Berna Biotech: Höhenflug dank Novartis
Das plötzliche Interesse des Pharmariesen Novartis für den Impfstoffhersteller Berna Biotech liess dessen Aktienkurs durchstarten.
Dabei schien der Verkauf von Berna Biotech an das kleinere holländische Biotech-Unternehmen Crucell bereits beschlossene Sache.
Der Basler Pharmakonzern Novartis will beim Verkauf von Berna Biotech mitreden. Er hat eine Due Diligence gestartet, eine Buchprüfung, die normalerweise den ersten Schritt einer Übernahme darstellt. Berna Biotech hat der Due Dilligence zugestimmt.
Novartis prüft eine Konkurrenzofferte für das Berner Impfstoffunternehmen. Als Folge setzte am Montag die Berna-Biotech-Aktie zu einem Höhenflug an. Novartis befindet sich somit in Konkurrenz zum kleinen holländischen Biotech-Unternehmen Crucell.
Spekulationen auf Übernahmekampf
Die Anleger spekulierten auf einen Übernahmekampf. Die Berna-Aktie schoss an der Börse um bis zu 12,5% in die Höhe und erreichte mit 15,30 Franken den höchsten Kurs seit fast zwei Jahren. Das frühere Schweizerische Serum- und Impfinstitut kam damit auf einen Börsenwert von 573 Millionen Franken.
Beim Höchststand im Jahr 2000 hatte das Unternehmen noch einen Börsenwert von fast 2 Mrd. Franken.
Vereitelter Abschluss
Der Verkauf von Berna an Crucell schien kurz vor dem Abschluss zu stehen. Berna-Chef Kuno Sommer räumte bei der Präsentation der Verkaufspläne am 1. Dezember ein, Berna sei im Alleingang auf Dauer nicht überlebensfähig.
Der Berna-Verwaltungsrat unterstützte das Crucell-Angebot für einen Aktientausch im Wert von knapp 600 Mio. Franken. Mit der Fusion wäre einer der grössten Imstoff-Hersteller der Welt entstanden.
Es sei Pflicht des Verwaltungsrates eine Due Diligence zuzulassen, wenn man den Eindruck habe, ein Angebot könnte im Interesse der Angestellten, der Aktionäre und des Kantons Bern liegen, begründete Berna-Verwaltungsratspräsident Peter Giger die Novartis-Initiative.
Keine Garantie für eine Offerte
Novartis hat zwar noch kein formelles Angebot eingereicht und betonte, es bestehe keine Garantie, dass tatsächlich eine Offerte lanciert werde. Dennoch bestehen bereits konkrete Pläne.
Berna Biotech würde mit der erst kürzlich von Novartis übernommenen US-Tochter Chiron zu einer eigenen Impfstoffdivision zusammenlegen. Chiron ist weltweit der fünftgrösste Impfstoff- und einer der grössten Grippemittelhersteller.
Nur mitelgrosser Fisch
Gemessen am Preis der jüngsten Übernahmen wäre Berna Biotech für Novartis nur ein mittelgrosser Fisch. Für die beiden Generika-Unternehmen Eon Labs und Hexal bezahlte Novartis letztes Jahr 8,6 Mrd. Dollar, für den 58%-Anteil an Chiron legten die Basler 5,1 Mrd. Dollar auf den Tisch.
Novartis verwies in der Mitteilung darauf, dass ein Angebot für Berna Biotech in bar erfolgen würde, nannte aber keine Grössenordnung.
Analysten begrüssten die Avancen von Novartis. Berna Biotech würde eine sinnvolle Ergänzung zum Novartis-Impfstoffgeschäft darstellen, schreibt die Zürcher Kantonalbank, die mit einem Angebot von Novartis rechnet.
swissinfo und Agenturen
Berna Biotech wurde 1898 gegründet unter dem Namen «Schweiz. Serum- & Impfinstitut Bern».
Die Firma hat ihren Sitz in Bern, betreibt aber auch Filialen in Europa und Korea.
Berna Biotech ist spezialisiert auf den Schutz vor Hepatits B, Atemwegserkrankungen und tropischen Krankheiten.
Das Unternehmen beschäftigt rund 700 Personen.
Eine Fusion mit Crucell würde den grössten unabhängigen Impfstoff-Produzenten der Welt hervorbringen.
Unter Biotechnologie versteht man die Umsetzung von Wissen aus Biologie und Biochemie in technische oder technisch nutzbare Stoffe.
Die «Grüne» Biotechnologie bezieht sich auf Pflanzen, inklusive ihrer gentechnischen Veränderung.
Die «Rote» Biotechnologie beschäftigt sich mit der Produktion von Medikamenten und Diagnostika.
Die «Blaue» Biotechnologie befasst sich mit der Herstellung von Nahrungsmittelzusätzen aus dem Meer.
Unter «Weisser» Biotechnologie versteht man biotechnologisch-basierte Produkte und Industrie-Prozesse in der Chemie-, Textil- oder Lebensmittel-Industrie.
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