Die Resultate
Am Freitag wurden dem Plenum die Resultate aus den drei Arbeitsgruppen präsentiert.
Themen waren Föderalismus und Aussenpolitik, Dezentralisierung und Konfliktprävention in multikulturellen Gesellschaften sowie Kompetenzverteilung und Finanzföderalismus.
«Ich habe nicht gewusst, dass Napoleon so viel intellektuellen Einfluss auf unser Land hat», sagte der ehemalige Staatssekretär Jakob Kellenberger vor dem Plenum. Und in der Tat, kaum ein Vertreter der offiziellen Schweiz, der den Franzosen nicht zitiert hätte.
Doch nicht Napoleon, der aus Respekt vor der Vielfalt der Schweiz sein helvetisches Zentralstaat-Experiment abbrach, stand im Zentrum der Konferenz, sondern die Überzeugung, dass die föderalistischen Strukturen den geschichtlichen Erfahrungen eines Landes und den Identitäten seiner Bürger Rechnung tragen müssen.
Denkanstösse
Doch gerade der Respekt für die Vielfalt, führt zu spezifischen Lösungen und diese sind nur schwer übertragbar. Was die Konferenz deshalb bieten konnte, waren vor allem Denkanstösse.
Dies sei allerdings nicht zu überschätzen, wie Alt-Bundesrat Arnold Koller gegenüber swissinfo betonte. «Die Teilnehmer werden sehr viele Anregungen mit nach Hause nehmen. Ich weiss aus meiner persönlichen Erfahrung mit der Revision der Bundesverfassung, wie wichtig solche Anregungen sein können.»
Aussenpolitik
Je näher sich die Teilnehmer in den Arbeitgruppen waren, desto fruchtbarer war der Dialog. Dies traf für das europäisch und nordamerikanisch dominierte Thema Aussenpolitik zu, wie auch auf das eher technische Thema Finanzföderalismus.
Kellenberger, der das Thema Föderalismus und Aussenpolitik präsentierte, wies auf die grosse Unterschiede zwischen den aussenpolitischen Kompetenzen von Gliedstaaten hin.
Gerade in Westeuropa hätten die Gliedstaaten viele gemeinsame Interessen und Probleme und die Mitwirkung der Gliedstaaten bei der EU-Politik sei von grosser Bedeutung. Denn die Länder Westeuropas spürten die europäische Integration viel stärker als die Globalisierung.
Aber auch im Nicht-EU-Land Schweiz würden die Kantone stark darunter leiden, in Europa nicht mitreden zu können.
Föderalismus nicht überschätzen
Laut Kellenberger gibt es jedoch keinen Zweifel, dass die Kooperation der Gliedstaaten in bezug auf die Aussenpolitik die aussenpolitische Position des Nationalstaates stärkt. Dies sei bei den bilateralen Verhandlungen klar zum Ausdruck gekommen. Wichtig sei aber das Vertrauen zwischen den Gliedstaaten und den Bundesbehörden.
Es sei interessant, meinte Kellenberger, dass föderale EU-Staaten durch ihre EU-Mitgliedschaft weder die Identität ihrer Gliedstaaten noch die des Nationalstaates gefährdet sehen.
Man dürfe die Vorteile föderalistischer Staaten jedoch nicht überbewerten, betonte Kellenberger. Bewaffnete Konflikte gebe es in föderalistischen Staaten wie auch in nicht-föderalistischen Staaten.
Er habe aber keine Zweifel, dass ein föderalistischer Staat eher Konflikte vermeiden könne, denn er respektiere die Verschiedenheit. Er hoffe, dass sich dieser Respekt auf alle Länder und alle Menschen ausbreite.
Konfliktprävention
Kellenberger leitete damit zur UNO-Sonderberaterin Nafis Sadik über, die das Thema Dezentralisierung und Konfliktprävention in multikulturellen Gesellschaften präsentierte.
Das Thema sei komplex und voller Minen und Fussangeln. Selbst unter idealen Voraussetzungen sei der Föderalismus wie der Flug einer Hummel: technisch unmöglich, aber irgendwie funktioniert es doch.
In der Arbeitsgruppe sei es nicht gelungen, allgemeine Lösungen vorzulegen. «Alle Situationen sind unterschiedlich und die Geschichte anders. Es gibt nur einzigartige Lösungen», meinte Sadik.
Nur ein Rechtsstaat respektiert Vielfalt
Der Föderalismus biete eindeutig mehr Potential für Konfliktlösung als der Zentralstaat. «Föderalistische Lösungen schützen die Einheit, schaffen Raum zum Zusammenleben und fördern die wirtschaftliche Entwicklung», sagte Sadik.
Voraussetzung für den Föderalismus sei ein Umfeld, das den Rechtstaat und die Vielfalt respektiere sowie über genügend Mittel verfüge.
Finanzföderalismus
Die Verteilung der Mittel war unter anderem das Thema der Arbeitsgruppe Kompetenzverteilung und Finanzföderalismus, die der Kanadier Bob Rae präsentierte.
Kompetenzen und Finanzen gehörten zusammen, betonte Rae. Jene staatliche Ebene, die für die Bereitstellung einer Leistung verantwortlich sei, müsse diese auch finanzieren. Beim Finanzausgleich sei es äusserst wichtig, dass bei Transferzahlungen die Transparenz und Objektivität gewährleistet sei. Sonst komme es leicht zu diskriminierenden Lösungen und Krisen.
Beim Thema Finanzausgleich wurde die Diskrepanz zwischen den Teilnehmern besonders deutlich. Als der Schweizer Finanzminister Kaspar Villiger von armen und reichen Kantonen sprach, präzisierte ein Teilnehmer aus Argentinien, in der Schweiz müsse man wohl eher von reichen und sehr reichen Kantonen sprechen.
Hansjörg Bolliger, St. Gallen
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