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Die Lektionen des Hochwassers lernen

Im Berner Oberland sind die Aufräumarbeiten noch nicht abgeschlossen. swissinfo.ch

Einen Monat nach dem Hochwasser ist der Alltag in die Schweizer Überschwemmungs-Gebiete zurückgekehrt. Die Prävention muss jetzt verbessert werden.

Die Überschwemmungen, ausgelöst durch starke Regenfälle, zerstörten Häuser, Strassen und Geleise. Sie schnitten ganze Dörfer von der Aussenwelt ab.

Die Bilder von Menschen, die von Helikoptern von den Dächern ihrer Häuser gerettet wurden, oder Häusern, die im Schlamm versanken, flimmerten über die Mattscheiben der Schweizer Fernsehgeräte.

Nach schweren Regenfällen kam es insbesondere im Berner Oberland und der Zentralschweiz zu Erdrutschen und Überschwemmungen. Insgesamt kamen sechs Menschen ums Leben.

In einigen der am stärksten betroffenen Dörfer laufen die Aufräumarbeiten immer noch, und es wird noch mehrere Wochen dauern, bis alle Strassen und Bahnlinien repariert sind.

Schäden von bis zu 2 Mrd. Franken

Der Gesamtschaden der Überschwemmungen wird auf bis zu 2 Mrd. Franken geschätzt. Inbegriffen sind dabei die Verluste für die Tourismusindustrie, die nach den Überschwemmungen Stornierungen und einen deutlichen Einbruch von Buchungen verzeichnen musste. Die für die Landeswerbung zuständige Organisation Schweiz Tourismus hat denn bereits eine grosse Werbekampagne gestartet, um die Feriengäste wieder in die Schweiz zu locken.

Vor zwei Wochen hat das Staatsekretariat für Wirtschaft (seco) einen Bericht zur Schweizer Wirtschaft veröffentlicht, der davon ausgeht, dass die Überschwemmungen das Wirtschafts-Wachstum nicht wesentlich beeinträchtigen werden. Das seco geht davon aus, dass die Ausgaben für die Reparaturen negative Auswirkungen mehr denn wett machen werden.

Ruf nach Prävention

Nach dem Rückgang des Wassers steht jetzt die Diskussion um die Prävention im Mittelpunkt des Landes, das in den vergangenen sechs Jahren nicht eine, sondern zwei «Jahrhundert-Fluten» erlebt hat.

Marc Zaugg, Geograph an der Universität Zürich und Spezialist für Hochwasser-Kontrolle, sagt gegenüber swissinfo, dass bürokratische Hürden und gegenläufige Interessen der Prävention im Weg stünden. «Auf Bundesebene wird eine Richtung eingeschlagen, die in die richtige Richtung weist. Die Gesetze müssen aber von den Kantonen umgesetzt werden», so Zaugg.

Im Zentrum der Diskussion stehen die Verbreiterung der Flussbetten und die Vollendung der Gefahrenkarten, welche gefährdete Gebiete bezeichnen und damit auch Einfluss auf den Zonenplan haben.

Auch die Gemeinden sind betroffen, da sie einen Teil der Kosten übernehmen müssen und auch für den Unterhalt der Flussufer zuständig sind. Bund, Kantone und Gemeinden müssten besser zusammen arbeiten, fordert Zaugg.

Lähmender Föderalismus

Dass der Föderalismus die Präventionsarbeit behindert, zeigte sich nach der Überflutung von Teilen der Städte Thun und Bern. Vertreter von Gemeinde und Kanton schoben sich gegenseitig die Schuld zu, nicht genug getan zu haben seit dem letzten Hochwasser im Jahre 1999.

Vergangene Woche zeigten sich die Kantonsregierung und die 18 Gemeinden entlang der Aare vereint und beschlossen, besser zusammenzuarbeiten, um ein weiteres solches Ereignis zu verhindern.

Als dringlich wird auch die Fertigstellung der Gefahrenkarten und eines Frühwarnsystems erachtet. Stephan Vogt vom Bundesamt für Wasser und Geologie geht davon aus, dass ein Frühwarnsystem Mitte des kommenden Jahres eingeführt werden könnte. Dieses würde Niederschlag, Temperatur und Fliessgeschwindigkeiten registrieren.

swissinfo, Dale Bechtel
(Übertragung aus dem Englischen: Philippe Kropf)

Mitte August regnete es während vier Tagen fast ununterbrochen – es kam zu Überschwemmungen in Teilen der Schweiz.
Am stärksten betroffen waren das Berner Oberland und die Zentralschweiz.
Die Schäden für die Wirtschaft werden auf bis zu 2 Mrd. Franken geschätzt.

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