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HIV-Engagement von Roche wirft Fragen auf

Saquinavir wird unter dem Markennamen Invirase verkauft. Keystone

Der Schweizer Pharmariese Roche will arme Ländern bei der Herstellung von Nachahmer-Medikamenten gegen Aids aktiv unterstützen.

Die Entwicklungs-Organisation Erklärung von Bern kritisiert diesen Schritt jedoch als «reine PR-Massnahme».

Ein Team von Roche-Spezialisten soll den Technologietransfer in die 64 ärmsten Länder Afrikas und Asiens fördern und die Versorgung mit Aids-Medikamenten verbessern. Vor allem Länder südlich der Sahara sollen von den Generika gegen HIV profitieren.

Laut Roche leben in diesen Ländern fast 70 Prozent der Menschen mit Aids oder einer HIV-Infektion. Das Programm tritt im zweiten Quartal des laufenden Jahres in Kraft.

«Ungewöhnlicher Schritt»

«Wir haben uns zu diesem ungewöhnlichen Schritt, der von allen bisherigen Programmen von Roche abweicht, entschlossen, um die lokale Verfügbarkeit der richtigen Arzneimittel in der richtigen Darreichungsform sicherstellen zu helfen», wurde Roche-Pharmachef William Burns zitiert.

Konkret geht es um das von Roche unter dem Markennamen Invirase patentierte Aids-Medikament Saquinavir, das von der Weltgesundheitsorganisation WHO als Zweitlinien-Medikament empfohlen wird.

Dieses kommt zum Einsatz, wenn die zuerst verabreichten Medikamente wegen der Bildung von Resistenzen ihre Wirksamkeit verloren haben.

«Reine PR-Massnahme»

Für die Erklärung von Bern (EvB) ist das Angebot von Roche jedoch offensichtlich «eine reine PR-Massnahme. Erstens kommt dieser Entscheid spät, weil die Lizenz für Saquinavir in immer mehr Ländern abläuft», sagte Julien Reinhard, politischer Sekretär der EvB, und zuständig für Gesundheitsfragen.

Ausserdem habe die Mehrheit der betroffenen Länder nicht die nötigen Kapazitäten zur Herstellung eines solchen Medikaments. Ausnahmen seien Südafrika oder Bangladesch.

Roche würde eine «juristisch unklare Situation» schaffen, weil sie nicht einfach die Lizenzen aus diesen Ländern zurückziehen wolle, klagt die EvB an.

Somit bleibe der Pharma-Multi in einer Position der Macht, indem er beispielsweise verhindern könne, die Medikamente zu exportieren. Denn «um eine interessante kritische Masse zu erreichen, muss ein Hersteller exportieren können», erklärt Reinhard.

Allein bringt es nichts

Schliesslich werde Saquinavir nie allein verschrieben, sondern zusammen mit dem Medikament Ritonavir des amerikanischen Herstellers Abbott. Es bringe daher wenig, Saquinavir allein herzustellen.

Für Generika-Produzenten und Patienten würde es demnach am meisten Sinn machen, wenn die beiden Produkte zusammen hergestellt werden könnten. Dies wäre in China, Indien oder Thailand möglich, wo auch die Lizenz von Abbott bald schon ablaufen würde. Denn diese Länder seien nicht auf der Liste von Roche, so Reinhard.

swissinfo und Agenturen

Saquinavir, das unter dem Namen Invirase verkauft wird, ist ein Zweitlinien-Medikament. Es wird von der Weltgesundheits-Organisation (WHO) empfohlen, um das HIV-Virus zu bekämpfen, das zu Aids führt.
Saquinavir ist ein HIV-Proteasehemmer, eines von mehreren Produkten, die einen Teil des Virus blockieren und es daran hindern, sich zu reproduzieren.
Proteasehemmer werden zusammen mit andern Anti-HIV-Medikamenten in so genannten Medikamenten-Cocktails eingesetzt, um den HIV-Anteil im Körper senken.

Der Chemie-Multi Roche hat seinen Sitz in Basel und ist einer der grössten Pharma-Anbieter weltweit.

Der Konzern beschäftigt rund 65’000 Personen in über 150 Ländern.

Im ersten Semester 2005 hat Roche einen Umsatz von 16,6 Mrd. Franken (+14%) erwirtschaftet und einen Nettogewinn von 3,2 Mrd. Fr. (+4%) realisiert.

Das Angebot eines Wissenstransfers der Aids-Medikamente von Roche betrifft rund sechzig der ärmsten Länder der Erde.

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