Forscher warnen vor Nanopartikeln
An einer Konferenz in Zürich haben Wissenschafter vor der Gesundheitsgefahr durch Russpartikel aus Dieselmotoren gewarnt.
Sie forderten obligatorische Massnahmen und mehr Forschungsgelder, um den möglichen Gefahren zu begegnen.
Über 300 Fachleute haben sich diese Woche an einer Konferenz an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich getroffen, um über die Auswirkungen von ultrafeinen Partikeln im Dieselruss zu diskutieren.
Die Forscher sind sich einig, dass diese Russpartikel auf ein Minimum reduziert werden sollen. Klare Gesetze einerseits und Partikelfilter andererseits stehen dabei im Vordergrund der Überlegungen.
Experten haben beobachtet, dass die so genannten Nanopartikel durch die Lungen in Zellen eines Körpers eindringen und sich damit in der Blutbahn bewegen können. Wie sie mit den Zellen interagieren, ist jedoch nicht bekannt.
«Wenn wir einen fremden Partikel in einer Zelle entdecken, birgt dieser das Potenzial einer Gefahr», gab Professor Peter Gehr vom Anatomischen Institut der Universität Bern zu bedenken. «Ich denke, das stellt ein Problem dar.»
Krankheit
Laut Forschern ist es möglich, dass ultrafeine Partikel Schuld sein können an Asthma, verschiedenen Krebsarten und Herzbeschwerden, und dass sie sogar das zentrale Nervensystem angreifen können.
Doch das Risiko ist nicht für alle gleich gross, meint der Toxikologe Gunter Oberdörster von der US-Universität Rochester bei New York.
«Die Personen, die am anfälligsten sind, sind allgemein prädestiniert für Gefäss- und Lungenkrankheiten», sagte er gegenüber swissinfo. «Dazu gehören die Betagten und ganz junge Menschen.»
Für Oberdörster ist dies allerdings kein Grund, nicht zu handeln. Doch der Kampf gegen die Luftverschmutzung durch Nanopartikel werde nicht einfach.
«Unser Wissen ist noch zu wenig weit, um schon Grenzwerte festlegen zu können», ergänzte er. «Ein Teil des Problems sind die vielen Variablen, mit denen wir uns herumschlagen müssen.»
Für den Toxikologen sind die Russpartikel aber nicht das einzige Problem der Zukunft: «Wir wissen nicht, ob wir bald auch künstlichem Feinstaub ausgesetzt sein werden.»
Ein vor kurzem veröffentlichter Bericht aus England betonte die Vorteile der Nanotechnologie. Doch er ergänzte auch, dass die neuen Materialien aus manipulierten Nanopartikeln auch Gefahren bergen können.
Nanopartikel sollten daher gemäss dem Bericht wie neue Chemikalien behandelt werden, um angemessene Sicherheitstests und eine Klassifizierung zu garantieren.
Massnahmen
Die Forscher sind sich einig, dass etwas gegen den Dieselruss gemacht werden muss, den Lastwagen, schwere Maschinen und Personenwagen ausstossen.
Die beste Lösung scheint derzeit der Partikelfilter zu sein, der in das Auspuff-System montiert werden kann. Doch er ist noch wenig verbreitet, obwohl er den Ausstoss um bis zu 90 Prozent vermindern kann.
«Wir müssen Anreize für die Industrie finden», sagte Konstantinos Boulouchos von der ETH Zürich. «Die Filter müssen technisch einfacher werden, damit sie billiger und damit auch interessanter für die Konsumenten werden.»
Mit Kosten um die 1000 Franken könnten die Partikelfilter für Dieselmotoren zu einer guten Investition in die Volksgesundheit werden.
Eine aktuelle Studie zeigte, dass in Deutschland jährlich bis zu 19’000 Menschen weniger sterben würden, wenn Filter dieser Art an Motoren angeschlossen würden. Eine frühere Studie schätzte diese Zahl für die Schweiz auf 3000.
Laut Boulouchos funktionieren die Partikelfilter bei Autos gut. Sie sind jedoch für schwere Maschinen noch nicht ausgereift, weil diese viel länger genutzt werden. Doch dies könne wohl in den nächsten Jahren gelöst werden.
«Ich vermute, dass wir das Ziel von Null Emissionen in den nächsten 15 bis 20 Jahren erreichen werden», sagt er gegenüber swissinfo.
Mehr Forschung nötig
Einige Autohersteller haben nun begonnen, Partikelfilter serienmässig in ihre Autos einzubauen. Deutsche Autofirmen wollen sie bis 2008 in allen neuen Dieselfahrzeugen installieren.
«Ich würde sofort Partikelfilter an allen Dieselmotoren vorschreiben», sagte Gehr gegenüber swissinfo. «Wir sollten sofort mit der Forschung an diesem Problem beginnen und die Regierungen sollten Massnahmen ergreifen.»
Der Biologe fordert auch mehr Geld für die Forschung, bevor die Nanopartikel zum ernsten Gesundheitsproblem werden.
«Wir brauchen heute mehr Geld, denn wir werden in Zukunft wohl mit vielen Nanopartikeln zu tun haben.»
swissinfo, Scott Capper
(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)
Ultrafeine Partikel, oder Nanopartikel, die im Dieselruss vorkommen, sind kleiner als ein Mikrometer im Durchmesser, oder ein Hundertstel eines menschlichen Haares.
Dieselmotoren brauchen weniger Treibstoff und verursachen 12% weniger Kohlendioxid als Benzinmotoren.
Doch sie stossen 1000 Mal mehr Nanopartikel aus und produzieren die dreifache Menge an Stickstoff-Oxyd, was zu erhöhten Ozonwerten und Sommersmog führt.
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