Heisse Tage – kühle Köpfe
Der Hitzesommer 2003 hat in der Schweiz fast tausend Todesopfer gefordert. Die Behörden hatten damals die Folgen unterschätzt.
Für künftige Hitzeperioden gibt der Bund nun Empfehlungen heraus, die sich besonders an ältere Menschen richten.
«Wir waren sehr überrascht. Weil der Hitzesommer derart unerwartet kam, waren wir nicht vorbereitet», sagte Thomas Zeltner, Direktor des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), gegenüber swissinfo. «Fast 1000 zusätzliche Todesfälle, die nicht hätten sein müssen.»
Laut einer Studie gab es in den Monaten Juni bis August 2003 sieben Prozent oder 975 Todesfälle mehr als in anderen Jahren. Vom Hitzesommer besonders betroffen waren ältere Menschen, die über eine schlechtere Wärmeregulation verfügen.
Am schlimmsten war die Situation in den Städten Basel, Genf und Lausanne, wie eine Studie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel im Auftrag des Bundes zeigt.
Die Bundesämter für Gesundheit (BAG) und für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) haben am Dienstag an einer Medienkonferenz in Bern die Resultate präsentiert und Informationsmaterial vorgestellt.
Viel trinken, leicht essen
Laut dem Merblatt «Heisse Tage – kühle Köpfe» sind die wichtigsten Regeln bei hohen Temperaturen: Anstrengungen vermeiden, Hitze aussperren, viel trinken und leicht essen. Mit der Umsetzung dieser Regeln könnten viele Todesfälle vermieden werden, sagte BAG-Direktor Thomas Zeltner.
Weiter hat der Bund veranlasst, dass die kantonalen Behörden von MeteoSchweiz bei drohenden Hitzewellen eine Warnung in Form eines «heat flash» erhalten. Das Bundesamt für Statistik vergleicht laufend die Todesfallzahlen mit Zahlen aus vorangehenden Jahren. So könnten Abweichungen rascher erkannt werden, erklärte Zeltner.
Zahlreiche Gefahren für die Gesundheit
Hitzewellen wie jene im Sommer 2003 könnten unter dem Einfluss von klimatischen Veränderungen künftig vermehrt auftreten, halten die Bundesämter fest. Hitzestress sei aber nicht die einzige Gefahr für die Gesundheit, die mit dem Klimawandel verbunden sei.
Hohe Temperaturen und starke Sonneneinstrahlung führen auch zu erhöhten Ozonwerten. Die Folgen sind Entzündungen der Atemwege und eine Einschränkung der Lungenfunktion. Mit der Verschiebung der Klimazonen können Krankheitsüberträger wie Mücken und Zecken in neue Lebensräume vorstossen und Infektionskrankheiten verbreiten.
Weiter können sich Pflanzen mit allergischem Potenzial in Gebieten ansiedeln, wo sie bisher nicht heimisch waren. Die Ambrosia etwa, die sich in Genf und im Tessin bereits massiv ausbreitet, dürfte weiter nach Norden vordringen. Durch die frühere Blüte dauert zudem die Heuschnupfen-Periode länger.
Alle drei Jahre Hitzesommer
Der Sommer 2003 gilt als der heisseste Sommer der letzten 500 Jahre. In der Schweiz wurden 27 Tage mit Temperaturen über 30 Grad registriert. Am stärksten betroffen war Frankreich mit etwa 15’000 zusätzlichen Toten allein im August. In der Schweiz lagen bisher nur Schätzungen und Zahlen für einzelne Monate vor.
Experten gehen davon aus, dass Hitzewellen in Europa in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts alle zwei bis vier Jahre auftreten werden, wenn die Klimaerwärmung nicht gebremst wird.
«Wir werden in Zukunft viel mehr solche Sommer haben. Vielleicht noch gravierendere», doppelt BUWAL-Direktor Philippe Roch gegenüber swissinfo nach.
swissinfo und Agenturen
2003: Der heisseste Sommer der letzten 500 Jahre in Europa.
Höchsttemperaturen von mehr als 35 Grad Celsius waren keine Seltenheit.
Verglichen mit anderen Jahren hat dieser Hitzesommer 975 (7%) zusätzliche Todesfälle gefordert.
Besonders betroffen waren 2003 ältere Menschen und Leute in den Städten Basel, Genf und Lausanne.
In Basel nahm die Sterblichkeit um 24% zu.
Die Klimaänderung ist durch menschliche Einwirkungen verursacht. In Zukunft muss mit weiteren Hitzewellen und deren negativen Auswirkungen gerechnet werden.
Aus diesem Grund realisieren das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) 2005 verschiedene Aktivitäten zur Information der Bevölkerung und von Fachleuten.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch