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Hilfe für Auslandschweizer in Asien?

Eine Angestellte in einer total verwüsteten Hotellobby in Patong Beach, Thailand. Keystone

Viele Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in den von der Flutwelle betroffenen Ländern stehen vor dem Nichts.

Ohne Privatversicherung haben die meisten nur eine kleine Chance auf finanzielle Unterstützung. Auch der Bund hat keine Hilfe für sie vorgesehen.

«Da ist nichts mehr», sagt Daniel Blanc und zeigt auf die Ruinen seines Hotels. Der Waadtländer hatte im thailändischen Phuket alles in seinen kleinen Ferienwohnungs-Komplex investiert.

Die Flutwelle hat keinen Stein auf dem anderen gelassen. Sechzehn Jahre Arbeit wurden mit einem Schlag weggefegt. Der Hotelier schätzt den Schaden auf über eine Million Franken. «Wir haben alles verloren. Ich hoffe, dass die Schweiz uns nicht im Stich lässt.»

Blanc wird vermutlich enttäuscht werden, wie hunderte weitere Landsleute in den betroffenen Ländern. Die offizielle Schweiz hat für die Auslandschweizerinnen und –schweizer in solchen Fällen praktisch keine Hilfe vorgesehen.

30’000 Franken

Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) versucht von sich aus mit einem Fonds die Not der Betroffenen von Katastrophen etwas zu lindern.

«Wir wollen dies nicht an die grosse Glocke hängen», sagt Sarah Mastantuoni von der ASO. Die von der ASO verwaltete Stiftung «Charles Schnyder von Wartensee» verfügt jedoch insgesamt über lediglich 30’000 Franken.

Laut einer Broschüre der Stiftung sollen «Nothilfe a fonds perdu», also Gelder, die nicht zurückgezahlt werden müssen, und zinslose Darlehen angeboten werden. Gut begründete Anfragen müssen an die diplomatischen Vertretungen oder Konsulate im Ausland gestellt werden.

Mit dem Fonds war beispielsweise Opfern der grossen Flut in Deutschland geholfen worden. Doch die Tsunami-Katastrophe von Südasien lässt sich damit kaum vergleichen. «30’000 Franken ist sehr wenig, gemessen am Ausmass der Katastrophe», bestätigt Mastantuoni.

Wenigstens besteht seit Jahren eine Vereinbarung mit der Glückskette: Diese stellt in Ausnahmefällen eine zusätzliche Summe zur Verfügung, sobald die 30’000 Franken der Stiftung aufgebraucht sind.

«Bis jetzt haben wir diese Vereinbarung nie konkretisiert», sagt Mastantuoni. «Doch diesmal ist es wohl gerechtfertigt.» Bis heute jedoch ist nicht klar, ob die Übereinkunft diesmal zum Einsatz kommen wird.

«Ein Elend»

«Von Seiten der Bundesbehörden ist keine finanzielle Unterstützung vorgesehen», bedauert Gabriela Brodbeck, Juristin im Auslandschweizerdienst des Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). «Es ist ein Elend!»

Heinrich Schellenberg, stellvertretender Leiter des Krisenstabs des Bundes, bestätigt: «Eine Naturkatastrophe ist ein Risiko, das selten gedeckt ist. Ich zweifle daran, dass die Eidgenossenschaft eine derartige Hilfe an die vom Tsunami betroffene Auslandsgemeinde leisten kann.»

In Südasien seien vor allem Schweizer Touristen von der Katastrophe betroffen, ergänzt Schellenberg. «Unsere Priorität ist, diese zurückzubringen und die Vermissten zu finden.»

In den Ländern selber sind die Botschaften und Konsulate ebenfalls mit diesen Aufgaben ausgelastet. Es geht darum, den Touristen, die alles verloren haben, neue Pässe oder Flugtickets auszustellen und Geld zur Verfügung zu stellen.

Die diplomatischen Vertretungen verfügen über keinen Fonds für die Hilfe an den Schweizern, die in diesen Ländern leben. Das Personal reicht sie an andere Institutionen weiter.

Sozialhilfe

Von swissinfo kontaktiert, erwähnte die Botschaft in Bangkok nicht einmal den Fonds der ASO. Sie schickt ihre Landsleute direkt zum Bundesamt für Justiz in Bern, wo sie um Sozialhilfe ersuchen sollen.

Die dort angesiedelte Fachstelle «Sozialhilfe für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer» (SAS) kümmert sich um jene Personen, die sich im Ausland in einer finanziellen Notlage befinden. Es handelt sich hier jedoch um eine Hilfe, die zurückgezahlt werden muss.

«Wir funktionieren nicht wie eine Versicherung», betont Rolf Lüthi, Leiter der SAS. «Wir ersetzen keine Güter wie Häuser oder Hotels.» Die SAS bietet vielmehr finanzielle Unterstützung vor Ort oder schiesst die Kosten einer Rückkehr in die Schweiz vor.

Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, welche die SAS in Anspruch nehmen wollen, müssen sich ebenfalls mit der nächsten diplomatischen Vertretung in Verbindung setzen, die ihnen das entsprechende Formular geben kann. Das Bundesamt für Justiz schliesslich entscheidet, ob Hilfe geleistet wird oder nicht.

Ausser dem Fonds der ASO ist dies für Landsleute im Ausland, die keine private Versicherung abgeschlossen haben, die einzige Möglichkeit auf Hilfe.

swissinfo, Alexandra Richard
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub)

3’743 Schweizerinnen und Schweizer, inkl. Doppelbürger, leben in Thailand
662 in Indonesien
623 in Indien
278 in Sri Lanka
50 auf den Malediven
(alle Zahlen aus der offiziellen Statistik 2003)

Wo gibt es Hilfe für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer?

Die Stiftung «Schnyder von Wartensee» hilft von Naturkatastrophen betroffenen Landsleuten im Ausland mit nicht rückzuzahlender Nothilfe und zinslosen Darlehen. Sie verfügt jedoch lediglich über 30’000 Fr.

Die Sozialhilfe für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer (SAS) bietet im Notfall Sozialhilfe auf Vorschussbasis.

In beiden Fällen muss Kontakt mit der nächsten diplomatischen Vertretung der Schweiz aufgenommen werden.

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