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Einstein: Genie und Macho

Einstein und seiner erste Frau, Mileva Maric, 1910 in Prag. Keystone

Vor 100 Jahren entwickelte Albert Einstein die Relativitätstheorie. Er lebte damals mit seiner Frau Mileva, von der er sich später scheiden liess, in Bern.

Auf dem Gebiet der Physik war Einstein ein Genie. In seinen Beziehungen zu Frauen hatte er weniger Erfolg. Im Allgemeinen zollte er ihnen wenig Respekt.

«Verglichen mit diesen Weibern ist jeder von uns ein König, denn er steht halbwegs auf eigenen Füssen, ohne immer auf etwas ausser ihm zu warten, um sich daran zu klammern. Jene aber warten immer, bis einer kommt, um nach Gutdünken über sie zu verfügen», schrieb der Physik-Nobelpreisträger 1916 an seinen Freund Michele Besso.

Ehe: «Sklaverei in kulturellem Gewand»

Damit ist klar: Einstein zollte den Frauen wenig Respekt. Auch am Sinn der Institution Ehe zweifelte er. Mit der Treue nahm er es daher nicht sehr genau. Über die Ehe als solche äusserte er mehrfach Unverständnis. Sie sei «Sklaverei in einem kulturellen Gewand» und der erfolglose Versuch, einen Zufall zu etwas Dauerhaftem zu machen.

Zu einem Sturm von Gefühlen sowie zu Liebe und Bindung war Einstein nach Ansicht seines Biographen Armin Hermann nicht fähig. Seine Jugendfreundin Marie Winteler verliess er um 1897 herum, um sich auf «sein hohes Schloss Seelenruhe» zurückzuziehen.

Ebenso wenig litt er 1914 unter der Trennung von seiner Frau Mileva. Jetzt finde er die innere Ruhe zur Arbeit und sei mit seinem Zustand sehr zufrieden, gestand er Besso.

Auch nach dem Tod seiner zweiten Frau Elsa Löwenthal im Jahr 1936, blieb er sich selbst genug. Er hause «wie ein Bär in seiner Höhle» und fühle sich mehr zu Hause als je in seinem wechselvollen Leben, schrieb er an seinen Freund, den Physiker Max Born.

Haushälterin, nicht Seelenverwandte

Die Arbeit sei das Einzige, was dem Leben einen wirklichen Inhalt gebe. Gleichwohl blieb Einstein Zeit seines Lebens auf Frauen angewiesen, denn er war in alltäglichen Dingen unbeholfen. Man müsse für ihn sorgen wie für ein Kind, meinte sein Freund Janos Plesch 1947.

Über seine erste Frau Mileva hob Einstein schon 1903 hervor, dass sie ausgezeichnet für ihn sorge und gut koche. Die Biographen Roger Highfield und Paul Carter kamen daher zu dem Schluss, dass Einstein seine Frau eher als Haushälterin, denn als Seelenfreundin betrachtete.

Kurz vor der Trennung von Mileva schrieb er 1913 an Cousine Elsa, er behandle seine Frau wie eine Angestellte. Auch Elsa, die er später heiratete, sorgte sich hauptsächlich um sein leibliches Wohlergehen und verteidigte seine Privatsphäre, nachdem er berühmt geworden war.

Nach Elsas Tod 1936 übernahm die Sekretärin Helene Dukas die mütterliche Beschützerrolle und schottete den zum Star gewordenen Physiker gegen die lästige Aussenwelt ab.

Milena an der Relativitäts-Theorie beteiligt?

Seine später geäusserte Skepsis hinsichtlich der Fähigkeit von Frauen zu Höchstleistungen in der Wissenschaft hat Einstein nicht immer vertreten. Die Serbin Mileva Maric, die er während des gemeinsamen Studiums in Zürich kennen lernte, stellte er anfangs als seine intellektuelle Genossin dar.

Der Stoff der Vorlesungen und die ungelösten Probleme der Physik bildeten den Hauptinhalt ihrer Gespräche. Anfang der 1980er Jahre entbrannte sogar eine Diskussion darüber, ob Mileva Maric nicht eigentlich die «Mutter der Relativitätstheorie» sei, da die Manuskripte ursprünglich offenbar mit «Einstein-Maric» signiert waren.

Ausserdem wurde Mileva im Scheidungsvertrag das Geld aus dem Nobelpreis zugesprochen. Die These scheint inzwischen widerlegt.

Im Gegensatz zu der als herb und düster charakterisierten Mileva wird Elsa oft als liebenswerter Einfaltspinsel, als mütterlich und wenig intellektuell beschrieben, obwohl sie eine talentierte Schauspielerin gewesen sein soll.

Der «ehrlich dreckige Albert»

So sehr Einstein ihre Fürsorge schätzte, so sehr grenzte er sich von ihr ab. Nicht nur schliefen sie in getrennten Schlafzimmern, auch sein Arbeitszimmer durfte Elsa nicht betreten. Konzessionen im Zusammenleben machte er nicht.

Elsas Wunsch, dass er mehr auf seine Körperpflege achten möge, lehnte er rundum ab und unterschrieb einen Brief mit «Ihr ehrlich dreckiger Albert».

Die stärkste Belastung für die Ehe seien aber Einsteins Affären gewesen, urteilt Biograph Hermann. Der Wissenschafter habe «wie ein Magnet» auf Frauen gewirkt, und es habe oft peinliche Szenen gegeben, wenn ihm die Damen allzu sichtbare Avancen machten.

Geliebte hatte Vorrang

Wenn seine Geliebte ihn besuchte, habe Elsa das Feld geräumt, schreibt er unter Berufung auf einen Kommentar des Hausmädchens. Ihre Töchter Ilse und Margot hätten Elsa geraten, sich damit abzufinden oder sich von Albert zu trennen.

Besser als mit seinen Frauen verstand sich Einstein mit seiner Schwester Maja, die er 1939 zu sich nach Princeton holte. Mit ihr diskutierte er gern über seine neuesten Gedanken. Als sie 1946 einen Schlaganfall erlitt, las er ihr jeden Abend aus den Werken ihrer Lieblingsautoren vor.

Ein gutes Verhältnis pflegte er auch zu seiner Stieftochter Margot, die ihm im Alter näher stand als seine beiden Söhne Hans Albert und Eduard aus der Ehe mit Mileva.

swissinfo und Claudia Kemmer, AP

Bern feiert das Jubiläums-Jahr 2005 mit der weltweit umfassendsten Einstein-Ausstellung. (16. Juni 2005 – 17. April 2006)

Am 22. April wurde das Einstein-Haus an der Kramgasse in Bern nach einer sanften Renovation wieder eröffnet.

Die Wohnung Einsteins im Haus an der Kramgasse wurde von der Einstein-Gesellschaft gemäss dem Zustand von 1905 eingerichtet und ab 1979 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Bei der Renovation wurden vor allem der Eingang und das Treppenhaus erneuert.

Albert Einstein (1879-1955) lebte von 1902 bis 1909 in Bern.

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