Gute Konjunktur lässt Löhne steigen
Für einmal steigen nicht nur die Managerlöhne: erstmals seit fünf Jahren erhalten dieses Jahr die Arbeitnehmenden durchschnittlich rund 2% mehr Lohn.
Die Lohnerhöhungen betreffen über eine Million Angestellte unter Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Die Gewerkschaften verlangen weitere Anpassungen nach oben.
Die Mindestlöhne wurden von den Sozialpartnern sogar durchschnittlich um 2,9% angehoben, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) mitteilt. Die nominale Mindestlohnanpassung gehört damit zu den höchsten der vergangenen zehn Jahre. Letztmals wurden die Mindestlöhne 2001 gleich stark angehoben.
Auch real haben die GAV-Arbeitnehmenden in diesem Jahr mehr Lohn in der Tasche. Das BSF schätzt, dass bei einer Teuerung von 0,4% die Kaufkraft der Löhne um 1,6% zunehmen wird.
Generelle und individuelle Erhöhungen
Bei den öffentlich-rechtlichen GAV lagen die durchschnittlichen Lohnanpassungen bei 2,9%, bei den privatrechtlichen bei 1,8%.
Die Lohnverhandlungen der wichtigsten GAV betrafen über eine Million Personen. Die gesamthafte Erhöhung der Löhne gliederte sich in 1,3% generelle und 0,7% individuelle Erhöhungen.
Unterschiedliche Reaktionen
Dass die Mindestlöhne dieses Jahr so stark angehoben wurden, bezeichnete der Schweizerische Arbeitgeberverband auch sozialpolitisch als erfreuliche Entwicklung, würden doch damit die untersten Einkommensklassen gestärkt.
Allgemein halten die Arbeitgeber fest, dass «entgegen den gewerkschaftlichen Behauptungen auch die Arbeitnehmenden vom Aufschwung profitieren».
Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) besteht indes nach wie vor Nachholbedarf. Bis 2006 seien die Löhne nicht vom Fleck gekommen. «Wer beruflich nicht aufsteigen konnte oder keinen Bonus erhielt, hatte 2006 real keinen Franken mehr Lohn als vor zwei Jahren», schreibt der SGB in einer Stellungnahme. Deshalb brauche es weitere substanzielle Reallohnerhöhungen.
Nur wichtigste GAV einbezogen
Die Erhebung der GAV in der Schweiz publiziert das BFS im Zweijahresrhythmus. In die Untersuchung werden nur die wichtigsten öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen GAV einbezogen, das heisst diejenigen, welche die Lohn- und Arbeitsbedingungen von mindestens 1500 Arbeitnehmenden regeln.
Finden die Lohnverhandlungen nicht zwischen Sozialpartnern sondern auf Betriebsebene statt, so werden sie vom BFS nicht erfasst. Dies ist namentlich bei gewissen GAV in der Chemischen Industrie, beim Maschinenbau und im Versicherungsgewerbe der Fall.
Noch keine Gesamtstatistik
Eine Gesamtstatistik für die Löhne aller rund 3,7 Mio. Arbeitnehmenden in der Schweiz liegt noch nicht vor. Für das erste Quartal schätzt das BFS insgesamt eine nominelle Zunahme der Löhne um 1,6%, wie Didier Froidevaux von der Sektion Löhne und Arbeitsbedingungen sagte.
Um zu sehen, in welchem Ausmass sich die Löhne für Arbeitnehmende ohne GAV veränderten, müssten die Branchen und das Gesamtbild genau analysiert werden, so Froidevaux. Dies sei aber erst Ende Jahr möglich.
swissinfo und Agenturen
Nachrichtenübermittlung: + 3,2%
Luftfahrt: + 2,7%
Nahrungsmittel-Industrie: +2,5%
Kleiderproduktion: + 1,2%
Metallerzeugnisse: + 0,8%
Fahrzeugbau: +0,5%
Industrie-Sektor gesamt: + 1,5%
Dienstleistungssektor: + 2,2%
Öffentliche Dienste: +2,9%
Mindestlöhne: + 2,9%
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