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Der Alptraum im Ferienparadies

Schweizerinnen und Schweizer bei der Ankunft in Zürich. Keystone

Die Flutkatastrophe in Südostasien hat auch Strände, Ressorts und Traum-Inseln zerstört. Schweizer Touristen wurden von den Flutwellen überrascht.

Bei den rund 40’000 in der Schweiz lebenden Tamilen sitzt der Schock tief.

«Als ich von der Flutkatastrophe hörte, bekam ich einen Schock, weil meine Eltern im Moment dort sind», erzählt Krishanthan Vivekanandan im Gespräch mit swissinfo. Der 20-jährige Tamile kam als 9-Jähriger in die Schweiz. Seine Eltern reisten kurz vor Weihnachten nach Colombo, in ihre Heimat, in die Ferien.

Sie sind wohlauf, aber Vivekanandans Kollege kommt aus einem Dorf, das 1000 Tote zu beklagen hat. «Viele meiner tamilischen Kollegen wurden nachts von einem Anruf aus Sri Lanka geweckt. Sie konnten dann nicht mehr schlafen, weil sie Angst um ihre Verwandten und Bekannten hatten.»

In der Schweiz leben knapp 40’000 Tamilen, die grösste Gemeinschaft in Europa. Die Schweizer Aussenpolitik unterstützt den Friedenprozess in Sri Lanka.

Viele Schweizerinnen und Schweizer assoziieren die Insel im Indischen Ozean allerdings nicht mit dem Bürgerkrieg, sondern mit Palmen und Sandstränden.

Zerstörtes Flughafengebäude

Zur Zeit der Katastrophe befanden sich 330 Kunden der grossen Schweizer Reisebüros auf Sri Lanka. 400 waren in Thailand und 970 auf den Malediven.

Die Schweizer Reisebranche geht davon aus, dass sich zur Zeit des Seebebens insgesamt rund 2500 Schweizer Touristen in den betroffenen Regionen befanden.

Im Deutschschweizer Fernsehen berichtete eine Touristin, wie sie die Katastrophe auf dem Flughafen von Malé – der Hauptstadt der Malediven – erlebt hatte.

«Zuerst realisierten wir gar nicht, was passierte. Doch plötzlich sahen wir eine Wasserwelle kommen. Die Leute schrien, weil überall Wasser ins Terminal strömte. Die Wucht der Welle hat die Rückwand des Terminals zerbrochen und meinen Mann verletzt.»

Überspülte Hotelanlagen und Inseln

Ingrid Deltenre, die Direktion des Deutschschweizer Fernsehens, wurde während ihren Thailand-Ferien vom Erdbeben und den nachfolgenden Flutwellen überrascht.

«Die Welle war nicht besonders hoch, vielleicht zwei Meter, der Druck der Welle war jedoch sehr gross. Die ganze Hotelanlage wurde überspült. Wer konnte, rannte weg.»

Ein anderer Schweizer, Jürg Leuzinger, ist Hoteldirektor auf dem Süd-Malé Atol auf den Malediven. Er sass in seinem Büro, als die Welle kam.

«Ich sah ein ‹Riesenwasser› auf uns zukommen. In der Zeit, bis ich draussen war, war die ganze Sache schon am Überborden und Überspülen. Die Tische und Stühle von der Terrasse kamen mir entgegen. Die ganze Insel wurde blitzartig einen Meter hoch überschwemmt.»

Mit Notstrom das Handy laden

Leuzinger musste alle Touristen aus seinem Inselparadies abreisen lassen.

«Der Betrieb ist nicht mehr führbar. Die Installationen sind kaputt. Wir haben keinen Strom mehr, die Wasserpumpen funktionieren nicht mehr. Mit einem Notstrom-Generator stellen wir etwas Strom her für die Notbeleuchtung und um alle Handys zu laden.»

Die ersten Touristen aus den betroffenen Gebieten sind am Montag zurückgekehrt. Bei der Rückkehr haben Personen von schwer betroffenen Stränden und Inseln Priorität.

Die Rückkehrer berichten von dramatischen Szenen und großen Zerstörungen. «Dann kam eine Riesenflutwelle und hat den ganzen Strand mitgerissen», beschrieb ein Rückkehrer die Welle. «Ich wollte nur noch weg.»

swissinfo, Andreas Keiser

Das Beben von Sonntag morgen (2 Uhr nachts Schweizer Zeit) mit der Stärke 9 auf der Richterskala ist das stärkste Beben seit 1964 (Alaska).

Gemäss amerikanischen Seismologen handelt es sich beim jetzigen Beben um das fünfstärkste seit 1900.

Verschiedene Flutwellen haben die Küsten von Sri Lanka, Indien, Indonesien, Malaysia, Thailand, Myanmar (Burma) und die Malediven überspühlt.

Die Zahl der Toten wird auf über 23’000 geschätzt. Die Bilanz verschlimmert sich stündlich.

Noch immer werden Tausende von Menschen vermisst.

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