Friedensnobelpreis für Al Gore
Der Friedensnobelpreis geht an den früheren amerikanischen Vizepräsidenten und den Klimarat der UNO. Al Gore und der Rat werden für ihren Einsatz gegen die Klimaerwärmung geehrt.
Gore hat sich nach seiner politischen Karriere vor allem Umwelt-Themen gewidmet. Aufsehen erregte er 2006 mit dem Dokumentarfilm «An Inconvenient Truth», einer Warnung vor der Klimakatastrophe.
Al Gore will seinen finanziellen Anteil am Friedensnobelpreis dem Bündnis für Klimaschutz in den USA spenden.
«Ich fühle mich zutiefst geehrt», sagte Gore am Freitag in Washington.
«Meine Frau Tipper und ich werden das gesamte Preisgeld spenden.» Das Bündnis für Klimaschutz ist nach seinen Angaben eine überparteiliche, gemeinnützige Organisation, die sich dafür einsetzt, die öffentliche Meinung in den USA zum Klimaschutz zu verändern und auf die Dringlichkeit des Anliegens aufmerksam zu machen.
Al Gore bezeichnete es als besonders bedeutsam, den Preis gemeinsam mit dem UNO-Klimarat IPCC erhalten zu haben. Die Mitglieder dieses herausragenden Gremiums setzten sich seit Jahren unermüdlich und selbstlos dafür ein, dass die Menschheit den Klimawandel besser verstünden, sagte er.
Der Preis ist mit umgerechnet rund 1,8 Millionen Franken dotiert. Das Nobelpreis-Komitee hat ihn je zur Hälfte Al Gore und dem IPCC zugesprochen.
Al Gore war von 1993 bis 2001 unter Bill Clinton Vizepräsident der USA. 2006 erregte er Aufsehen mit dem Dokumentarfilm «Eine unbequeme Wahrheit», in dem er Hauptdarsteller ist und der in Hollywood mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.
Schweizer Klimaforschung beteiligt
Der Film baut an mehreren Stellen auf Ergebnissen der Schweizer Klimaforschung auf, so auf dem dokumentierten Rückzug der Alpengletscher und den in Eisbohrkernen der Antarktis gemessenen Treibhausgas-Konzentrationen der Universität Bern.
«Primär sind wir natürlich stolz über die wissenschaftlichen Resultate, die wir erarbeitet haben», freut sich der Direktor des Oeschger Zentrums für Klimaforschung an der Universität Bern.
«Al Gore und der UNO-Bericht vom Frühjahr haben die Erkenntnisse der Klimaforschung aufgenommen und sie auf eine ganz andere, viel breiter wirkende Ebene gestellt», hält Martin Grosjean im Gespräch mit swissinfo fest.
Die Verleihung des Friedensnobelpreises an Al Gore und den UNO-Klimarat sei aus Sicht der Klimaforschung sehr positiv. Es sei eine logische Fortsetzung des UNO-Klimaberichts.
«Der Klimawandel hat Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, auf die Energie- und die Nahrungsmittelproduktion. Das führt zu Migrationen und zu Verteilkämpfen. Klimawandel führt also nicht lediglich zum Rückgang der Gletscher und zum Verschwinden von ein paar Pflanzen.»
Für den Zürcher Forscher Andreas Fischlin ist der Friedensnobelpreis für den UNO-Klimarat eine «grosse Überraschung und Freude». Fischlin war beim zweiten Teil des Weltklimaberichts 2007 hauptverantwortlich für das Kapitel über Ökosysteme.
Dass der Rat den Friedensnobelpreis erhalten hat, erklärt Fischlin damit, dass der fortschreitende Klimawandel «die Welt unsicher macht». Deshalb trage die Forschung an der Klimaproblematik auch zum Weltfrieden bei.
Ban Ki Moon: «sehr erfreut»
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich «sehr erfreut» über die Vergabe des Friedensnobelpreises an Al Gore und den UNO-Klimarat.
Das aussergewöhnliche Engagement Al Gores sei ein Beispiel für die wichtige Rolle, die jeder einzelne bei der Bewältigung weltweiter Probleme spielen könne, sagte Ban nach Angaben einer Sprecherin in New York.
Ban verwies darauf, dass «vor allem Dank der klaren und gut dokumentierten Ergebnisse» des Klimarats zweifelsfrei anerkannt sei, dass es einen Klimawandel gibt und dass viel davon durch den Menschen verursacht werde.
Didaktisch und amüsant
Die Staaten seien jetzt gleichermassen aufgefordert, sich bei der Klimakonferenz im Dezember in Bali zu einem «echten Durchbruch» zu verpflichten.
Der UNO-Klimarat wurde 1988 gegründet. Das Gremium soll die wissenschaftlichen Daten zum Klimawandel sammeln, auswerten und verständlich darstellen.
Der Rat mit Sitz in Genf forscht nicht selbst, sondern fasst seriöse wissenschaftliche Studien zusammen.
Der Klimarat soll zudem aufzeigen, wie sich die Änderungen auf Umwelt und Gesellschaft auswirken, sowie realistische Vermeidungs- und Anpassungsstrategien aufzeigen.
Der Genfer Klimatologe Marc Beniston bezeichnet den Entscheid des Nobel-Komitees als «sehr schmeichelhaft für all die Klimatologen, die an diesen Fragen arbeiten».
Der Film von Al Gore habe vor allem auch das amerikanische Publikum zur Klimafrage sensibilisiert. «Gore zeigt die Klima-Problematik didaktisch und zuweilen auch amüsant auf.»
Im vergangenen Jahr wurden Muhammad Yunus aus Bangladesch und die von ihm begründete Grameen Bank für die Vergabe von Mikrokrediten an Arme mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
swissinfo und Agenturen
Albert Arnold («Al») Gore wurde am 31. März 1948 in Washington D.C. geboren. Von 1977 bis 1985 war er Abgeordneter im Repräsentantenhaus, danach Senator für den Bundesstaat Tennessee.
1993 bis 2001 war er Vizepräsident der Vereinigten Staaten unter Bill Clinton. Gore war Kandidat für die Nachfolge Clintons, verlor aber aufgrund des amerikanischen Wahlsystems trotz mehr Wählerstimmen gegen George W. Bush.
Nach seiner Regierungszeit wurde Gore wieder Unternehmer und gleichzeitig engagierter Kämpfer gegen die Klimaerwärmung.
Der Friedensnobelpreis wurde vom schwedischen Erfinder und Industriellen Alfred Nobel gestiftet.
Er wird seit 1901 jährlich am 10. Dezember, dem Todestag von Alfred Nobel, in Oslo verliehen.
Für die Auswahl des Preisgewinners ist ein fünfköpfiges Komitee zuständig.
Über dessen Zusammensetzung entscheidet das norwegische Parlament nach einem Parteienproporz.
Dabei werden fast immer Politiker für jeweils 6 Jahre entsandt.
Das Komitee wählt den Preisträger oder die Preisträgerin aus 199 Kandidierenden auf einer geheimen Liste aus.
Der Nobelpreis für Medizin geht an den italienischen Wissenschafter Mario Capecchi und seine britischen Kollegen Oliver Smithies und Martin J. Evans.
Mit dem Nobelpreis für Physik wurde ein Deutscher und ein Franzose ausgezeichnet: Peter Grünberg vom Forschungszentrum Jülich und Albert Fert von der Université Paris-Sud.
Gerhard Ertl vom Fritz-Haber-Institut in Berlin erhält den Nobelpreis für Chemie.
Der Nobelpreis der Literatur geht an die britische Schriftstellerin Doris Lessing.
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