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Die Folgen der Klimaerwärmung bewältigen

Murgänge wie jener, der 2005 in der Nähe von Schüpfheim fast ein Haus wegriss, könnten in Zukunft vermehrt die Schweiz heimsuchen. Keystone

Die Temperaturen in der Schweiz werden bis 2050 um zwei bis drei Grad steigen. Hitzewellen und Trockenperioden werden in Zukunft häufiger auftreten.

Zu diesem Schluss kommt eine Experten-Studie im Auftrag des Bundes. Die Folgen der Erwärmung seien zu bewältigen, die Kosten können aber noch nicht beziffert werden.

Die am Mittwoch in Bern präsentierte Studie geht davon aus, dass die Durchschnittstemperaturen in der Schweiz im Winter, Frühjahr und Herbst bis 2050 um rund 2 Grad steigen werden. Gar um knapp 3 Grad wärmer werden dürften die Sommer.

Im Winter werden rund 10% mehr Niederschläge erwartet, im Sommer rund 20% weniger. Nach 2050 allerdings könnten die Folgen der Klimaerwärmung drastischer ausfallen.

«Der Bericht zeigt eine Momentaufnahme einer Entwicklung, die sich beschleunigen und zu viel stärkeren Veränderungen führen wird», sagte Roland Hohmann. Er ist als Projektleiter im Beratenden Organ für Fragen der Klimaänderung des Bundes (OcCC) verantwortlich für die ProClim-Studie «Klimaänderung und die Schweiz 2050».

Gegenüber swissinfo sagte Christoph Frei, Klimaforscher bei Meteo Schweiz: «Neu an der Studie ist, dass wir nunmehr die Klimaveränderungen quantifizieren können».

Preis unbekannt

Der Preis des Klimawandels für die Volkswirtschaft ist derzeit noch offen. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) kündigte anlässlich der Präsentation einen zweiten Bericht zu den mittelfristigen Kosten an. Publiziert werden soll er im kommenden Sommer.

Denn der Klimawandel kostet: Mehr und stärkerer Regen, auch in höheren Lagen, fordert Massnahmen bei der Raumplanung, um die möglichen Unwetterschäden klein zu halten. Nötig sind laut den Autoren ferner Gewässer-Renaturierungen und der Schutz von Gebäuden.

Angesichts der Konkurrenz um möglicherweise knappes Wasser in trockenen Sommern brauche es Verteilregelungen und eine integrale Bewirtschaftung der Wasser-Ressourcen, sagte Bruno Schädler vom BAFU. Die Stromproduktion aus Wasserkraft könnte daher um bis zu 7% zurückgehen.

Höherer Energieverbrauch

Doch der Klimawandel wird laut der Studie den Energiemarkt noch stärker beeinflussen. Die Kühlung in den heissen Sommern wird zu mehr Nachfrage nach Strom führen. In den wärmeren Wintern wird weniger Energie zum Heizen gebraucht.

Die Studie fordert als Massnahmen gegen die steigende Strom-Nachfrage energieeffiziente Geräte und ans Klima angepasste Baunormen.

Chance für erneuerbare Energien

Steigende Preise und die Nachfrage nach CO2-frei produzierter Energie könnten neue erneuerbare Energien konkurrenzfähiger machen. Im Vergleich zu heute könnte der Verbrauch erneuerbarer Energien bis 2050 um rund 10% ansteigen. Im Vordergrund sehen die Autoren der Studie Wind- und Holzenergie.

Das Potenzial der Wald- und Holzwirtschaft könnte nach ihren Einschätzungen um das Dreifache ansteigen. Sie fordern indes, dass der mit der Energiegewinnung aus Holz verbundene Schadstoffausstoss verringert wird. Die sich abzeichnende Lücke in der Stromversorgung soll möglichst reduziert werden.

In erster Linie soll dies gemäss der Studie über die Förderung erneuerbarer Energien und Energiesparmassnahmen geschehen. Strom soll künftig möglichst ohne CO2-Ausstoss produziert werden.

Tourismusbranche gefordert

Vom Klimawandel gefordert ist die Tourismusbranche. Die heissen Sommer könnten Fremdenverkehrsorte in den Bergen und an Seen zwar attraktiver machen, heisst es in der Studie. Die Kühlung suchenden Sommergäste könnten die wegen der wärmeren Winter zu erwartenden Verluste von Hotellerie und Bergbahnen aber nicht wettmachen.

Untersucht wurden auch die Folgen der Erwärmung für die Gesundheit. Hitzewellen und hohe Ozonkonzentrationen führen zu mehr Todesfällen, schränken aber auch die Leistung der Arbeitstätigen ein und haben Folgen für die Wirtschaft.

Der Landwirtschaft bringt eine moderate Erwärmung von unter 2 bis 3 Grad höhere Ernten – mindestens solange genügend Wasser verfügbar ist. Bei einer Erwärmung von über 3 Grad dürften nach Einschätzung der Forscher aber die Nachteile überwiegen.

swissinfo und Agenturen

Die Studie «Klimaänderung und die Schweiz 2050. Erwartete Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft» wurde verfasst vom Beratenden Organ für Fragen der Klimaänderung (OcCC) und der Plattform für Climate und Global Change (ProClim) der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften.

Die Arbeiten dauerten rund fünf Jahre, beteiligt waren ungefähr 100 Forschende.

Das OcCC wurde 1996 von den Eidgenössischen Departementen des Innern (EDI) und für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) eingesetzt.

Im Organ wirken rund 30 Persönlichkeiten aus Forschung, Wirtschaft sowie aus der Bundesverwaltung mit.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat gleichentags eine Studie publiziert, welche die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft beleuchtet.

Das Institut erwartet eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und bis im Jahr 2050 volkswirtschaftliche Schäden von bis zu 800 Mrd. Euro, wenn keine zusätzlichen Schutzmassnahmen getroffen werden.

Fast alle Wirtschaftszweige würden unter der Klimaerwärmung leiden, allen voran die Finanzbranche und stark energieabhängige Unternehmen.

Als Gegenmassnahmen werden Energiesparen und mehr Effizienz angemahnt, aber auch ein Umstieg auf CO2-freie Kraftwerke und Antriebsstoffe sowie der Ausbau erneuerbarer Energien. Dazu seien bis 2050 Investitionen von insgesamt 260 Mrd. Euro notwenig, d.h. 6 Mrd. pro Jahr.

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