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Das Gesundheitswesen als Motor des Wachstums

Der Innenminister auf dem Weg zur St. Peters-Insel. Keystone

Der Schweizer Gesundheitsminister Pascal Couchepin hofft, die Schweiz werde sich international als "Gesundheitsland" positionieren. Er bezieht sich dabei auf eine neue Studie.

Auf seinem traditionellen Ausflug mit den Medien auf die St. Peters-Insel sagte Couchepin, der Markt für Gesundheit könnte zu einem Wachstumsmotor für die Schweiz werden.

Neben dem klassischen auf Heilung zielenden Gesundheitsmarkt entwickle sich immer stärker auch ein neuer Markt für Prävention und die Erhaltung der Gesundheit. Die Schweiz solle an diesem Wachstumsmarkt teilhaben und ihre guten Voraussetzungen dafür nutzen, so Bundesrat Pascal Couchepin.

Eine Studie, welche das Gottlieb Duttweiler Institut in seinem Auftrag erstellt hat, sieht gar eine Chance, die Schweiz international als eigentliches «Gesundheitsland» zu positionieren.

Sie könnte sich einerseits als Zentrum für hochstehende Chirurgie und medizinische Forschung einen Namen machen und sich andererseits im Tourismus als bevorzugte Destination für Gesundheitstourismus etablieren.

Solidarität nimmt ab

Ein wachsendes Angebot richte sich nicht an die Kranken, sondern an die Gesunden. Davon profitierten immer neue Industrien. Ihre Produkte seien besonders gesunde Nahrungsmittel (Functional-Food), Fitness-, Sport- und Wellness-Angebote sowie Lifestyle-Medikamente.

Dazu käme der wachsende Gesundheits- und Medizinaltourismus, Schönheitschirurgie und die Medizinaltechnologie.

Doch öffne sich im Gesundheitsverhalten der Schweizerinnen und Schweizer eine Schere, stellt die Studie fest. Neben der Zahl der Gesunden wachse auch die Zahl der Kranken. Es bestehe die Gefahr, dass Krankheit als Resultat individuellen Fehlverhaltens interpretiert werde. Die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken nehme ab.

Politik ist gefordert

Das Angebotsspektrum der Gesundheitsmärkte differenziere sich zusehends in ein Standard- und ein Premium-Segment, sagt die Studie voraus. Diese Polarisierung berge das Risiko einer «Zwei-Klassen-Medizin», in der sich Finanzschwächere keine hoch stehende Grundversorgung mehr leisten könnten.

Laut Couchepin fällt der Politik in diesem Kontext die Aufgabe zu, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen und für ein wettbewerbsfähiges Gesundheitswesen zu sorgen. Dabei müsse vermehrt in Netzwerken gedacht werden, sagte der Innenminister.

Eigenverantwortung

Eine weitere Bedingung für eine nachhaltige Gesundheitspolitik ist laut Couchepin, dass die Prämien nicht ins Unendliche steigen. Die Politik müsse darum genau überlegen, welche Leistungen in die soziale Krankenversicherung gehörten und welche nicht.

In diesem Bereich stehe die Eigenverantwortung der Menschen im Vordergrund, welche der Staat aber fördern dürfe. «Solidarität und Eigenverantwortung müssen in der richtigen Balance bleiben», sagte Couchepin.

Tiefster Prämienanstieg seit 10 Jahren

Den Krankenversicherten stellte Pascal Couchepin für nächstes Jahr die geringste Prämienerhöhung seit zehn Jahren in Aussicht. Der Gesundheitsminister geht von einem Anstieg in der Grössenordnung von rund 3% aus.

Der Innenminister führte diese Entwicklung auf eine Reihe seiner Kostensenkungs-Massnahmen zurück, so etwa auf die Verbilligung vieler Medikamente, die Senkung der Mindestreserven der Krankenkassen oder den Ausschluss der Komplementärmedizin aus der Grundversicherung.

Gleichzeitig gab Couchepin seiner Hoffnung Ausdruck, dass das Pendel nächstes Jahr nicht wieder zurückschlagen wird. «Ich hoffe, dass es nachhaltig sein wird», sagte er.

swissinfo und Agenturen

Mit Kosten von 59 Mrd. Fr. jährlich und 10% Beschäftigten innerhalb der aktiven Bevölkerung ist das Gesundheitswesen einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Schweiz.

Im Jahr 2005 haben die Gesundheitskosten um 5,4% zugenommen. Im Schnitt zahlt jede versicherte Person 228 Fr. monatlich an Krankenkassenprämien.

Das neue Krankenversicherungs-Gesetz (KVG) ist seit 1996 in Kraft. Die Grundversicherung ist obligatorisch unter dem Prinzip der Solidarität zwischen allen Versicherten.

Jeder und jedem Versicherten ist damit im Falle einer Erkrankung der Zugang zu einer Behandlung garantiert.

Das System wird durch Prämien finanziert, die von Kanon zu Kanton und von Kasse zu Kasse unterschiedlich hoch sind. Personen mit tiefen Einkommen haben Anrecht auf Vergünstigungen.

Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandprodukt:

Schweiz: 11,6%
USA: 15,3%
Deutschland: 10,9%
Frankreich: 10,5%
Italien: 8,4%

Ausgaben pro Einwohner und Jahr (Dollars):

Schweiz: 4077
USA 6102
Deutschland 3005
Frankreich 3159
Italien 2392

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