Initiative für eine Wende in der Klimapolitik
Sozialdemokraten, Grüne und Umweltorganisationen streben mit einer Volksinitiative griffigere Klimaziele an. Der Ausstoss von Treibhausgasen soll um fast ein Drittel reduziert werden.
Die von den Grünen angeschobene Klima-Initiative will die gesteckten Ziele vorab über eine bessere Energie-Effizienz und erneuerbare Energien erreichen.
Die am Montag in Bern vorgestellte Klima-Initiative verlangt einen neuen Artikel 89a der Bundesverfassung. Einerseits schreibt dieser das Reduktionsziel fest: Die Treibhausgas-Emissionen in der Schweiz bis 2020 um mindestens 30% gegenüber 1990 reduzieren.
Andererseits fordert er, die Verminderung der Emissionen müsse schwergewichtig über eine bessere Energieeffizienz und über erneuerbare Energien erreicht werden. Die Blockade in der Klimapolitik müsse endlich durchbrochen werden, fordern sie.
Der Anstoss zur Initiative kam von den Grünen, die vergangenen März an ihrer Delegiertenversammlung die Ausarbeitung eines Volksbegehrens beschlossen. Die Feinarbeit erledigte eine Arbeitsgruppe der Umweltverbände, der Grünen und der SP. Mit der Unterschriftensammlung soll Anfang Juni begonnen werden.
Bürgerliche Mehrheit unter Beschuss
Ruth Genner, Präsidentin der Grünen, und SP-Fraktionschefin Ursula Wyss übten harte Kritik an der bürgerlichen Parlamentsmehrheit. Dieser fehle der politische Wille, um konkrete Schritte in der Klimapolitik zu beschliessen.
Weder alarmierende Berichte zum Klimawandel noch ökonomische Risikoanalysen hätten die Bürgerlichen zu einem wirkungsvollen Handeln geführt, sagte Genner. Diese würden es vorziehen, ihre schönen ökologischen Worte in Wahlplattformen zu schreiben, statt zu handeln, doppelte Wyss nach.
Ohne Ziel kein Weg
Thomas Vellacott vom federführenden WWF unterstrich, wie wichtig es sei, ein Reduktionsziel festzuschreiben. «Es ist schwierig, in der Klimapolitik den richtigen Weg einzuschlagen, wenn das Ziel nicht feststeht.»
Mit der Lancierung der Initiative wolle man auch die politischen Prozesse vor der Abstimmung beeinflussen. So hoffe man etwa, dass die Anliegen des Volksbegehrens in die Diskussion über das Klimarahmengesetz einfliessen würden.
Für Vellacott ist das Ziel einer 30-prozentigen Reduktion nicht aus der Luft gegriffen, würde sich die Schweiz doch in der gleichen Grössenordnung wie die EU bewegen, die sich dasselbe Ziel setzen wolle, falls andere OECD-Staaten mitzögen.
Zudem könnten die Forderungen des Volksbegehrens wissenschaftlich belegt werden, fügte WWF-Geschäftsführer Hans-Peter Fricker hinzu.
Auch AKW nicht CO2-frei
Atomkraftwerke seien kein probates Mittel im Kampf gegen die Klimaerwärmung, sagte Kaspar Schuler, Geschäftsleiter von Greenpeace Schweiz. Bei der Gewinnung des Urans, der Herstellung der Brennstäbe, dem Bau und Abbau der AKW sowie der Lagerung der Abfälle entstehe sehr wohl CO2. Das Atommüllproblem sei im Übrigen immer noch ungelöst.
Energieeffizienz und erneuerbare Energien seien auch ein wirtschaftlicher Faktor, betonte Ursula Wyss. Heute vollziehe sich diese Wertschöpfung, die eigentlich in der Schweiz stattfinden könne, vor allem im Ausland.
Hinter der Inititative stehen die SP, die Grünen, der WWF, Greenpeace, die Schweizerische Energiestiftung, der Verkehrs-Club der Schweiz und die bürgerliche Westschweizer Bewegung Ecologie libérale. Auch die Evangelische Volkspartei Schweiz (EVP) unterstützt das Volksbegehren, wie Parteipräsident und Nationalrat Ruedi Aeschbacher sagte.
swissinfo und Agenturen
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Volksinitiative
Art. 89a Schutz des Klimas
1) Bund und Kantone betreiben eine wirksame Klimapolitik. Sie sorgen dafür, dass die Menge der landesweiten anthropogenen Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber dem Stand von 1990 um mindestens 30% abnimmt.
2) Die Ausführungs-Gesetzgebung orientiert sich an Artikel 89, Absätze 2-4; sie legt den Schwerpunkt auf die Energieeffizienz und die neuen erneuerbaren Energien.
Das CO2-Gesetz vom 1. Mai 2000 ist Kernstück der schweizerischen Klimapolitik, mit welcher die Schweiz auf die Erwärmung der Atmosphäre reagiert.
Mit dem CO2-Gesetz legt die Schweiz verbindliche Ziele für die Reduktion des wichtigsten Treibhausgases CO2 fest.
Es dient damit auch der Umsetzung der internationalen Verpflichtungen, welche die Schweiz mit der internationalen Klimakonvention zusammen mit 180 weiteren Staaten eingegangen ist.
Mit dem CO2-Gesetz hat sich die Schweiz verpflichtet, den CO2-Ausstoss bis 2010 gesamthart um 10% unter das Niveau von 1990 zu reduzieren.
Die angestrebte Reduktion der CO2-Emissionen soll in erster Linie durch Massnahmen der Energie-, Verkehrs-, Umwelt- und Finanzpolitik sowie durch freiwillige Massnahmen der Unternehmen und Privaten erreicht werden.
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