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Einstein – ewig populäre Identifikationsfigur

Einstein an einem Podium in Princeton im Februar 1950. Keystone

Albert Einstein verbrachte entscheidende Jahre in der Schweiz. Nach dem Studium in Zürich entwickelte er in Bern die Relativitätstheorie.

Einsteins Popularität ist bis heute ungebrochen. Seine Leistungen als Physiker sind nur ein Aspekt des Ruhmes.

Dieses Wochenende findet in Bern im Beisein internationaler Prominenz aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft ein Festakt zum Internationalen Jahr der Physik statt. Ein Höhepunkt im Einstein-Jahr in der Schweizer Hauptstadt, wo seit einigen Wochen auch die weltweit grösste Einstein-Ausstellung zum Besuch lädt.

Einsteins Ruhm hat einen Mythos begründet, der ihn auch über die Grenzen der Physik hinaus weltberühmt und unsterblich machte. Das Geheimnis für diesen Nimbus, darin sind sich die Einstein-Experten einig, liegt ebenso in seinem Wirken wie in seiner Wirkung.

Es sei kein Widerspruch, dass Einstein so verehrt werde, aber kaum jemand erklären könne, was er wirklich geleistet habe, sagt Knut Wolf Urban, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG).

Schliesslich nähre das Geheimnisvolle den Ruhm mehr als das Nachvollziehbare. «Nichtverständnis fördert den Aspekt, dass jemand Grosses vollbracht hat», sagt Urban.

Das alte Weltbild umgestossen

Ausgangspunkt des Mythos Einstein sind zweifellos seine Leistungen als Physiker. Mit seiner Relativitätstheorie und seinen grundlegenden Arbeiten zur Quantentheorie habe er sich «zum Vollender und Überwinder der klassischen Physik» gemacht, erklärt Einstein-Biograph Jürgen Neffe.

Einsteins Leistungen beurteilt Neffe als «epochale Hammerschläge, mit denen er das Gebäude der Physik niedergerissen hat, um auf den Trümmern sein bis heute gültiges, neues Weltbild zu errichten».

Auch Professor Dieter Hoffmann vom Max-Planck-Institut für Wissenschafts-Geschichte und Wissenschaftstheorie betont, Einstein habe wichtige Grundlagen für die moderne Physik gelegt.

Dabei habe er sich zugleich mit Fragen beschäftigt, zu denen jedem etwas einfalle, beispielsweise mit den Aspekten Raum und Zeit. Dass Einstein das alte Weltbild umgestossen habe, habe ihn dem Mann auf der Strasse zweifellos näher gebracht.

In Amerika verehrt wie ein Popstar

Einsteins Ruhm explodierte in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts, genauer gesagt ab Ende des Jahres 1919. Eine britische Expedition zur Beobachtung der Sonnenfinsternis bestätigte damals die Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Das brachte Einstein auf die Titelseiten der Zeitungen. «Von diesem Moment an galt er als Weltstar», sagt Hoffmann. Die Begeisterung pflanzte sich fort von England nach Amerika, wo Einstein wenig später verehrt wurde wie heute ein Popstar.

Massgeblich für diese Popularität, die sich nicht auf Fachkreise beschränkte, sondern die breite Bevölkerung erfasste, war der zeitliche Kontext: Die Schatten der Nachkriegszeit fielen auf Europa, die Menschen fühlten sich entwurzelt. «Einstein hat den Menschen Trost gebracht», sagt der Autor und Wissenschaftsjournalist Neffe.

Allein durch Nachdenken sei es dem Physiker gelungen, das Universum und dessen Tiefen zu durchdringen. «Es fasziniert die Leute, wenn ein einzelner Mensch eine so komplizierte Theorie entwickelt und ein ganzes Universum nur mit Papier und Bleistift schafft», so Einstein-Biograph Thomas Bührke.

Zweite Geburt als Ikone

Mit der Bestätigung der Relativitätstheorie wurde Einstein von den Massenmedien entdeckt. Sie machten ihn «in einem beispiellosen Personenkult zum ersten globalen Popstar der Wissenschaft», wie es Neffe ausdrückt.

Damals sei Einstein ein zweites Mal geboren worden – «als Legende und Mythos, als Idol und Ikone eines ganzen Zeitalters». Innerhalb kürzester Zeit hatte fast jeder von Einstein und seinem Werk gehört, auf einmal war sein Name in aller Munde.

Zu dieser Verklärung trug auch bei, dass Einstein sich selbst gut verkaufen konnte. «Er hatte Medienkompetenz, auch wenn er von seiner Persönlichkeit her zum Einzelgängertum neigte», sagt Hoffmann. Und so lernte der Wissenschafter schnell, sich die Medien zu nutze zu machen.
Nahezu perfekt bediente Einstein das Bild vom Weltstar und begründete seinen Mythos – nicht zuletzt durch sein Erscheinungsbild. Mit seinem Äusseren, das einen eher schlampigen, zuweilen vernachlässigten Eindruck machte, vermittelte er das Image des netten, zerstreuten Professors.

Ein Leben ausserhalb des Elfenbeinturms

«Er ist das Symbol für den vergeistigten Wissenschafter schlechthin», urteilt Biograph Bührke. Und DPG-Präsident Urban bezeichnet Einsteins Erscheinungsbild als «Understatement ersten Ranges»: «Einstein war jemand, mit dem man sich identifizieren konnte.» Mit seinem Auftreten habe er seine Individualität und Unabhängigkeit zur Schau gestellt.

Ein weiterer Aspekt für Einsteins bis heute ungeschmälerten Ruhm ist die Tatsache, dass er als einziger seiner Zunft politisch aktiv wurde. Für die meisten Physiker seiner Zeit, so sagt Bührke, glich die Wissenschaft einer Arbeit im Elfenbeinturm.

Einstein dagegen engagierte sich politisch. Er war, wie Urban es ausdrückt, «Pazifist, Querdenker, Idealist und politischer Mensch in einem».

swissinfo und Alexandra Rehn, AP

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