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Frauen und Karriere: Ein Hindernislauf

Um Karriere zu machen, ist auch die Solidarität bereits arrivierter Berufskolleginnen wichtig. Keystone

Der Schweizerische Arbeitgeberverband lanciert eine Kampagne zur Förderung von Frauen in Unternehmen. Damit soll die Verschwendung von Humankapital beendet werden.

Im Universitätsbereich bahnt sich mit dem «Mentoring» eine Lösung an.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband wünscht sich eine aktivere Rolle der Frauen in Unternehmen. Je grösser die Verantwortung innerhalb von Firmen, umso weniger Frauen seien anzutreffen, erklärte der Präsident des Verbandes, Rudolf Stämpfli, am Donnerstag in Bern vor den Medien.

Um diese wirtschaftlich absurde Situation zu verändern, will der Arbeitgeberverband mit alliance F, dem Bund der Schweizerischen Frauenorganisationen, zusammenspannen.

Analyse und Empfehlungen

Im Auftrag des Arbeitgeberverbandes hat die Soziologin Margret Bürgisser eine umfassende Analyse erarbeitet, aus der zwei Broschüren sowie ein Buch hervorgegangen sind. Die Analyse benennt zahlreiche Hindernisse im gesellschaftlichen und im persönlich-familiären Bereich der Frauen, die es anzugehen gelte.

Den Frauen selbst wird empfohlen, von Anfang an stark und selbstbewusst aufzutreten und ihre beruflichen Wünsche nicht zu verheimlichen. Schon bei der Ausbildung müsse Wert darauf gelegt werden, dass nicht nur die typischen Frauenberufe eingeschlagen würden, die oft in Sackgassen endeten.

Weiter müsse auf gesellschaftlicher und politischer Ebene eine allgemeine Stärkung der persönlichen und beruflichen Identität von Frauen und Mädchen erreicht werden.

Die Universität als Beispiel

Die Abwahl einer Bundesrätin am 10. Dezember hat es erneut gezeigt: Karriere bis auf die höchste Ebene zu machen und dann noch dort zu bleiben, ist für eine Frau immer noch schwierig.

Im Universitätsbereich indessen beginnen die Frauen das sogennante «Mentoring» als «Waffe» einzusetzen. Im Jahr 2000 gab es auf der höchsten Dozenten-Ebene 19 Prozent Frauen, davon aber lediglich 7 Prozent Professorinnen, der niedrigste Anteil in Europa.

Um die Zahl der Professorinnen bis 2006 zu verdoppeln, hat der Bund das Programm «Gleiche Chancen an der Universität» lanciert. Und bereits trägt es Früchte. Einer der wichtigsten Punkte des Programms ist das «Mentoring».

Akademische Frauen-Karrieren fördern

Zur Unterstützung der Frauen-Karrieren werden den Akademikerinnen direkte finanzielle Anreize, Kinderkrippen sowie das «Mentoring»-Programm zur Verfügung gestellt. Die finanzielle Direkthilfe für das «Mentoring» beläuft sich auf 4,8 Mio. Franken. Dank diesem Geld laufen an verschiedenen Universitäten interessante Projekte.

Der grösste Teil des Betrages wurde zur Schaffung von Dozentinnen-Stellen verwendet. Weiter wurden damit an jenen Universitäten erste Kontaktbüros für Chancengleichheit geschaffen, wo es sie bislang nicht gab – im Tessin, in Genf und Luzern.

Die Universität Bern hat die Gelder eingesetzt, um den Frauen jene Fakultäten schmackhaft zu machen, an denen sie am wenigsten vertreten sind: Mathematik, Informatik, Physik und Chemie.

Positive Bilanz

Ruth Bachmann vom Institut für Politikstudien Interface hat im Auftrag des Bundes eine unabhängige Evaluation der ersten vier Jahre des Programms erstellt.

«Die Chancengleichheit an den Universitäten hat Fortschritte gemacht», sagt sie gegenüber swissinfo. «Insbesondere, was das Aufgebot an Forscherinnen anbetrifft.» Aber die Kantone müssten die Universitäten stärker davon überzeugen, Frauen-Karrieren zu fördern.

Eines der Ziele des Programms ist es, bis 2006 den Frauenanteil auf Professoren-Ebene auf 14 Prozent zu erhöhen. Das werde wahrscheinlich erreicht, erklärt Bachmann. Auf der unteren Assistenten-Ebene dagegen gebe es für alle, also sowohl für Frauen wie für Männer, immer weniger Stellen. Der Konkurrenzkampf werde immer härter.

Mutter: Nicht mehr ein Karriere-Hindernis

Bei der Evaluation des Programms beteiligten sich auch zahlreiche Mütter. Diese sähen sich in ihrer Karriere nicht stärker behindert als Frauen ohne Kinder.

«Wir haben gesehen, dass Frauen im allgemeinen mehr Zeit opfern, um ein hohes Niveau in der Qualifikation zu erreichen», so Bachmann. Das scheine allerdings daran zu liegen, dass Frauen über weniger Kontaktnetze, weniger «informelle» Informationen und weniger Berufsgeheimnisse verfügen, die sich Männer bereits über Generationen hinweg weitergeben.

swissinfo, Raffaella Rossello
(Übertragung aus dem Italienischen: Jean-Michel Berthoud)

Universitäts-Professorinnen in der Schweiz im Jahr 2000: 7% (niedrigster Prozentsatz in Europa)

Ingenieur- und Baubereich: 8% Frauen

Humanistische und Kunst-Fakultäten: 30% Frauen

Frauen in der Schweiz sind in Führungspositionen krass untervertreten. Der Schweizerische Arbeitgeberverband und alliance F wollen dem abhelfen. Sie geben Interessierten und Firmen Tipps, wie Frauen der berufliche Aufstieg erleichtert werden kann.

Der geringe Frauenanteil in Kaderpositionen ist nach Ansicht von Arbeitgeberpräsident Rudolf Stämpfli eine Verschwendung von gut ausgebildeten Arbeitskräften.

Nur 26 Prozent der Frauen hatten gemäss einer Erhebung aus dem Jahr 2001 Vorgesetzten-Funktionen inne. Von den Männern waren es 49 Prozent. Und je höher die Führungsposition, desto geringer wird der Anteil Frauen.

Im Universitäts-Bereich hat der Bund ein «Mentoring»-Programm lanciert, das akademische Frauen-Karrieren fördern soll.

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