50 Jahre Schweizer Polarforschung
Schweizer Wissenschafter sind seit mehr als einem halben Jahrhundert in der Polarforschung aktiv. Eine Konferenz in Grindelwald zog Bilanz über die Erfolge.
Eine bahnbrechende Expedition nach Grönland hatte in den 1950er- Jahren den Grundstein gelegt. Die Forschungsbereiche haben sich im Lauf der Jahrzehnte geändert.
Zusammen mit Forschern aus aller Welt nahmen an der 4 Tage dauernden Konferenz auch ehemalige Teilnehmer der Grönland-Expedition teil.
«Es war ein Schweizer Unterfangen und ein sehr erfolgreiches.» Mit diesen Worten umreisst der Schweizer Geologe Christian Schlüchter die Bedeutung dieser Expedition für die heutige Stellung der Schweiz in der Polarforschung.
«Diese Expedition hat den Weg für eine Schweizer Beteiligung in diesem Bereich geebnet. Die Leute brachten wichtige Dokumente, Illustrationen und frühe Fotografien zurück», so Schlüter zu swissinfo.
Für Hans Blatter vom Institut für atmosphärische und klimatische Forschung an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) definierte die Expedition «den Massstab für künftige Projekte in Grönland».
Berner vorn Anfang an dabei
Seither konnte die Schweizer Polarforschung einige Erfolge verzeichnen. Die Abteilung für Klima- und Umweltphysik der Universität Bern hat sich weltweit einen Namen gemacht in der Eis-Forschung.
Dabei hat sie nicht nur Methoden verfeinert, um kleinste Mengen von eingeschlossenen Atmosphärengasen zu bestimmen, sondern auch an der Entwicklung geeigneter Bohrverfahren mitgearbeitet.
Für die letzte grosse Bohrung in der Antarktis zum Beispiel wurde der Bohrkopf in Bern geplant und konstruiert. Diese Bohrung dauerte acht Jahre und war Teil des Europäischen Projektes für die Eisbohrung in der Antarktis (EPICA).
Im Oktober 2004 schliesslich wurde die Schweiz Vollmitglied der Internationalen wissenschaftlichen Kommission für Antarktisforschung (SCAR).
Herausforderungen
Polarforschung ist für ein kleines Land eine Herausforderung und das nicht nur in geographischer Hinsicht. «Es ist schwierig zu sagen, ob die Schweiz an der Spitze steht», führt Blatter aus. «Wir tragen weiterhin substantiell zur Polarforschung bei, aber es handelt sich um eine internationale Aktivität und die Schweiz ist ein Teil davon.»
Es sei natürlich auch ein Frage der Mittel, so Blatter: «Wenn jemand nicht eine Professorenstelle hat, wird es schwierig.»
Trotzdem sei das Interesse der jungen Wissenschafter im Land gross.
«Wenn ich mir die Liste mit Projektvorschlägen zum Internationalen Polarjahr anschaue, beteiligen sich viele Junge, aber meistens bei Projekten, die von Leuten im Ausland lanciert wurden.»
Schlüchter verweist darauf, dass die Schweiz an solchen Projekten teilnehmen könne, sei, weil sie Expertise in sehr spezifischen Feldern einbringe. «Wir haben die Gletscher in den Alpen, daher sind wir mit dem polaren Umfeld vertraut.»
Momentum
Drei Mal im Verlauf der letzten 125 Jahre (1882-83, 1932-33 und 1957-58) taten sich Wissenschafter aus der ganzen Welt bisher zusammen für wissenschaftliche Forschungsprojekte in den Polarregionen. Diese internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit hat auch den Pfad geebnet für eine Reihe politischer Abkommen.
Das Internationale Polarjahr 2007-2008 zielt darauf ab, diese Hinterlassenschaft an wissenschaftlicher Leistung auch zum Guten der Gesellschaft weiter ausbauen zu können.
Um sicherzustellen, dass die Forscher und Forscherinnen an beiden Polen sowohl im Sommer als auch im Winter arbeiten können, erstreckt sich das Projekt von März 2007 bis März 2009.
«Vor allem wollen wir mit dem Internationalen Polarjahr das Bewusstsein für die heutige Polarforschung stärken – und für die Bedeutung der Polarregionen für den Planeten Erde», unterstreicht Christian Schlüchter.
swissinfo
Alaska, Sibirien und Teile der Antarktischen Halbinsel sind die Regionen, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten am schnellsten erwärmt haben.
Das wegen steigender Temperaturen schmelzende Eis des arktischen Meers verursacht einen Rückgang der Eis-Algen, die entscheidend für die ganze arktische Nahrungskette sind, von den Fischen über die Robben bis zu den Polarbären.
Wissenschafter glauben, dass der Ausstoss von Treibhaus-Gasen in die Atmosphäre die globale Erwärmung bewirkt.
Seit dem ersten Internationalen Polarjahr 1882/83 gab es zahlreiche wichtige internationale Polar-Initiativen.
Die Internationale glaziologische Grönland-Expedition wurde am 4. April 1956 in Grindelwald gegründet und spielt seither eine wichtige Rolle in der Polarforschung.
Aus Anlass des 50. Geburtstag der Internationalen glaziologischen Grönland-Expedition wurde dort vom 8. bis 12. Mai eine Konferenz abgehalten.
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