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Gute Umsätze trotz dünner Schneedecke

Die dünne Schneedecke wirkt sich auch auf die Umsätze der tiefer gelegenen Wintersportorte aus. Keystone

Schönes Wetter und angenehme Temperaturen haben am Wochenende trotz Schneemangel in tieferen Gebieten Tausende Wintersportler in die Berge gelockt.

Den geringen Schneemengen dieser Saison und drohender Kurzarbeit zum Trotz blickt die Tourismusindustrie zuversichtlich in die Zukunft.

Trotz des grossen Andrangs auf die Wintersportorte an diesem Wochenende bringt der Schneemangel in den Schweizer Bergen die Tourismusbranche tieferer Gebiete langsam in Nöte.

So beantragten im Berner Berner Oberland 28 Bergbahnen und Restaurants beim Kanton Kurzarbeit. Gemäss den Gewerkschaften müssen in dem Tourismusgebiet rund 500 Angestellte mit Lohnausfällen rechnen.

Tourismusbranche relativiert

«Die Situation ist weniger schlimm, als es den Anschein macht», sagt Esther Dysli, Chefin der Private Selection Hotels in Luzern. Ausnahme seien die unteren Lagen des kritischen Schneebereichs. Nachts sei es bis vor kurzem noch so kühl gewesen, dass Kunstschnee nachproduziert werden konnte.

«Nur das Winterfeeling fehlt», bedauert Dysli. Vom «fehlenden Winter-Empfinden» spricht auch Felix Maurhofer von den Seilbahnen Schweiz.

Tourismusprofis sind es gewohnt, mit schwachen Wintern und in längeren Zeiträumen zu rechnen: «Es ist schwer verständlich, wie schnell der schneereiche Winter 2006 wieder vergessen ging», sagt Maurhofer.

Warmer Winter oder Klimaeffekt?

Auch Daniela Bär von Schweiz Tourismus will den Klimaeffekt mit der gegenwärtigen Milde nicht in denselben Topf werfen: «Dass die Jahresausschläge gross sind, ist normal», zitiert sie Klimaexperten. «Der Klimaeffekt dagegen ist ein langfristiges Phänomen.»

Maurhofer schätzt die Einbusse der Seilbahnen für die laufende Saison gegenüber 2006, als sich die Umsätze auf immerhin 780 Mio. Franken beliefen, auf nicht mehr als 5 bis 10%.

Das Strukturproblem liege weniger beim Schnee als im finanziell kurz gewordenen Atem der Seilbahnen: «Eine schwache Saison genügt heute, dass vielen Bahnen die Kreditlinie nicht mehr verlängert wird», sagt Maurhofer.

Kein Schnee im Winter, Regen im Sommer

Die Sorgen der Touristiker liegen in der Zukunft. «2006 war die Hotelbetten-Belegung gut gewesen», sagt Dysli. «Für 2007 fällt sie, zumindest in den Hotels meiner Gruppierung, sehr gut aus.» Aber sie räumt ein: «Ich befürchte, dass sich die gegenwärtigen Schneeprobleme negativ auf die Buchungen für den Winter 2008 auswirken werden.»

In der laufenden Saison würden viele Ausländer ohnehin kommen, wenn sie ihre Woche gebucht haben. Deshalb denkt sie auch, dass der verregnete Sommer 2006 vielen Gästen die Lust auf einen Bergsommer 2007 vergällt hat: «Touristen weichen einfach auf andere Kontinente aus», so Dysli.

Schwacher Winter, starker Euro

Positiv ausgewirkt haben sich für die Branche der schwache Franken und die gute Wirtschaftslage. Laut Daniela Bär geben die Touristen, auch die ausländischen, 2007 spürbar mehr aus als in den Vorjahren – zumal es auch immer mehr Alternativen zur Piste gebe.

Allein der Wechselkurs-Effekt hat die als teuer verschriene Schweiz für Gäste aus Euroland seit Mai 2006 um 5% verbilligt.

Selektion der Ski-Gebiete

Gäste, die eine ganze Woche gebucht haben, planen heute schon von Beginn weg Alternativen zur Piste ein, sagt Bär. Dies im Gegensatz zum Tagesausflügler, der gar nicht kommt, wenn es zu wenig Schnee hat.

Dieser Selektions-Effekt wird dadurch verstärkt, dass die typischen Tagesausflügler-Destinationen in Stadt- oder Agglomerationsnähe liegen, sich also immer im schneekritischen Bereich befinden.

Die höher gelegenen Skiorte hingegen werden vermehrt zu Ferienorten, wo man nicht nur tagsüber Ski fährt, sondern auch die Abende und Nächte mit Shoppen, Essen und Freizeit verbringt.

Das bestätigt auch Felix Maurhofer: «In jenen Ferienorten, wo Wochenaufenthalter dominieren, sehen wir auch gute Umsätze bei den Bergbahnen. Andererseits liegen die Verluste in jenen Orten höher, die als Tagesausflüger-Ziele gelten.»

swissinfo, Alexander Künzle und Agenturen

Die Schweiz zählt 205 Wintersportgebiete.
Aktuell sind rund 50 ausser Betrieb.
Diese befinden sich vor allem in den Regionen Jura und Freiburg.
Ein weiterer Drittel hat die «Pisten offen».
«Gute» Pistenverhältnisse finden sich in Graubünden, im Wallis und teils im Berner Oberland.

Der kritische Bereich für Schneesicherheit liegt zwischen 1300 und 2000 M. ü. M.

Dabei geht es nicht um die Höhenlage des Skiortes selber, sondern um die Frage, ob Anschluss-Sesselbahnen existieren, welche die Skifahrer in den Bereich von über 2000 M. ü. M. bringen können.

Logiernächte: Die Statistiken über die Übernachtungen in Hotels werden jeweils zwei Monate im Nachhinein publiziert.

Sie sagen nichts über die Zimmer- oder Bettenpreise und die gesamte Wertschöpfung der Saison aus.

Bettenbelegung: Hotels befinden sich, ähnlich wie Flugzeuge, erst ab einer Belegung von 50-60% ausserhalb der betrieblichen Verlustzone.

Wertschöpfung: Die gesamten Ausgaben von In- und Ausländern in Ferienorten: Logement, Essen, Transporte, Freizeit, Shopping etc..

Wochenaufenthalter: Touristen mit (zum voraus gebuchten) Pauschalen, die auch abends im Ort bleiben und eine viel höhere Wertschöpfung ausweisen als Tagesausflügler.

Tagesausflügler: Besucher, die nur zum Wintersport kommen und abends wieder nach Hause fahren. Typische Orte: Flums (SG), Sattel-Hochstuckli (SZ).

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