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Im Schweizer Tresor der verbotenen Souvenirs

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In Ferienstimmung werden oft verbotene oder bewilligungspflichtige Souvenirs wie Elfenbein oder Schlangenleder gekauft. Am Schweizer Zoll ist meistens Endstation.

Schliesslich landen diese verbotenen Schätze aus der Tier- und Pflanzenwelt in einem Keller im Berner Liebefeld.

Es riecht nach Tierfellen und gegerbtem Leder, hier im Gang des Kellers im Bundesamt für Veterinärwesen (BVET). Bereits vor dem Eintritt in den so genannten Konfiskatenraum steigt dem Besucher der Geruch in die Nase.

Mathias Lörtscher öffnet die Türe zu einer Sammlung von unglaublicher Vielfalt. Es gibt nichts, was nicht aus Tieren oder Pflanzen hergestellt würde – und das meist verboten ist. «Im Moment sind es einige tausend Objekte. Es waren aber auch schon viel mehr.»

Lörtscher ist Leiter der Abteilung Artenschutz im BVET und damit zuständig für diese Sammlung an Kuriositäten, hergestellt aus verbotenen Tieren und Pflanzen, eingeführt von oft ahnungslosen Touristen.

Kunsthandwerk und Abstruses

Neben Elfenbein-Schnitzereien aus Elefanten-Stosszähnen sind es vor allem Produkte aus Menschenaffen und Meeresschildkröten, die einem absoluten Ein- und Ausfuhrverbot unterliegen. Einige der Arbeiten sind regelrechte Kunstwerke, liebevoll geschnitzt.

Doch die Mehrheit sind eher krude Werke. Lörtscher zeigt seinen negativen Favoriten: einen Affenschädel, der zur Schnupftabakdose umfunktioniert wurde, komplett mit hunderten von Totenkopf-Verzierungen. «Über Geschmack lässt sich streiten», bemerkt er.

Einen Grossteil des Platzes nehmen Handtaschen und Schuhe aus Krokodil- oder Schlangenleder sowie Pelze von Wildtieren ein. Sie werden oft eingezogen, weil dem Touristen die entsprechende Bewilligung fehlt.

«Kann er diese nicht vorlegen, wird die Ware vorsorglich beschlagnahmt und er hat Zeit, die Dokumente zu besorgen», erklärt Lörtscher. «Wenn er diese nicht besorgen kann, wird das Objekt zu uns geschickt und im Konfiskatenraum aufbewahrt.»

Doch wer weiss zu Beginn der Ferien schon, was schliesslich als Souvenir mit nach Hause kommt. Auf dem Markt macht kaum jemand auf die nötigen Bewilligungen aufmerksam. Für viele Objekte ist deshalb im Liebefeld Endstation. «Nachträglich im Ursprungsland eine Bewilligung zu kriegen, ist praktisch unmöglich», betont Lörtscher.

Internationales Abkommen

Welche Tiere nicht oder nur mit Bewilligungen ein- oder ausgeführt werden dürfen, wird im Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES) geregelt, das von über 160 Staaten unterzeichnet wurde.

«Es ist immer ein Handel dahinter», sagt Lörtscher, und den gelte es zu kontrollieren. «Ein kontrollierter Handel kann durchaus positive Aspekte haben.» So sei es beispielsweise beim Elfenbein in Ländern mit gesunden Beständen durchaus sinnvoll, diese Ressource zu nutzen.

«Der Handel mit legalem Elfenbein ist von den CITES-Staaten auch schon erlaubt worden. Aber im Moment findet er nicht statt, weil die Bedingungen, die an diesen Handel geknüpft wurden, noch nicht erfüllt sind.»

Zu wenig bekannt

Ausser den Tierfellen stammen die meisten der beschlagnahmten Objekte aus dem Tourismus. Noch immer wüssten nur wenige Reisende Bescheid über CITES, sagt Lörtscher. Zwar stehen an den Flughäfen Genf und Zürich Vitrinen, die über den Artenschutz informieren, doch erreichen diese zu wenig Leute.

«Wir haben jetzt begonnen, mehr zu informieren», betont Lörtscher. Einerseits werde die Website überarbeitet, andererseits der Kontakt zu Politik und Wirtschaft gesucht. Vor allem die Schweizer Uhrenindustrie kommt wegen der Uhrenbänder oft in Konflikt mit CITES.

Schliesslich entsteht in Zusammenarbeit mit der Umwelt-Organisation WWF eine neue Broschüre über die Problematik der Touristen-Souvenirs, die gegen Anfang 2007 der Öffentlichkeit präsentiert werden soll.

Museen und Schulung

Die konfiszierte Ware war bis im letzten Jahr in einem kleinen Keller untergebracht. Doch auch im neuen, etwa viermal grösseren Raum, hat es fast keinen Platz mehr.

«Wir vernichten immer wieder überzählige Objekte», sagt Lörtscher. So warten zur Zeit gegen tausend Wildkatzenfelle aus den 1970er-Jahren auf die Vernichtung. Museen würden einige der Felle für Ausstellungen ausleihen, doch der Grossteil dieser verbotenen Ware werde nicht mehr gebraucht.

Was im Raum bleibt, wird regelmässig zur Weiterbildung der Zöllner eingesetzt. «In den Raum selber kommen vielleicht drei- bis viermal pro Jahr verschiedene Gruppen von Zöllnern, um die Objekte an Ort zu sehen.» Für die Öffentlichkeit bleibt der Raum mit den unverkaufbaren Schätzen verschlossen.

swissinfo, Christian Raaflaub

Verboten oder bewilligungspflichtig sind beispielsweise:
Elfenbein
Schildkrötenpanzer
Fechterschnecken
Korallen
Lebende Säugetiere, Vögel, Reptilien und Amphibien
Häute, Lederprodukte (Gürtel, Schlüsselanhänger…), Pelze (auch kleine Stücke) von geschützten Arten
Mehr als 250 g Kaviar pro Person
Zoologische Präparate (Schmetterlinge, Schlangen, Krokodile…) von geschützten Arten
Zähne, Federn, Knochen, Haare und Wolle von geschützten Arten
Geschützte Pflanzen wie Kakteen und Orchideen

Das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES) ist die von über 160 Staaten unterzeichnete Handelskonvention, welche die nachhaltige Nutzung von 5000 gefährdeten Tier- und 28’000 Pflanzenarten zum Ziel hat.

Diese sollen nur in einem für die natürlichen Bestände nachhaltigen Mass gehandelt werden, ob lebende Exemplare oder Erzeugnisse.

CITES kennt drei Schutzstufen, in denen Tiere und Pflanzen je nach ihrer Gefährdung eingeteilt sind.

CITES ist in der Schweiz seit 1975 in Kraft. Objekte, die belegbar vor Inkrafttreten eingeführt worden sind, unterstehen CITES nicht, benötigen aber für den Handel trotzdem Bewilligungen.

Im Rahmen von CITES konfiszieren das BVET und der Zoll verbotene Objekte oder solche, die ohne die nötigen Bewilligungen eingeführt werden.

Das Bundesamt für Veterinärwesen BVET ist verantwortlich für den Vollzug von CITES in der Schweiz und lagert die konfiszierten Objekte.

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