Am Eiger bricht der Fels
Seit Tagen hält ein spektakulärer Felssturz am Eiger im Berner Oberland die Leute in Atem. Am Donnerstag brach - wie von Experten vorausgesagt - ein erster riesiger Fels weg.
Weil das Eis des darunter liegenden Gletschers schmilzt, verliert der Fels den Halt. Nach dem Absturz war der Ferienort Grindelwald in eine dichte Staubwolke gehüllt.
Im Felssturzgebiet am Eiger bei Grindelwald stürzten am Donnerstagabend ein Drittel der absturzgefährdeten rund 2 Mio. Kubikmeter Felsmasse – was ungefähr der Grösse von 2000 Einfamilienhäusern entspricht – auf den einige hundert Meter darunter liegenden Grindelwaldgletscher.
Das Naturschauspiel wurde von Schaulustigen von einer gegenüber liegenden Berggaststätte aus sicherer Entfernung beobachtet.
Nach Angaben von Rettungschef Kurt Amacher vom Schweizer Alpenclub stürzte die rechte Partie der seit Tagen aufreissenden Felsnase ab.
Zu Tal gegangen seien etwa 500’000 bis 700’000 Tonnen Felsmasse. Das Absturzgebiet liegt weit außerhalb des Siedlungsgebietes. Weder Menschen noch Gebäude sind deshalb in Gefahr.
Ursache für die Spaltung des Berges sind offenbar Spannungen, die sich nach dem Rückgang des Grindelwald-Gletschers entladen. Eindringendes Wasser trägt ebenfalls dazu bei, dass der Berg brüchig wird.
Madonna
Zu Tale gegangen sind nach Schätzung des Geologen nicht ganz ein Drittel der gesamten vom Absturz bedrohten Felsmasse. Am Donnerstagvormittag war bereits eine markante Felsnadel, die rund 30 Meter hohe so genannte «Madonna», auf den Gletscher gestürzt.
Auch nach dem Absturz der rechten Partie der Felsnase an der Eiger-Ostflanke bleibt der Berg in Bewegung. Es würden laufend kleinere Felsstürze beobachtet, sagte Kurt Amacher. Er rechnet aber nicht damit, dass in den kommenden Tagen weitere grössere Blöcke zu Tal stürzen.
Touristenattraktion
Der spektakuläre Felsabbruch lockt zahlreiche Schaulustige ins Berggebiet um Grindelwald. Das Berggasthaus «Bäregg», das dem Eiger gegenüber liegt, ist nun zum bekannten Ausflugsziel geworden. Von der Terrasse aus kann die Absturzstelle bei Kaffee und Kuchen beobachtet werden.
Der Gemeindepräsident von Grindelwald, Andreas Studer, hält den Rummel um den Felssturz für übertrieben. «Gemessen am Eiger ist das nichts! Schauen sie sich doch mal diesen mächtigen Berg an», sagte er in einem Interview der BaslerZeitung.
Er hoffe auf einen baldigen Abbruch der ganzen Felsnase. Auch wenn das Naturschauspiel beeindruckend sei. Grindelwald und vor allem die seit Tagen eingespannten Sicherheitsleute hätten langsam genug vom lästigen Felsstaub und vom Rummel.
swissinfo und Agenturen
Der Eiger (3970 Meter über Meer) ist einer der bekanntesten Berge der Schweiz. Seine Nordwand ist immer noch eine Herausforderung für geübte Bergsteiger.
Der Felssturz vom Donnerstag ist ein Hinweis auf die Instabilität der Felsmassen in den Schweizer Alpen.
Am Montag wurde ein 70-jähriger deutscher Tourist verschüttet, als unterhalb eines Gletschers im Corvatsch-Gebiet (Kanton Graubünden) Schlamm und Geröll niedergingen.
Ende Mai stürzte ein Fels auf die Gotthard-Autobahn, wobei mehrere Autos zerstört wurden und ein Deutsches Ehepaar ums Leben kam. Die Autobahn war danach wochenlang gesperrt.
Die Gletscher in den Schweiz schrumpften zwischen 1985 und 2000 um rund 18%. Das gemäss einer Studie der Universität Zürich aus dem Jahr 2004.
Im gesamten Alpenraum beträgt die Schrumpfung durchschnittlich 22%.
Die Schweizer Gletscher schmelzen langsamer, da sie höher liegen, als die restlichen im Alpenraum.
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