«Forschung am Menschen»: Die Stimme des Volkes
Die Teilnehmer des PubliForums des Zentrums für Technologiefolgen-Abschätzung sind grundsätzlich für die Humanforschung.
Das neue Gesetz zur «Forschung am Menschen» soll Forschungsanreize für seltene Krankheiten fördern und Versuchspersonen schützen.
Im Rahmen des PubliForums «Forschung am Menschen» haben sich rund 26 Bürgerinnen und Bürger aus drei Sprachregionen während acht Tagen intensiv mit Fragen der Humanforschung auseinandergesetzt.
«Die direkte Beteiligung des Volkes an staatspolitischen Fragen darf sich nicht nur auf Referenden, Kundgebungen oder Proteste beschränken. Es ist wichtig, dass die Bevölkerung am Konsultationsprozess teilnehmen kann», sagt Klaus Hug gegenüber swissinfo. Hug ist Präsident des Zentrums für Technologiefolgen-Abschätzung (TA-SWISS), das für die Durchführung des PubliForums verantwortlich ist.
Mehr Forschungsanreize für seltene Krankheiten und Schutz für Patienten
Mit einem «Forschungsrappen», einer Abgabe auf dem Umsatz des Medikamentenverkaufs in der Schweiz, soll die Humanforschung in den Bereichen gefördert werden, die für die Pharmaindustrie nicht lukrativ sind. Darunter verstehen die Teilnehmer am PubliForum Forschung für Kinder, Schwangere und Behinderte sowie für Menschen mit besonders seltenen Krankheiten.
Als weiteren Anreiz empfehlen sie den Behörden beispielsweise die Verlängerung des Patentschutzes bei der Entwicklung von Medikamenten für die genannten Personengruppen. Durch noch kürzere, vereinheitlichte Bewilligungspraxen soll der Forschungsstandort Schweiz attraktiv bleiben.
Internationale Regelungen als Vorbild für Schweizer Gesetz
Die Bestimmungen im schweizerischen Humanforschungsgesetz sollen sich an internationalen Vereinbarungen wie der Bioethik-Konvention des Europarates sowie deren Zusatzprotokollen orientieren. Nach Meinung des Bürgerpanels sollte die Schweiz diese Konvention und die Zusatzprotokolle ratifizieren.
Danach dürften beispielsweise Sponsoren und Forschende, die dem schweizerischen Gesetz unterstehen, aber im Ausland tätig sind, ihre Projekte nur dann durchführen, wenn sie die Grundsätze einhalten, die in der Konvention vereinbart sind.
Information über Forschung am Menschen verstärken
Der Schutz der Versuchspersonen ist für die Vertreter des Bürgerpanels vordringlich, ebenso die Gewährleistung des Datenschutzes. Das gegenwärtige Bewilligungsverfahren unter Einbezug von Ethik-Kommissionen wird begrüsst.
Der freie Zugang und Austausch von Informationen im Zusammenhang mit Forschungsprojekten am Menschen ist nach Meinung des Panels von zentraler Bedeutung. Heute bestehe dazu ein grosses Informationsdefizit.
Um dieses zu beheben, werden verschiedene Massnahmen vorgeschlagen. Dazu gehören regionale Ombudsstellen für Patientinnen und Patienten mit Fragen zu klinischen Versuchen und ein öffentlich zugängliches Register, in dem Studien mit Versuchspersonen erfasst werden.
Auch sollten Forschungsresultate in jedem Fall veröffentlicht werden, sowohl erfolgreiche, positive wie auch nicht erfolgreiche, negative. Schliesslich empfiehlt das Bürgerpanel, die Forschenden im Bereich Kommunikation und Ethik besser auszubilden.
Pragmatische Vision
«Dieses PubliForum repräsentiert viel mehr als eine oberflächliche Meinungsumfrage», sagt der sozialdemokratische Luzerner Nationalrat Hans Widmer gegenüber swissinfo. «Das ist ein regelrechter Gedankenaustausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern.»
Widmer hat seine Nationalratskollegen aufgerufen, die Resultate des PubliForums nicht zu unterschätzen. Es sei wichtig, dass die Vorschläge dieser Leute während der langen Prozedur zur Erarbeitung des Schluss-Gesetzes nicht ausser Acht gelassen würden.
Des Lobes voll über das PubliForum ist auch die freisinnige Ständerätin Christiane Langenberger. Gegenüber swissinfo spricht die Präsidentin der Ständeratskommission für Wissenschaft, Erziehung und Kultur von einem «positiven Geist der Öffnung gegenüber den Wissenschaftern und den Versuchspersonen».
Begrüsst hat Langenberger auch den Umstand, «dass niemand mit Verbots- oder Moratoriumsvorschlägen gekommen ist.»
swissinfo und Agenturen
26 Bürgerinnen und Bürger haben im Rahmen des PubliForums während acht Tagen intensiv mit Fachleuten über die heiklen Punkte des geplanten Humanforschungsgesetzes diskutiert.
Für die Pharmaindustrie nicht lukrative Zweige der Humanforschung sollen mit einem «Forschungsrappen» – einer Abgabe auf dem Umsatz des Medikamentenverkaufs – gefördert werden. Dies fordert das PubliForum «Forschung am Menschen».
Ausserdem fordert das Bürgerpanel, dass die Bioethik-Konvention des Europarates sowie deren Zusatzprotokolle von der Schweiz ratifiziert werden sollen. Verlangt wird auch der Schutz der Versuchspersonen und die Gewährung des Datenschutzes.
Für die Durchführung des PubliForums «Forschung am Menschen» verantwortlich ist das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung (TA- SWISS) zusammen mit der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW), dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und dem Staatssekretariat für Wissenschaft und Forschung (StS GWF).
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch