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Auenlandschaft im Walliser Rhonetal öffnet sich

Eine gefangene Feldmaus im transparenten Plastikbeutel - den Besucherblicken ausgesetzt. swissinfo.ch

Ein gut gehütetes Natur-Geheimnis soll für ein breiteres Publikum gelüftet werden: Der Pfynwald. Zwar ist das Wallis weltberühmt für seine Berge - wie zum Beispiel das Matterhorn.

Der Auenwald bei Pfyn im Rhonetal hingegen ist als Naturpark nur wenig bekannt. Obschon er viel zu bieten hat und einfacher zu begehen ist als Berge.

Dies wird sich nun ändern, da 2009 ein neues Bundesgesetz über Naturparks in Kraft tritt. Damit soll die Promotion von Regionen mit einem ausserordentlichen Naturpotenzial touristisch besser an die Hand genommen werden.

Pfyn, der grösste Föhrenwald der Schweiz, besteht aus trockenen Hügeln und kleinen Seen. Für diese Auenlandschaft interessieren sich seit langem auch Biologen. Nun soll sie auch für den Normalbesucher erschlossen werden.

2005 wurde der Pfynwald zum kantonalen Naturpark erklärt. Schutzmassnahmen wurden eingeleitet. Heute gibt es eine vom Kanton eingesetzte Parkbehörde. Diese möchte, dass der Pfynwald als regionaler Naturpark unter das neue Gesetz fällt.

Die Parkleitung experimentiert auch mit geführten Exkursionen für eine beschränkte Anzahl Leute. Auch dies sollte die Bekanntheit der dortigen Natur erhöhen.

Gleichgewicht bewahren

Wichtig ist jedoch, ein Gleichgewicht zwischen dem Besuch von Gästen und der zu schützenden Natur des Pfynwalds zu bewahren.

«Gerne würden wir einige Teile des Parks für Besucher zugänglich machen und sie dafür aus anderen Teilen heraushalten», sagt Parkdirektor Peter Oggier.

Die Bilanz der seit 2006 angebotenen Führungen wird zu Saisonende jeweils sorgfältig ausgewertet. «Noch wissen wir zur Zeit nicht, wie viele Besucher der Wald erträgt», sagt Muriel McGeorge, Kommunikationsbeauftragte für den Pfynwald. «Es ist wie bei einem Kleinkind, das man heranwachsen sieht.»

Doch der Biologe Paul Marchesi, der lange Zeit an der Schaffung des Parks gearbeitet hat, macht sich wenig Gedanken über die Anzahl der Besuchenden. «Die Tiere werden sich nicht verstecken, wenn sie nicht gejagt werden und die Leute die vorgeschriebenen Pfade nicht verlassen.»

Gämsen – eine Gehstunde vom Bahnhof entfernt

Der Zweck eines Parks besteht darin, den Leuten die Natur näher zu bringen – und dafür eignet sich der Pfynwald bestens. «Wir haben im Wallis viele Tiere», sagt Marchesi gegenüber swissinfo. «Aber niemand kriegt sie zu sehen.»

Möchte jemand grosse Säugetiere sehen, muss er acht Stunden in die Berge hinaufsteigen. Doch hier im Pfynwald, eine Gehstunde vom Bahnhof entfernt, lassen sich Damwild, Gämsböcke, Biber und andere Tiere in aller Ruhe beobachten.

Als Leiter von Parkführungen weiss Marchesi, dass sich die Besucher nicht nur für die Tierwelt, sondern auch für die Arbeit der Biologen interessieren.

Für eine Exkursion zu Kleinsäugern hat er Fallen aufgestellt. Dabei erklärt er der Gruppe, wie Fallen funktionieren und wie man Stress und Verletzungen bei gefangenen Tieren vermeidet.

Die Gruppe wartet mit angehaltenem Atem, bis er die Falle öffnet. Dann lässt Marchesi das Tierchen in einen durchsichtigen Plastiksack gleiten, damit man es besser sieht.

In den meisten Fallen stecken Feldmäuse. Marchesi erklärt die Eigenheiten des Tiers und wie ähnliche Arten, die im Wald leben, unterschieden werden können. Dann öffnet er den Beutel, und weg ist die Maus…

Kotspuren für Tierdetektive

Die Besucher lernen, aus den Kotspuren die jeweilige Tierart zu identifizieren. Sie lernen auch anhand einer Feder herauszulesen, ob dieser Vogel von einem Fuchs oder von einem Raubvogel getötet worden war.

Auch die verräterische Spur von Damwild, dessen Fellhaar in der Baumrinde eines Weidenbaums stecken geblieben ist, muss erst entdeckt werden.

Alle, vom Kind bis zur Dame, die sich vor Mäusen fürchten, sind am Ende zufrieden mit der Tour im Park. Der Pfynwald ist auf bestem Weg, sich in der Reihe der bestehenden Naturparks zu etablieren.

swissinfo, Julia Slater, Pfynwald
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

Die zwischen Leuk und Sion auf der linken Rhoneseite gelegene Waldregion heisst Pfynwald auf deutsch und Bois de Finges auf französisch.

Der Pfynwald liegt in der Nähe der innerkantonalen Sprachgrenze, die den französischsprachigen unteren Teil des Wallis vom deutschsprachigen oberen Teil trennt.

Der Park umfasst zur Zeit 17 km2. Das Parkteam hofft, ihn eines Tages auf 120 km2 zu vergrössern.

Das Gelände ist leicht zugänglich. Es besteht aus einem Mix von trockenen Hügeln und kleinen Seen, und umfasst auch die Hänge der Berge, die bis ins Tal hinunter reichen.

Erhältlich sind im Park speziell adaptierte Rollstühle, mit denen die schmalen Pfade befahren werden können.

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