Berg der Saurier wird UNESCO-Weltnaturerbe
Der Monte San Giorgio im Südtessin ist in das UNESCO-Weltnaturerbe aufgenommen worden. Das UNESCO-Komitee stimmte dem Projekt in Paris einstimmig zu.
Der Berg ist bekannt für seine einzigartigen geologischen und paläontologischen Reichtümer.
Die UNESCO hat die Aufnahme in das Weltnaturerbe allerdings mit drei Auflagen verbunden: So will sie rund um den 1096 Meter hohen Monte San Giorgio mit seinen einzigartigen prähistorischen Fundstätten keine politischen Grenzen sehen. Das heisst konkret, dass die Tessiner in naher Zukunft auch die italienische Seite in das Projekt einbinden müssen.
Ferner müssen auf den Lehrpfaden ausführlichere Hinweisschilder und Markierungen angebracht werden. Dazu muss für Besucher und Besucherinnen ein Informations-Zentrum zur Verfügung stehen.
«Wir planen, das Fossilienmuseum in Meride auszubauen und dort ein Infozentrum für die ganze Region unterzubringen», sagte Marco Molinari, Direktor des Tessiner Amtes für Kulturgüter, am Mittwoch.
Molinari rechnet damit, dass der Ausbau des Fossilienmuseums, das derzeit bloss eine Fläche von 40 Quadratmetern zur Verfügung hat, mindestens eine Million Franken kosten wird.
Die andere Auflage – die Integration der italienischen Gemeinden – hält er ebenfalls für lösbar, da man mit der italienischen Seite im Rahmen von grenzüberschreitenden Projekten seit Jahren enge Kontakte pflege.
Molinari zeigte sich gegenüber swissinfo sehr erfreut über den Entscheid aus Paris. «Die UNESCO anerkennt die natürliche Schönheit und das wissenschaftliche Potential des Monte San Giorgo.»
Gerade die Fossilienfunde aus der Zeit des mittleren Trias seien weltweit einzigartig, sagte Molinar.
Saurierfunde
Der Monte San Giorgio im Südtessin an der Grenze zu Italien ist nicht nur bei Fachleuten und interessierten Laien, sondern auch bei einem breiteren Publikum als «Berg der Saurier» bekannt.
Die fossilreichen Schichten waren schon im 19. Jahrhundert bei Besano auf italienischem Gebiet entdeckt und von Mailänder Wissenschaftern untersucht worden.
Beim bergmännischen Abbau von «Ölschiefer» kamen immer wieder Reste von Fischen und Reptilien zum Vorschein. Aus den bituminösen Tonsteinen wurde durch trockene Destillation das «Saurolo» gewonnen, das als Ausgangsprodukt zur Herstellung einer Salbe diente.
Vorläufer der Krokodile
Forscher der Universitäten Zürich und Mailand arbeiten seit geraumer Zeit gemeinsam auf dem Monte San Giorgio. An den zahlreichen Ausgrabungsstellen wurden etwa 80 verschiedene Fischarten und rund 30 Meeres- und Landreptilien entdeckt.
Zudem fanden die Forscher Hunderte von versteinerten wirbellosen Tieren und Pflanzen aus der Zeit vor 245 bis 230 Mio. Jahren.
Auf dem Berg kamen Versteinerungen zum Vorschein, die auf der Welt einzigartig sind. Davon zeugen auch die Namen, die an den Fundort erinnern, so zum Beispiel «Ceresiosaurus» (von «Ceresio», Luganersee), «Meridensia meridensis» oder «Ticinosuchus».
Letzterer war als Vorgänger der Krokodile während der Trias-Zeit das einzige grosse Reptil an Land.
Tessin und Bern mit zwei Orten vertreten
Der Monte San Giorgio ist neben der Region Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn erst das zweite UNESCO-Weltnaturerbe in der Schweiz.
Im Weltkulturgüter-Verzeichnis der UNESCO ist die Schweiz hingegen schon vier Mal vertreten: Mit der Stiftsbibliothek St. Gallen, dem Kloster Müstair, der Altstadt von Bern und den Burgen von Bellinzona.
Weltweit zählen derzeit rund 700 Natur- und Kulturgüter zum UNESCO-Welterbe.
swissinfo und Agenturen
Das als Welterbe anerkannte Gebiet umfasst:
849 Hektaren Land auf den Gemeinden Riva San Vitale, Meride und Brusino Arsizio.
Weitere 1400 Hektaren auf sechs Gemeinden bilden Pufferzone um den Berg.
Der Monte San Giorgio (1096 Meter) erhebt sich am Seeufer gegenüber von Lugano.
Die vom Kanton Tessin zur Aufnahme ins Welterbe vorgeschlagene Zone umfasst 80% des Gebietes, das im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung festgehalten ist.
Dazu gehören sämtliche fossilen Formationen aus dem Erdzeitalter Trias, das 230 bis 240 Millionen Jahre zurückliegt.
Diese bituminösen Felsen wurden in den letzten Jahrhunderten industriell genutzt und ab Mitte des 19. Jahrhunderts wissenschaftlich erforscht.
Heute sind sie für ihre geologischen und paläontologischen Reichtümer berühmt.
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