Der Sommer spielt verrückt
Schnee bis hinunter auf 1600 Meter, Regen ohne Ende, leere Badeanstalten, Ernteausfälle bei Obst und Gemüse - der Sommer 2007 macht seinem Namen bisher keine Ehre.
Dafür boomt derzeit das Last-Minute-Geschäft für Reisen an die Sonne. Doch für’s nächste Wochenende schon versprechen die Wetterfrösche Hitzetage.
Die Schweizer Alpen waren am Dienstagmorgen oberhalb von 1800 Metern mit einer Schneeschicht überzogen.
Im Glarnerland schneite es in der Nacht auf Dienstag sogar bis auf 1600 Meter. Bei der Messstation Glärnisch auf 1630 Metern wurden 12 Zentimeter Neuschnee registriert.
Auf dem Weissfluhjoch betrug die Schneehöhe knapp 20 Zentimeter. In Lagen über 1800 bis 2000 Meter war es fast überall weiss.
Kälter als im Winter
Ausgelöst wurde der Sommer-Schnee durch Höhenkaltluft. Auf dem Jungfraujoch wurden am Dienstagmorgen um 8 Uhr minus 10 Grad Celsius gemessen, 6 Grad weniger als am 10. Januar zum selben Zeitpunkt.
In den Niederungen herrschen Temperaturen wie sonst im März oder April. Die aktuellen Werte liegen laut dem Wetterdienst MeteoSchweiz deutlich unter dem langjährigen Mittel. In St. Gallen wurden am Dienstagmorgen 7,9 Grad Celsius gemessen, im bündnerischen Samedan waren es 3 Grad.
Besserung in Aussicht
In den kommenden Tagen seien nur noch schwache Niederschläge zu erwarten, sagte der Meteorologe Ralph Rickli von Meteotest Bern.
Auf der Alpennordseite sei bis am Donnerstag nicht mit mehr als 10 Millimeter Regen zu rechnen. Am Wochenende sei mit mehrheitlich trockenem Wetter zu rechnen.
Run auf Last Minute-Angebote
Die Schweizer Reiseveranstalter erleben derzeit wegen des nassen Wetters einen regelrechten Run auf Last Minute-Angebote. Viele Schweizer und Schweizerinnen zieht es in Gegenden, wo Sonne und Wärme garantiert sind.
Kuoni hat in den letzten Wochen merklich mehr Last-Minute-Reisen als sonst verkauft. Vor allem seit letzter Woche sei die Nachfrage stark gestiegen, sagte Kuoni-Sprecher Peter Brun. Ganz stark sei der vergangene Montag gewesen. Einen ähnlichen Trend verzeichneten TUI Schweiz und Hotelplan.
Der Pegelstand der Seen im Kanton Bern ist nach wie vor hoch. Am Thunersee hat sich die Lage nach dem Nachlassen der Niederschläge etwas entspannt. Der Thunersee erreichte in der Nacht zwar die Vorwarngrenze von 558,0 Metern, blieb am Dienstagmorgen immerhin stabil. Noch nicht von einer Entspannung sprechen die Behörden am Bielersee.
Folgen bis in die Regale
Während der Regen auf die Schweiz niederprasselt, steigen in den Lebensmittelläden die Gemüsepreise in die Höhe, denn grosse Teile der Schweizer Ernte sind unbrauchbar.
Um den einheimischen Bedarf zu decken, sind die Grossverteiler Migros und Coop vermehrt auf Importe aus dem nahen Ausland angewiesen. Aber nicht alle Gemüsesorten können importiert werden.
Besonders knapp sind Spinat, Nüssler und Rucola, ebenfalls Blumenkohl oder Broccoli. Die Preise haben beispielsweise beim Kopfsalatum um bis zu 80% angezogen.
Kirschen platzen auf
Neben den Gemüse- und Getreidebauern leiden auch die Kirschenproduzenten in der Nordwestschweiz unter dem Regenwetter. Die bisherigen Erntemengen sind im grössten Schweizer Anbaugebiet spürbar geringer als erwartet. Gerechnet wird bei der diesjährigen Ernte mit Einbussen von rund einem Viertel.
Kirschen platzen bei anhaltendem Regen auf. Einbussen gab es vor allem bei den Kirschen von ungeschützten Hochstamm-Bäumen.
Deutlich besser sieht die Lage dagegen bei den Tafelkirschen aus überdachten Anlagen aus, wie am Dienstag beim Landwirtschaftlichen Zentrum Ebenrain des Kantons Baselland in Sissach zu erfahren war.
swissinfo und Agenturen
Das schlechte Wetter hat bislang noch wenig Auswirkungen auf den Tourismus in der Schweiz. Wer längerfristig gebucht habe, halte eher an den Ferienplänen fest als Kurzentschlossene, heisst es beim Verband hotelleriesuisse. Ausserdem ist die Südschweiz weniger vom schlechten Wetter betroffen.
Etwas mehr Einbussen stellen die besonders wettersensiblen hochalpinen Destinationen fest. Namentlich unter der Woche sind die Hütten des Schweizerischen Alpen-Clubs (SAC) trotz Hochsaison nicht wie üblich voll.
Erhebliche Einbussen haben die Badeanstalten und die damit verbundenen Gastrobetriebe. Das populäre Berner Marzili-Bad zählte an einzelnen Tagen gerade mal drei Besucher.
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