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Kinderprostitution in Kenia mit vielen Schweizer Freiern

Schweizer Touristen an 4. Stelle der sexuellen Kinder-Ausbeuter in Kenia. imagepoint

Schweizer Touristen figurieren an vierter Stelle der Profiteure von Kinderprostitution an kenianischen Stränden. Dies steht in einem Bericht des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF.

Fast ein Drittel aller Mädchen zwischen 12 und 18 Jahren hätten bereits Sex gegen Geld oder Geschenke gehabt.

Die Kinderprostitution in dem ostafrikanischen Land hat gemäss dem am Dienstag in Genf vorgestellten UNICEF-Bericht dramatische Ausmasse angenommen.

Die meisten Profiteure seien kenianische Männer (41%), gefolgt von italienischen (18%) und deutschen Touristen (14%), heisst es in der Studie. Die Schweizer stellten mit 12% der Freier die viertgrösste Gruppe.

Oft ohne Kondome

Bei rund 36% aller Geschlechtsakte mit Kinderprostituierten seien keine Kondome verwendet worden. Laut dem Bericht bieten bis zu 15’000 Mädchen im Alter von 12 bis 18 Jahren an den kenianischen Küsten gelegentlich Sex gegen Geld oder Sachgüter an. Das seien bis zu 30% dieser Altersgruppe in der Region.

Regelmässig prostituierten sich dort zwei- bis dreitausend Jungen und Mädchen. Dieser Zustand sei «inakzeptabel», sagte UNICEF-Sprecher Michael Bociurkiw in Genf.

«Schockierende» Zustände

Der kenianische Vizepräsident Moody Awori bezeichnete die Ergebnisses des Berichts über die sexuelle Ausbeutung von Kindern in seinem Land als «schockierend». Er betonte die «besondere Verantwortung» von Hotelbesitzern und der Tourismusindustrie.

Mehr als drei Viertel der für die Studie Befragten hielten diese Praxis allerdings für normal und tolerabel oder hiessen sie sogar gut. Die hohe Akzeptanz bei der Bevölkerung der betroffenen Region führe dazu, dass Kinder leicht in die Sexarbeit abdrifteten, schreiben die Autoren.

Für die Studie wurden die Bezirke Malindi, Mombasa, Diani und Kwale untersucht, die besonders touristisch erschlossen sind. Viele der Kinder kommen jedoch aus anderen Regionen des Landes, wo sie bereits als Prostituierte gearbeitet haben.

Legale Mittel gegen Freier einsetzen

Bernard Boëton, Verantwortlicher für Kinderrechte beim Schweizer Kinderhilfswerk Terre des hommes, bedauert zwar, dass trotz einschlägiger Kampagnen von Nichtregierungs-Organsiationen (NGO) gegen Kinderprostitution in Tourismus-Gebieten «dieses Phänomen nicht abnimmt».

In der Schweiz sei das Problem aber erfasst worden, und es gebe die notwendigen gesetzlichen Instrumente dagegen, sagte Boëton gegenüber swissinfo. «In der Schweiz wird seit etwa zehn Jahren viel Präventionsarbeit geleistet.»

Hier sei es, wie in den meisten europäischen Ländern, heute gesetzlich möglich, pädophile Touristen zu verurteilen, die Kinder im Ausland sexuell ausbeuten.

Engagement der Destinationsländer gefragt

«Die kenianische Polizei sollte die Fälle verfolgen und einige Exempel statuieren», so Boëton weiter. Ein einziger Zeuge könne zu einem Prozess gegen die Freier führen.

«Es ist sehr wichtig, dass jene Länder, in denen Kinder von Touristen sexuell ausgebeutet werden, sich politisch und juristisch dagegen engagieren», so der Terre des hommes-Mitarbeiter.

Laut Boëton gibt es aber zwei Probleme: «Polizei und Justiz wissen in diesen Regionen oft nicht, dass solche Touristen gerichtlich verfolgt werden können.» Und dann wollten die Behörden nicht zuviel Lärm machen, da die Touristen eine grosse Devisenquelle seien.

Spiegelbild der Lage aller Kinder

«Mit Kinderprostitution lässt sich viel Geld machen, deswegen werden viele Kinder ermuntert, sich an Touristen heranzumachen», heisst es in der Studie. Geschlechtsverkehr mit einem Mädchen unter 16 kostet etwa 20 Euro. Ein Arbeiter in Kenia verdient im Schnitt etwa 4 Euro pro Tag.

Die Autoren betonen, dass die Kinder keine Kriminellen seien, sondern Opfer sexueller Ausbeutung. «Die hier aufgezeigte kommerzielle sexuelle Aktivität von Kindern in Küstengegenden ist eine schockierende Verletzung ihrer Rechte und ein Spiegelbild des grossen Risikos, dem alle Kinder in Kenia ausgesetzt sind», heisst es in dem Bericht.

swissinfo und Agenturen

Kenia hat rund 35 Mio. Einwohner.

42,6% der Bevölkerung sind jünger als 15 Jahre.

Die Lebenserwartung beträgt 49 Jahre.

Gegen 1,2 Mio. Menschen in Kenia sind HIV-positiv.

50% der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze.

Die Arbeitslosigkeit beträgt 40%.

Der United Nations Children’s Fund (UNICEF) ist das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen. Es wurde am 11. Dezember 1946 gegründet.

Die UNICEF arbeitet vor allem in Entwicklungsländern und unterstützt in rund 160 Staaten Kinder und Mütter in den Bereichen Gesundheit, Familienplanung, Hygiene, Ernährung, Erziehung und leistet Soforthilfe in Notsituationen.

Ausserdem betreibt die UNICEF auf internationaler politischer Ebene Lobbying gegen Kindersoldaten und Kinderprostitution sowie für den Schutz von Flüchtlingen.

Sitz der internationalen Organisation von UNICEF ist New York. 1965 erhielt die Organisation den Friedensnobelpreis. Aktuell hat UNICEF etwa 7000 Mitarbeiter in rund 160 Ländern.

Der Sitz der UNICEF Schweiz befindet sich in Zürich.

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