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Herausforderung Biotechnologie

Biotech-Branche als Beschäftigungsfaktor Keystone

Die Schweiz gehört seit langem in Sachen Biologie, Chemie und Ingenieurwissenschaft zu den Pionieren. Und das soll auch in der Biotechnologie so sein.

In der Westschweiz hat sich mit «Bioalps» wissenschaftliche Forschung und Unternehmens-Entwicklung vereinigt.

Die besten Bedingungen scheinen vereint, um die neuen «Wissenschaften des Lebens» (Life Science) auf Schweizer Boden zum Wachsen zu bringen: Das Niveau der höheren Schulen, die starke Konzentration von Know How in den Wissenschaften, der Innovationsgeist in den Forschungslabors und die industriellen Kapazitäten.

Dazu kommen eine lange Tradition in der Mikro- und Nanotechnologie, die inzwischen schon fast als Teil der «genetischen Erbmasse» der Schweizer Forscher gilt.

Grosse Erwartungen von allen Seiten

«Die Schweizer sind die Meister des Kleinen: Diese Spezialisierung machte schon einen Teil des Erfolgs der elektrotechnischen Industrie und der Pharmabranche aus», sagt Benoît Dubuis, Verantwortlicher der Fakultät für Life Science der ETH Lausanne.

Beinahe alle Geheimnisse des Lebens, die die Biotechnologie zu lüften hofft, sind in kleinsten Einheiten zu suchen, in der Grösse von manchmal weniger als einem Millionstel Millimeter.

Von der Biotechnologie erwartet man spektakuläre Resultate im Kampf gegen Krankheiten, bei der Verbesserung der Nahrung, bei Umweltschutz oder Energie. Die Politik hingegen erwartet von der Biotech-Firmen unternehmerisches und wirtschaftliches Wachstum.

«Der Biotech-Sektor hat besser als die anderen die Krise der letzten Jahre überstanden, als die Luftblase der neuen Technologien geplatzt ist», sagt Philippe Sordet, Chef beim Waadtländer Amt für Wirtschaft.

Das 20. Jahrhundert war gezeichnet von Fortschritten und Exzessen rund um die Chemie. Das 21. Jahrhundert soll nun der Biotechnologie die Tore öffnen und ihre Anwendungen nutzbar machen, allem voran bei Eingriffen in die Gene.

Anstieg in der Schweiz

Zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt befindet sich nun Europas Biotech-Branche in der Stagnation. Nur scheinen die Schweizer Firmen vergleichsweise gut positioniert zu sein.

In der Europäischen Union machte die Branche 2002 rund 12,9 Milliarden Euro Umsatz (-2% gegenüber dem Vorjahr). Die Zahl der Beschäftigten betrug rund 82’000 (-6%).

Bei den Firmen mit Hauptsitz in der Schweiz stieg jedoch die Anzahl der Beschäftigten um 30%, wie Ernst & Young in ihrem Biotech-Jahresbericht schreiben. Damit sind allein in der Schweiz etwa ein Achtel aller Biotech-Mitarbeiter Europas beschäftigt.

Die Aktivitäten konzentrieren sich in drei Regionen: im Industriezentrum Zürich, in der Dreiländer-Region um Basel und am Genfersee. Dort möchte man jetzt vermehrt nach dem «Clusterprinzip» vorgehen, sagt Dubuis: Forschung, Entwicklung, öffentliche Dienste, Hochschulen und privater Sektor müssten dabei zusammenarbeiten.

So haben Ende Juni fünf Westschweizer Kantone offiziell die Vereinigung «Bioalps» gegründet. Rund 50 jungen Biotech-Unternehmen soll dabei geholfen werden, ihre Aktivitäten zusammen mit den Universitäten und Forschungsinstituten zu koordinieren.

Nicht nur Banken und Uhren

Dabei zielen Genf, Waadt, Wallis, Freiburg und Neuenburg vor allem die Entwicklung in der Region an, die bisher zu stark von zwei industriellen Sektoren abhängig war: den Banken und der Uhrenindustrie.

Als Modell gilt dabei das Unternehmen Serono, das schon 1988 mit der Medizin der neuen Generation begann. Seither hat sich das Unternehmen von Ernesto Bertarelli zur ersten Biotech-Gesellschaft Europas und zur dritten im weltweiten Vergleich entwickelt.

Transnationales Biovalley

Auch Basel als chemisch-pharmazeutisches Zentrum der Schweiz sah die Vorzüge der Biotechnologie früh. 1996 gründete man am Rheinknie die Vereinigung «Biovalley», zusammen mit dem Elsass und mit Baden-Württemberg. Die Kooperation nutzt geschickt die Gelder, die die Europäische Union für überregionale Projekte freimacht.

Obschon der Grossteil der neuen Biotech-Unternehmen im Schosse von Novartis und Roche aufwachsen, hofft die Region Basel, dass mit Biovalley eine dritte Kraft entsteht.

Auch Zürich mit seinem grossen Hinterland in Sachen Industrie und Forschung fand es vorteilhaft, sich mit anderen Kantonen der Zentral- und Ostschweiz zu einer Biotech-Vereinigung mit dem Namen «Mednet» zusammenzuschliessen. Im Jahr 2000 gegründet, soll vor allem das hohe Niveau der Uni Zürich und der ETH industriell genutzt werden.

Herzstück von Mednet ist das Unternehmen Prionics: Es hat den weltweit gross beachteten BSE-Test auf den Markt gebracht, mit dem die Rinderkrankheit schnell identifiziert werden kann.

Neben diesen drei regionalen Clustern existieren weitere regionale Biotech-Zentren in der Schweiz: Bern konzentriert sich auf Berna Biotech, ein führendes Unternehmen in Sachen Impfstoffe. Das Tessin fokussiert auf drei Forschungsinstitute in Bellinzona.

Viel Potenzial birgt bekanntlich auch einiges an Risiken: Die Life Sciences sind voll davon. Benoît Dubuis: «Auf Tausende von Produkten in der Experimentierphase erreicht nur eines die Marktreife. Und dies üblicherweise erst nach einem Jahrzehnt Forschungsaufwand und Hunderten von Millionen von Franken Investitionen.»

swissinfo, Armando Mombelli
(Übertragung aus dem Italienischen: Alexander P. Künzle)

Gemäss dem europäischen Biotech-Bericht 2003 der Wirtschaftsprüfungs- und Beraterfirma Ernst & Young, «Endurance», sind in der Schweiz mehr als 200 Unternehmen im Bereich Biotechnologie aktiv. Davon befassen sich 130 ausschliesslich mit diesem Sektor.

Die Schweiz verfügt somit europaweit über die grösste Dichte an Biotech-Firmen. Diese konzentrieren sich in den drei Schwerpunktregionen Basel, Zürich und Genfersee.

Im Jahr 2002 setzten diese Firmen einen Umsatz von 3 Mrd. Franken um. Sie beschäftigten über 10’000 Mitarbeitende.

Knapp ein Dutzend neuer Biotech-Unternehmen werden in der Schweiz jährlich gegründet.

Es gibt drei regionale Biotech-Cluster
1996: Lancierung der Vereinigung Bio Valley (Rheinknie)
2000: Mednet in Zürich gegründet
2003: Bioalps umfasst 5 Westschweizer Kantone

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