Bürgerliche vereint gegen die Einheitskrankenkasse
Gegen die Einheitskrankenkasse sprachen sich die Delegierten sowohl der Freisinnigen und der Liberalen, als auch der Christlich-demokratischen Partei aus. Das Volk stimmt am 11. März darüber ab.
Jede Partei hat ausserdem ihr Argumentarium in Hinblick auf die Parlamentswahlen vom kommenden Oktober ausgebreitet.
Die Delegierten der Christlich-demokratische Volkspartei (CVP) lehnten am Samstag die Initiative für eine Einheitskrankenkasse ab.
Das Gesundheitswesen könne nicht im Hau-Ruck-Verfahren reformiert werden. Mit dem Weg des Bundesrates, mit kleinen Schritten und gezielten «chirurgischen Eingriffen», sei das Ziel besser zu erreichen, sagte die christlich-demokratische Bundesrätin Doris Leuthard.
Schon am Vortag hatten auch die Delegierten der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) und der Liberalen Partei der Schweiz (LPS) mit lediglich zwei Gegenstimmen wuchtig die Nein-Parole zu dieser Volksinitiative beschlossen.
«Monströs und archaisch»
Eine Realisierung würde «26 administrative Monster» schaffen, geisselte der freisinnige Bundesrat Pascal Couchepin die Vorlage.
Er setzte auf den freien Wettbewerb als Gegenmittel zum Kostenanstieg im Gesundheitswesen und bezeichnete die Vorlage als «monströs, archaisch und verschwenderisch».
CVP-«Wahlvertrag 07»: Mehr Ökologie
Die CVP-Delegierten verabschiedeten in Sursee ihren «Wahlvertrag 07». Darin wird ökologischen Forderungen mehr Gewicht zugestanden. Laut CVP-Präsident Christophe Darbellay reichen freiwillige Lenkungsabgaben im Umwelt- und Klimaschutz nicht mehr aus: «Es braucht auch Gebote und Verbote.»
Unter anderem fordert die CVP höhere Importzölle für Fahrzeuge mit übermässigem Treibstoffverbrauch und höhere Abgaben für den Transitschwerverkehr.
Weiter will die CVP den Anteil an der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien bis 2020 auf 10% steigern. Viel verspricht sie sich von einer besseren Energieeffizienz dank verbindlichen Standards für Neubauten und Totalsanierungen.
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CVP
Familie, Sicherheit und Beschäftigung
Die drei weiteren Vertragskapitel fordern Massnahmen für eine familienfreundliche und sozial sichere Schweiz mit Vollbeschäftigung. Dazu gehören die steuerliche Entlastung von Familien und der Einsatz für Rentenalter 65 sowie die IV-Reform.
In der Diskussion wurde die ökologische Stossrichtung des Programms unterstützt. Der Wahlvertrag mit insgesamt 37 Artikeln wurde mit 218 Stimmen und einer Gegenstimme genehmigt.
Freisinn und Steuersouveränität
In Genf brach Bundesrat Hans-Rudolf Merz am Samstag vor rund 150 Delegierten der FDP eine Lanze für die Schweizer Steuersouveränität.
Die Diskussionen über die kantonalen Steuerregimes seien ein Angriff auf die Souveränität des Landes. «Die OECD bescheinigt uns einen fairen Steuerwettbewerb», sagte der Finanzminister. Die Beziehungen zur EU seien heute aber so intensiv, dass Meinungsverschiedenheiten nicht ausblieben.
Mit grossem Mehr forderten die Delegierten die Abschaffung der direkten Bundessteuer.
Merz sprach sich für die soziale Marktwirtschaft aus, die seit jeher ein freisinniges Konzept sei. Diese beruhe einerseits auf Prinzipien wie Privateigentum, freiem Marktzugang und Preiskonkurrenz.
Andererseits erfordere sie einen starken Staat. Stärke und Schlankheit würden sich dabei nicht ausschliessen. Ein zuviel an Wohlfahrtsstaat führe in den Kollektivismus.
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FDP.Die Liberalen
Leidiges Thema Swissair
Der Zuger Ständerat Rolf Schweiger beschwor die Wirtschaftskompetenz seiner Partei: Die Medien seien zwar zurzeit gefüllt mit Schlagzeilen über den Fall Swissair und dessen Verknüpfung mit der FDP.
Dennoch müsse die FDP gerade jetzt wieder Anspruch auf Führerschaft in der Wirtschaftspolitik erheben und sich für eine prosperierende Zukunft des Landes engagieren.
Nach Schweigers Aufruf machten sich die FDP-Delegierten daran, ihr Vorgehen bei wirtschaftspolitischen Themen in einem so genannten Wachstumspapier festzulegen.
swissinfo und Agenturen
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LPS
Die Volksinitiative «Für eine soziale Einheits-Krankenkasse», über die am 11. März abgestimmt wird, verlangt für die Grundversicherung eine einzige statt der heute 87 Krankenkassen.
Die Prämien sollen nach dem Einkommen der Versicherten festgelegt werden.
Das Westschweizer «Mouvement populaire des familles» gehört zu den ursprünglichen Initianten.
Fast überall in Europa werden die Krankenkassenprämien nach Einkommen und Vermögen berechnet. In der Schweiz jedoch wird die Prämie unabhängig davon erhoben.
Versicherte mit bescheidenem Einkommen haben aber Anspruch auf Prämien-Reduktion (30% der Bevölkerung).
Das Krankenversicherungs-Gesetz (KVG) schreibt vor, dass jede im Land wohnhafte Person obligatorisch versichert sein muss.
Frei hingegen ist man bei der Wahl einer der 87 bestehenden Krankenkassen.
Die Parlamentswahlen finden in der Schweiz alle vier Jahre statt.
Die nächsten sind für den 21. Oktober 2007 angesagt.
Dabei werden alle 200 Mitglieder des Nationalrats, der Grossen Kammer, neu gewählt.
Was die Kleine Kammer, den Ständerat, betrifft, wird die Wahl durch das jeweilige kantonale Recht geregelt.
Ausser in den Kantonen Appenzell Innerrhoden und Zug werden jedoch in allen Kantonen (Ständen) die Vertreter zum gleichen Zeitpunkt wie jene für den Nationalrat gewählt.
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