonnen wie Teilnehmer aus Irland oder Deutschland.

Laut Oberhauser ist das unter den Studenten ein heiss diskutiertes Thema. «Natürlich wird es eine Lösung geben», sagte er. «Aber Sie können nicht die Grenzen verschliessen und alles allein machen. Wissenschaft und Innovation in der Schweiz hängen vom Rest der Welt ab. Wir müssen zusammenarbeiten. Die Abstimmung sendet ein schlechtes Signal.»

Verhandlungen werden aufgenommen

In der Zwischenzeit haben die Finanzminister der 28 EU-Staaten am 6. Mai das EU-Mandat über ein Rahmenabkommen mit der Schweiz zur Lösung der institutionellen Frage definitiv verabschiedet. Mit ihrem Entscheid deblockierten die EU-Minister nun auch die auf Eis gelegten Verhandlungen zum Forschungsabkommen «Horizon 2020» und zum Studentenaustauschprogramm «Erasmus+».

Dennoch bleibt der Status der Schweizer Studenten für die Zukunft unklar, denn die Verhandlungen werden Zeit in Anspruch nehmen.

(Übersetzung aus dem Englischen: Andreas Keiser)

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