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Exit: Freitod-Hilfe für psychisch kranke Menschen

Umstritten: Sterbehilfe für kranke Menschen. Keystone Archive

Die Sterbehilfe-Organisation Exit diskutierte an ihrer Jahres-Versammlung am Wochenende über ihre zukünftige Politik. Insbesondere die Freitod-Hilfe für psychisch Kranke und Alzheimer-Patienten wurde thematisiert.

Zu reden gab auch das Thema «Sterbetourismus».

Sie möchten, aber sie können nicht oder noch nicht: An der Generalversammlung haben die Verantwortlichen der Sterbehilfe-Organisation Exit gesagt, dass man bezüglich der Sterbehilfe bei psychisch kranken Menschen in manchen Fällen zu strikte gewesen sei.

Gesetze nicht überstrapazieren

Exit will jedoch den gesetzlichen Rahmen, der einer der liberalsten in Europa ist, nicht strapazieren. Das Strafgesetz erlaubt die Beihilfe zum Selbstmord, sofern die Person urteilsfähig ist und den Todestrunk selbst zu sich nimmt.

Ein Fall in Basel und ein Zürcher Gerichtsentscheid 1999 führten zu einer starken Einschränkung der Beihilfe zum Selbstmord bei psychisch oder somatisch Kranken. Als Konsequenz hatte sich Exit damals ein Moratorium in diesem Bereich auferlegt.

Freitod für psychisch Kranke

Viele Mitglieder forderten am Wochenende wieder eine freiere Handhabung. «Laut einer internen Umfrage wollen rund 80% unserer Mitglieder die Restriktionen gegenüber psychisch Kranken aufheben», erläutert der Sprecher Andreas Blum.

Laut Exit ist die Freitod-Verweigerung gegenüber psychisch kranken Menschen diskriminierend.

So fragte ein Mitglied an der Generalversammlung: «Warum sollten psychisch kranke Menschen gezwungen sein, zu leben?

Kein Geld für «Suizidhilfe»

Des weiteren verwarfen die Exit-Mitglieder in einer Abstimmung die finanzielle Unterstützung des Vereins Suizidhilfe, der vom ehemaligen Exit-Mitglied Peter Baumann geführt wird.

Der umstrittene Zürcher Psychiater will in seiner Organisation ausschliesslich psychisch Kranke betreuen.

Die Basler Justiz hatte Peter Baumann dreimal im Verdacht, aktive Sterbehilfe begangen zu haben. Dies ist in der Schweiz verboten. Der Mitte Februar verhaftete Präsident von Suizidhilfe verbrachte in der Folge drei Monate in Untersuchungshaft.

«Wir wissen noch nicht, ob wir ohne finanzielle Unterstützung weitermachen können», bedauerte Philipp Müller von Suizidhilfe den Exit-Entscheid gegenüber swissinfo.

Heikles Thema

«Die harte Haltung der Jusitz ist ein klares Signal für die Sterbehilfe-Organisationen», sagt Exit-Präsidentin Elke Baezner. Ihr Fazit: «Es gibt eine Grenze, die nicht überschritten werden darf.»

Es sei auch deshalb grösste Vorsicht angebracht, weil zwei aktuelle Motionen im Parlament restriktivere Gesetze fordern.

Kein Sterbetourismus

Nein sagte Exit auch zu Behandlung von Freitod-Gesuchen aus dem Ausland, wie dies Organisation Dignitas tut.

In einer internen Umfrage äusserten sich über 70% der Exit-Mitglieder gegen ein solches Angebot. Seit 2002 nimmt Exit bis auf wenige Ausnhamen keine Personen mehr aus dem Ausland auf.

«Viele Länder ignorieren das Leiden ihrer Staatsangehörigen oder tun so, als wüssten sie nicht, dass es Ärzte gibt, die diesen Personen helfen», sagt Werner Kriesi, der neue Exit-Präsident.

swissinfo, Ariane Gigon Bormann
(Übertragung von Anita Hugi und Elvira Wiegers)

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