Forderung nach freiem Zugang zu Fluss- und Seeufern
Grundbesitzer an Schweizer Gewässern müssen die Uferzonen auf ihrem Privateigentum für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Dies fordert der Verein "Rives publiques".
Nach dem Erfolg im Kampf gegen eine geplante Grossüberbauung am Zürichsee hat der Verein den lokalen Behörden und Grundbesitzern nun ein zweijähriges Ultimatum gestellt.
«Die Schweizer Gewässer und ihre Ufer gehören allen, das geht klar aus dem Zivilgesetzbuch und anderen Gesetzen hervor», sagt Victor von Wartburg, Präsident und Gründer des Vereins «Rives publiques», gegenüber swissinfo.
Aber nur schätzungsweise 50 Prozent der Ufer von Zürich-, Genfer- und Bodensee seien Spaziergängern frei zugänglich.
Von Wartburg, ein pensionierter Geschäftsmann aus Mies im Kanton Waadt, hat mit Hilfe von Experten und Anwälten während vier Jahren den komplexen Gesetzes-Dschungel bezüglich Schweizer Gewässern und Ufern untersucht.
Die Behörden müssten nun endlich das Gesetz respektieren, sagt Victor von Wartburg.
Angst vor den Betuchten
«Die Behörden haben einfach Angst, gegenüber den Betuchten das Recht durchzusetzen», zeigt sich von Wartburg empört. Nun will er ihnen Beine machen. Spätestens in zwei Jahren sollen die Ufer auf einer Breite von mindestens drei bis fünf Metern von allen Hindernissen befreit werden, fordert er.
Die Kosten sollen den Privateigentümern auferlegt werden, welche die Uferabschnitte «zu unrecht als ihr Privateigentum betrachten». Dem Verein geht es laut von Wartburg um die Durchsetzung des Rechts.
Der Uferstreifen gehöre immer der öffentlichen Hand. Niemand könne dieses Land als Privateigentum erwerben. Deshalb sei es falsch, im Zusammenhang mit öffentlichen Fusswegen an Seeufern von Enteignungen von Privaten zu sprechen.
Nicht durchgesetzte Wegrechte
Der Verein fordert nun, dass Privateigentümern keine Konzessionen für Uferverbauungen mehr gewährt werden, wie etwa die Bewilligung für einen privaten Bootshafen.
Auch sei es sinnlos, Uferparzellen mit öffentlichen Wegrechten zu belegen. Erstens sei dies nicht nötig, da der Uferstreifen sowieso der Öffentlichkeit gehöre. Und zweitens würden diese Wegrechte nicht durchgesetzt.
In von Wartburgs Wohngemeinde Mies etwa gibt es auf 16 von 17 Parzellen solche Wegrechte. Die ältesten datieren aus dem Jahr 1902. Dennoch sind in Mies 1150 der 1430 Meter Genferseeufer heute nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.
Rekurshagel gegen Konzessionsanträge
Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, hat der Verein in den letzten Monaten gegen diverse Vorhaben in der Romandie und der Deutschschweiz Einsprache erhoben.
«Wir werden fortan bei jeder Ausschreibung für eine Uferverbauungs-Konzession einsprechen», droht von Wartburg. Falls nötig, will «Rives publiques» die Verfahren an den Europäischen Gerichtshof in Strassburg weiterziehen.
swissinfo und Agenturen
Aktiv geworden ist der Verein in Uetikon am Zürichsee. Dort hat er eine von einem Chemie-Unternehmen geplante 300-Millionen-Überbauung bekämpft. Die Gemeindeversammlung schickte das Projekt bachab.
«Rives publiques» sowie Privatpersonen haben letzte Woche in Crans-près-Céigny und Colovray bei Nyon (Waadtländer Genferseeufer) Einsprachen gegen einen Antrag von Ernesto Bertarelli eingereicht. Der Alinghi-Besitzer und Multimilliardär will zwei Konzessionen für Privathäfen um 30 Jahre verlängern lassen.
Gleiches tat der Verein auch gegen den Gestaltungsplan «Fleur d’eau» in Rolle (Waadt), gegen die Gestaltung der Ufer-Parzelle des europäischen Fussballverbandes UEFA in Nyon sowie gegen die Pläne für ein Kunstmuseum am Seeufer in Lausanne.
Insgesamt reichte «Rives publiques» allein in diesem Jahr im Kanton Waadt fünf Einsprachen ein.
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