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Emigrations-Experte ist Auslandschweizer 2006

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Der Historiker und Autor Leo Schelbert hat den diesjährigen Auslandschweizer-Preis der FDP International erhalten.

Schelbert, der seit über 40 Jahren in den USA lebt, gilt als ausgewiesener Kenner der Schweizer Auswanderungs-Geschichte in die Vereinigten Staaten.

Der «Auslandschweizer des Jahres» zeigt sich «dankbar» über den Preis. Dass eine Anerkennung dieser Art existiere sei schön, sagte Leo Schelbert im Gespräch mit swissinfo. «Sie ist wichtig für die Schweizer im Ausland, aber auch für die Leute zu Hause.»

Als Empfänger der Auszeichnung versteht sich der in den USA lehrende Professor als kleiner Repräsentant einer grossen Gruppe, «die häufig sehr viel leistet, aber oft ohne jegliche Anerkennung».

Der 1929 geborene Schelbert lebt und arbeitet seit mehr als vier Jahrzehnten in den USA. Heute ist er emertierter Professor an der Universität von Illinois in Chicago.

Die Fünfte Schweiz als Lebensaufgabe

Mit einer Vielzahl von Publikationen, darunter die «Einführung in die schweizerische Auswanderungsgeschichte der Neuzeit», 1976, hat Schelbert aus Sicht der Jury im Verlauf seiner Karriere dazu beigetragen, das Verständnis für die in den USA lebenden Schweizer und Schweizerinnen zu fördern.

Kein anderer Historiker habe den weiten Bereich der Schweizer Auswanderungs-Geschichte so zu seiner Lebens- und Forschungsaufgabe gemacht wie Schelbert, erklärte sein Berufskollege Urs Bitterli in der Laudatio.

«Schelbert hat mit seiner Arbeit das Thema Auswanderung gepflegt und um neue, vorher unbekannte Aspekte bereichert. Das gilt vor allem für die Schweizer Auswanderung in die USA vom 17. bis zum 19. Jahrhundert» so Bitterli.

Persönliche Schicksale im Zentrum

Schelbert sei weder ein Eigenbrötler noch ein Egozentriker. «Alle seine Arbeiten, ob in deutscher oder englischer Sprache verfasst, sind so formuliert, dass sie über den Kreis der Experten hinaus verstanden werden können.»

Zudem gehe Schelbert im Vergleich mit vielen anderen Historikern bei seiner Forschungsarbeit einen besonderen Weg: «Das persönliche Zeugnis – Briefe, Tagebücher, Reiseberichte der Auswanderer – ist bei ihm immer zentral.» Er schliesse vom Individuellen und Besonderen auf das Allgemeine, statt von einer Theorie auszugehen, die es zu erhärten gelte.

Grosse Genugtuung bei «swiss roots»

Auf Freude stiess die Auszeichnung für Schelbert beim kürzlich in den USA lancierten Projekt «swiss roots», mit dem Amerikanern mit Schweizer Wurzeln die alte Heimat näher gebracht werden soll.

Als langjähriger Präsident der «Swiss American Historical Society» und Autor zahlreicher Publikationen zur Geschichte der Schweizer Auswanderung in die Vereinigten Staaten habe Schelbert massgeblich zum gegenseitigen Verständnis zwischen zwei verschiedenen und doch verwandten Kulturen beigetragen.

Die FDP International, eine Sektion der Freisinnig-Demokratischen Partei der Schweiz, will die Anliegen der Schweizer Staatsangehörigen im Ausland unterstützen und deren Anerkennung in der Schweiz fördern. Unter anderem nutzt sie dazu den Auslandschweizer-Preis, der in diesem Jahr zum fünften Mal vergeben wurde.

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Leo Schelbert
Geboren: 16. März 1929 in Kaltbrunn (SG)
Matura: Gymnasium Immensee, 1948
Anschliessend Studium und Arbeit in der Schweiz.
Ab 1959: Studium der Geschichte in New York City
1966: Ph.D, Columbia University, New York City – Dissertation über Schweizer Täufer
Seit 1969 Lehrauftrag an der University of Illinois, Chicago
Verfasser verschiedener Publikationen, darunter die «Einführung in die schweizerische Auswanderungsgeschichte der Neuzeit», 1976.

Die FDP International vergibt den Auslandschweizer-Preis seit 2002.

Für die Auszeichnung 2006 waren der Jury 20 Persönlichkeiten und Institutionen aus verschiedenen Ländern und Fachgebieten vorgeschlagen worden.

In den USA leben gemäss der jüngsten Volkszählung rund 1,2 Millionen Menschen mit Schweizer Ursprung.

Die Zahl der dort registrierten Schweizer Staatsangehörigen lag Ende 2005 bei 71’773. Rund zwei Drittel sind Doppelbürger.

Von den 57’000 Schweizer Stimmberechtigten liessen sich bisher nur gerade 9350 in Register eintragen, um ihr Stimmrecht in der Schweiz auszuüben.

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