Freisinn hält an Kernkraft fest
Die Delegierten der Freisinnig-demokratischen Partei (FDP) haben am Samstag mehr Nachhaltigkeit in Sachen Energiepolitik, aber dennoch ein Festhalten an der Kernkraft gefordert.
Die Präsidenten der Kantonalparteien lehnten – aus föderalistischen Gründen – mit Blick auf die Abstimmung vom 26. November einheitliche Familienzulagen ab.
Die FDP Schweiz hat am Samstag in Sempach bei Luzern ein Positionspapier zu einer nachhaltigen Energiepolitik beraten. Vorgestellt wurde das Konzept den rund 200 Delegierten von der St. Galler Ständerätin Erika Forster.
Die Frage der Versorgungssicherheit in Sachen Energie stelle sich immer vehementer, sagte sie. Auch rücke angesichts des global steigenden Energiebedarfs und steigender Preise die Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund.
«Kompass» für nachhaltige Energiepolitik
Die FDP brauche deshalb einen «Kompass», sagte Forster. Gefordert seien Nachhaltigkeit, Effizienz und Innovation. «Rein dogmatisches Denken ist in der heutigen Konstellation fehl am Platz.»
Unbestritten war, dass der hohe Eigenversorgungsgrad in der Stromversorgung der Schweiz Priorität haben soll. Auch setzt sich die FDP für eine CO2-arme Stromproduktion ein.
Keine Erdöl- und Gas-Kraftwerke
Deshalb soll die Schweiz auf Kraftwerke, die fossile Brennstoffe nutzen, verzichten. Zur Deckung der sich abzeichnenden Versorgungslücken plädiert die FDP für die Förderung erneuerbarer Energien. Ihr Anteil an der Gesamtproduktion soll bis 2030 auf 10% steigen.
Weil das aber nicht reicht, um die Lücken zu füllen, setzt die Partei weiterhin auf Atomenergie. Die alten Atomkraftwerke sollen ersetzt werden.
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Bio-Treibstoffe und Polit-Anreize
Weitere Schwerpunkte des Positionspapiers sind eine erhöhte Energieeffizienz (durch Förderung biologischer Treibstoffe) sowie politische Anreize. So werden aufkommensneutrale Lenkungsabgaben zur Erreichung der energiepolitischen Ziele vorgeschlagen.
Die Delegierten folgten dem vorgelegten Papier in allen Punkten.
Ausführlich diskutiert wurde die Forderung nach einer Reform der Fahrzeugbesteuerung nach Verbrauch und Verursacherprinzip. Sowohl der Antrag auf Streichung dieses Passus wie auch auf Verzicht auf Fahrzeugsteuern zugunsten massiv erhöhter Treibstoffpreise wurden aber abgelehnt.
Familienzulagen: föderalistische Einwände
Die FDP lehnt das neue Bundesgesetz über die Familienzulagen ab. Die kantonalen Parteipräsidenten fassten am Freitag die Nein-Parole mit 16 gegen 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen.
Dieses vereinheitlichende Gesetz werde zu neuen Ungerechtigkeiten führen, begründete die FDP Schweiz den bereits am Freitag gefällten Entscheid.
Demgegenüber mache eine kantonal unterschiedliche Regelung Sinn, weil damit auf die regional unterschiedlichen Gegebenheiten Rücksicht genommen werden könne.
Identische Kinderzulagen für alle 26 Kantone brächten nicht mehr Gerechtigkeit, sondern führten zu neuen Verzerrungen und Ungerechtigkeiten, so die Partei.
Zwar befürworte die FDP das Prinzip der Familienzulagen, lehne das neue Gesetz aber aus föderalistischen Gründen ab.
Zur Zusammenarbeit mit Osteuropa hat die FDP Schweiz bereits an der Delegiertenversammlung Mitte August in Murten einstimmig die Ja-Parole beschlossen (Kohäsionsmilliarde).
Weitere entscheidende Probleme wie Investitionen in Bildung, NEAT oder Armee würden jedoch ins fünfte Glied verbannt, schimpfte FDP-Präsident Pelli, wenn Bundesrat Christoph Blocher Debatten wie jene über das Antirassismus-Gesetz lostrete, indem er in der Türkei die Strafnormen der Schweiz kritisiere.
Blocher- und Medienschelte
Er habe sich gefragt, was diese Provokation der Schweiz nütze, sagte Pelli. Er habe keine Antwort gefunden. Weder gefährde die von Blocher kritisierte Strafnorm die Schweiz, noch sei sie ein Thema in der Bevölkerung.
Die FDP sei bereit, über alle Themen zu sprechen, nie aber werde sie «die Shows von Herrn Blocher mitspielen».
swissinfo und Agenturen
In der Schweiz werden 5 KKW betrieben:
Beznau I und II (in Betrieb genommen 1969 und 1972)
Mühleberg (1972)
Gösgen (1978)
Leibstadt (1984)
Der Atomanteil am landesweiten Elektrizitätsenergie-Aufkommen erreicht 38% im Jahresdurchschnitt (bis 45% im Winter).
Der europäische Durchschnitt liegt bei 33%.
Das neue Energiegesetz, das Anfang Februar 2005 in Kraft trat, sieht vor, dass neue KKW-Projekte einem fakultativen Referendum unterworfen sind.
Was die Vereinheitlichung der Familien-Zulagen betrifft, folgten die Freisinnigen am Samstag mit ihrem «Nein» der Schweizerischen Volkspartei.
Der freisinnige Grund liegt allerdings in der Ablehnung der Einheitslösung, nicht der Zulagen an sich.
Sozialdemokraten, Christlichdemokraten und Grüne engagieren sich für ein Ja am 26. November.
Sie sind der Ansicht, eine Harmonisierung der Kinderzulagen würde der Gesellschaft nützen. Die Mehraufwendungen für die Wirtschaft stufen sie als erträglich ein.
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