Biotechnologie: Was bringt die Zukunft?
Die Fortschritte der europäischen Biotechnologie werden laut Schweizer Fachleuten von schlechter Koordination und einem Mangel an Studenten bedroht.
Dieses Warnsignal erfolgte am Kongress in Basel, der zum 25. Jubiläum der in Interlaken gegründeten «European Federation of Biotechnology (EFB)» stattfindet.
«Brücken schlagen» ist das Motto des 11. Europäischen Biotechnologie-Kongresses. Ziel ist, die Kluft zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen sowie zwischen der Wissenschaft und der Gesellschaft zu überbrücken.
«Vor 25 Jahren verstand man unter Biotechnologie ganz einfach die integrierte Anwendung von Biowissenschaften und Technik, was ziemlich neu war», sagt Urs von Stockar von der ETH Lausanne und Vorsitzender des Organisations-Komitees.
«Seit damals hat sich die Biotechnologie rasant entwickelt. Heute gibt es verschiedene Unter-Disziplinen, die höchst wissenschaftlich und zudem extrem spannend sind.»
Dazu gehören beispielweise die Genomik, die Nano-Biowissenschaft sowie die Protein-Forschung.
Zusammenarbeit über Grenzen hinweg
«Wirklich Neues entsteht häufig dann, wenn zwei verschiedene Typen von wissenschaftlichen Disziplinen aufeinander treffen. Plötzlich entsteht so ein Austausch von Ideen,» erklärt von Stockar gegenüber swissinfo.
«Es ist jedoch oft recht schwierig für die einzelnen Wissenschafter, über diese Grenzen zu blicken. Zudem gibt es manchmal sprachliche Schwierigkeiten bei der Terminologie in den einzelnen Gebieten.»
Mit Workshops und Symposien hofft der Kongress, die Kommunikation zwischen Biotechnologen der unterschiedlichen Gebiete zu fördern.
«Es ist sehr wichtig, dass die Wissenschafter in Kontakt kommen mit Dingen, mit denen sie normalerweise nichts zu tun haben», so von Stockar.
Die Fachleute sind sich im allgemeinen einig, dass die Biotechnologie in Europa eine grosse Zukunft hat. Jedoch nur, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind.
«Es ist von grösster Bedeutung, dass die Europäische Union einheitliche Standards und eine einheitliche Gesetzgebung erlässt, damit nicht mit jedem Land separat verhandelt werden muss, was einen riesigen bürokratischen Aufwand bedeuten würde», betont von Stockar.
Für das Bildungswesen besteht zudem die Herausforderung, die bestqualifizierten Kräfte für die Zukunft hervorzubringen.
«Sollten die Voraussagen eintreffen, würden wir rund 25’000 zusätzliche Hochschulabsolventen nötig haben, nur schon um die Bedürfnisse in der Biotechnologie abzudecken», so von Stockar.
«Das ist eine riesige Zahl angesichts der Tatsache, dass in den meisten Ländern pro Jahr lediglich ein paar Tausend ihr Studium abschliessen.»
Bundespräsident warnt vor Überregulierung in der Gentechnologie
Die Biotechnologie gehöre zusammen mit der Informations-Technologie und der Globalisierung zu denjenigen Kräften, die das 21. Jahrhundert entscheidend prägen werden. Dies betonte Bundespräsident Pascal Couchepin n seiner Rede zur Eröffnung des Kongresses am Sonntag.
Er warnte zudem vor einer Überregulierung im Bereich der Gentechnologie. Der Staat habe die Aufgabe, die Grundlagenforschung zu garantieren und zu fördern.
Couchepin rief zudem die Wissenschafter auf, sich dem Dialog mit der Bevölkerung zu stellen.
Zur Sprache kommen werden am Kongress auch die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern sowie die Frage nach Technologie-Transfer.
Mit der Durchführung des Kongresses in Basel, wo zahlreiche chemische, pharmazeutische und biotechnische Firmen beheimatet sind, anerkennt die «European Federation of Biotechnology» die Errungenschaft der Schweiz auf diesem Gebiet.
swissinfo, Vincent Landon
(Übertragung aus dem Englischen: Gaby Ochsenbein)
In der Schweiz gibt es rund 220 neue Bio-Tech-Unternehmen.
Diese lassen sich vor allem in der Gegend von Basel, Zürich und am Genfersee nieder.
Die Schweiz figuriert europaweit auf Rang 6, was die Anzahl Firmen in diesem Sektor betrifft.
In Sachen Kapitalisation und Umsatz in der Biotech liegt die Schweiz auf Platz 2.
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