Altlasten in der Natur, modernes Management im Park
Prespasee und Pelister-Nationalpark sind Naturschätze Mazedoniens. Damit Besucher Geld bringen, hilft die Schweiz im Südwesten beim Umweltschutz und Umweltmanagement.
Resen wurde zum ersten Bezirk mit flächendeckender Kehrichtabfuhr. Der Nationalpark wird nach modernem Plan geführt, der breit abgestützt ist.
Glasklar sprudelt das Wasser aus dem Brunnen im Pelister-Nationalpark. Es ist frisch und kühl und schmeckt herrlich. Und es ist sauber.
Dafür sorgt die Grossmutter Natur, denn der 2600 Meter hohe Berg, um den sich der knapp 11’000 Hektaren grosse Park schmiegt, heisst nicht nur Pelister, sondern auch Baba, zu deutsch Grossmutter.
Mazedonisch-Bünden
Sauberes Wasser, ausgedehnte Wälder, schroffe Felsschründe und ein Gletschersee: Der Pelisterpark liegt auf Augenhöhe mit den Schönheiten des schweizerischen Nationalparks in Graubünden.
In einer Hinsicht hat die mazedonische Naturoase gar die Nase vorn: Neben Luchs, Gämse, Hirsch, Wildschwein und Adler tummeln sich dort auch viele Wölfe und nicht weniger als 20 Braunbären. Symbol des Pelisterparks ist aber nicht Meister Petz, sondern die Molika, die fünfnadelige Kiefer.
Auf einem Rundgang mit Journalisten aus der Schweiz führt Parkdirektor Slavko Dameski zu zahlreichen neu eingerichteten romantischen Picnic-Plätzen mit Tischen, Bänken und Brunnen, Aussichtsplattformen und einem Freiluft-Schulzimmer für Naturkunde-Unterricht. Am Boden liegt kein Täfelipapier, Kehrichtkübel sind allgegenwärtig.
Spagat
Für Dameksi ist der Pelister dennoch keine heile Welt. «Wir müssen den Park gemäss dem Umweltschutzgesetz betreiben «, sagt der dynamische Ranger. Das heisst: Weder Eintrittspreise noch andere Gebühren, die er auf Einnahmenseite verbuchen kann.
«Und aus Skopje kommt kein Geld», sagt Dameski. Zwar generieren Holzschlag und der Verkauf von Beeren, Sirup, Molika-Zapfen und dem Export der gefragten Molikasamen Einkünfte. Das Jahresbudget von 600’000 Franken vermögen sie aber nicht annähernd auszugleichen.
Zwei Frauen
Marija Spirovska und Ana Jankulovska von der Nichtregierungs-Organisation Pelister-Nationalpark-Projekt sorgten dafür, dass Dameski nicht nur keinen Grund zum Verzweifeln hat, sondern dem Pelister selbstbewusst die Stirn bietet. Mit einem Managementplan, der für die Parkverwaltung verbindlich ist.
Er sieht eine moderne Parkbewirtschaftung auf fünf Säulen vor: Schutz der Biodiversität, Zusammenarbeit mit der lokalen Wirtschaft und benachbarten Bevölkerung, Besucher, Stärkung der Parkleitung und wissenschaftliche Begleitung.
«Der Plan ist breit abgestützt, wir versammelten von Anfang an alle Beteiligten auf einer Dialogplattform – Regierung, lokale Behöden, Umweltorganisationen und Bevölkerung», sagt Ana Jankulovska.
Ökologie und Ökonomie
Besuchern steht knapp ein Drittel des Parks offen. Im Sommer laden mehrere Hotels und Berghütten die Wanderer zur Rast, im Winter tummeln sich Skifahrer auf einer Piste. «Im Umland ist keine Industrie angesiedelt, der Park schafft da Möglichkeiten für zusätzliche Einkommen», sagt Ana Jankulovska.
Die schweizerische Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) hat die Massnahmen zur Stärkung des Nationalparks mit 187’000 Franken unterstützt. Für den Umbau einer ehemaligen Funktionärs-Villa im Park in ein neues Informationszentrum sprach die DEZA zusätzlich 235’000 Franken.
Die Initialzündung bewirkt aber mehr. «Der Plan eröffnet dem Pelister-Nationalpark den Anschluss an europäische Initiativen in den Bereichen Naturschutz und Umweltmanagement», so Ana Jankulovska.
Sie und Marija Spirovska nützen die Starthilfe aus der Schweiz zudem dazu, das von ihnen geleitete Pelister-Nationalpark-Projekt in ein eigenes Umweltberatungs-Unternehmen zu transformieren.
Wilde Deponie am sanften Ufer
Szenenwechsel an den Prespasee am sanft auslaufenden Westfuss des Baba-Gebirges. «Dies ist eine ideale Region für sanften Tourismus, aber überall ist das Abfallproblem sichtbar», sagt Ljupcho Stojanovski, Leiter des Kehrichtentsorgungs-Programms Resen, am Ufer bei Stenje. Die DEZA unterstützt das Projekt mit knapp 500’000 Franken.
Bis vor einem Jahr hatten die knapp 17’000 Bewohner der Kleinstadt Resen samt der umliegenden 41 Dörfer – Stenje ist eines davon – den Abfall auf wilde Deponien geworfen.
Kinder statt Kehricht
Innerhalb des Projektes wurden 2005 vier illegale Deponien geräumt, zwei Occasions-Fahrzeuge für die Kehrichtabfuhr sowie eine Presse für Petflaschen gekauft, berichtet Stojanovski.
Eine dieser hässlichen Abfallhalden hatte den Sandstrand Stenjes verschandelt: «Wir haben unseren Abfall während Jahrzehnten wild deponiert, wir hatten keine andere Möglichkeit», erklärt Kico Usanovski, Gemeindepräsident des 400-Seelen-Dorfes.
Heute ist Resen der erste Bezirk im Land mit flächendeckender Kehrichtabfuhr. Der Uferabschnitt in Stenje ist sauber. Mit überschüssigem Geld entsteht jetzt gar noch ein Erholungspark mit Kinderspielplatz und Basketballfeld.
Sichtbarer Naturgenuss
«Wir haben das Hauptziel erreicht, denn der saubere Platz ist für alle ein sichtbarer Gewinn, und der wiederum motiviert für eine Verhaltensänderung», sagt Stojanovski.
Mit Unterstützung der DEZA verteilten er und seine Mitarbeiter in Stenje und allen anderen Ortschaften im Bezirk gratis 2600 grüne Abfallkübel. Abfälle landen jetzt nur noch in Ausnahmefällen in der Natur. «Dann reagieren die Behörden sofort und büssen die Sünder», so der Projektleiter.
Die beiden orangen Kehrichtwagen machen jeweils montags ihren Kehr. Die Abfälle landen auf einer Deponie. Einer geordneten, wohlverstanden.
swissinfo, Renat Künzi in Bitola
Die Schweizer Hilfe für Mazedonien beträgt rund 10 Mio. Franken pro Jahr.
Sie verfolgt die drei Ziele demokratische Regierungsweise, Aufbau/Erneuerung der Basisinfrastruktur sowie eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.
Damit soll eine Abwanderung der mazedonischen Bevölkerung ins Ausland verhindert werden.
Bei allen Projekten stehen Bedürfnisse und Initiative der lokalen Bevölkerung im Vordergrund.
Die Schweiz wählt die Partner für ihre Projekte sehr sorgfältig aus und kontrolliert den Projektverlauf sehr genau. Deshalb ist die Erfolgsquote der Schweizer Projekte sehr hoch.
Die Umweltverschmutzung ist das Haupthindernis für Mazedonien auf dem Weg in die EU. Am akutesten sind Gewässerverschmutzung und Abfallproblematik.
Im Land mit seinen zwei Mio. Einwohnern gibt es nur vier Kläranlagen. Kehricht liegt auf über 1000 wilden Deponien.
Die Schweiz ist die grösste Geldgeberin bei der Verbesserung der Wasserversorgung und Abwasserreinigung.
Nach dem Auseinanderfallen Ex-Jugoslawiens sind für das Agrarland Mazedonien die Absatzmärkte weggebrochen. Die Arbeitslosigkeit beträgt 35% und das Bruttosozialprodukt ist tiefer als 1991.
Das Durchschnittseinkommen liegt unter 200 Euro pro Monat, weshalb Land und Bewohner stark auf Geld aus dem Ausland angewiesen sind, das Verwandte nach Hause schicken.
Im Südwesten liegen drei der grössten Naturschätze Mazedoniens: die Seen von Ohrid und Prespa sowie die Nationalpärke Pelister und Galičica.
Am Ohridsee, der zum Unesco-Welterbe gehört, hat die Schweiz schon Anfang der 1990er-Jahre die Modernisierung der ersten Kläranlage des Landes finanziert.
Am Prespasee, einer beliebten Feriendestination im Dreiländereck Mazedonien-Albanien-Griechenland, ist das Abfallproblem trotz des Abfallentsoprgungs-Programmes der DEZA für Resen allgegenwärtig.
Der Pelister-Nationalpark verfügt über eine reiche Artenvielfalt von Tieren und Pflanzen. Im Park befinden sich mehrere Hotels und Touristenunterkünfte sowie ein Skigebiet.
Die Interessen aller Beteiligter – Park, Natur- und Umweltschutz, touristische wie wirtschaftliche Nutzer (Holzwirtschaft), Anrainer etc. – sind in einem modernen Managementplan unter einen Hut gebracht.
Der Plan soll auch in anderen Nationalparks und Naturreservaten in Mazedonien und dem Ausland umgesetzt werden.
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